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Sachsen-Anhalt startet Aufarbeitung Regierung von Reiner Haseloff will Corona-Akten offenlegen

Eine 16-köpfige Kommission soll die Pandemiemaßnahmen untersuchen und Empfehlungen ableiten. Die Landtagsopposition bezweifelt echten Aufklärungswillen.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 04.04.2024, 18:41
Der Staat war mit Corona anfangs überfordert, "um es freundlich zu formulieren", sagt Reiner Haseloff zum Start der Pandemiekommission.
Der Staat war mit Corona anfangs überfordert, "um es freundlich zu formulieren", sagt Reiner Haseloff zum Start der Pandemiekommission. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Magdeburg/MZ - Begleitet von Kritik der Opposition hat am Donnerstag eine von der Landesregierung eingesetzte Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Politik ihre Arbeit aufgenommen. 16 Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Bereiche sollen analysieren, wie gut die Eindämmungspolitik funktioniert hat. Daraus sollen sie auch Empfehlungen zur Vorbereitung auf mögliche künftige Krisen ableiten.

Landesgesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sagte der Kommission Transparenz zu: „Wir werden alle Unterlagen zur Verfügung stellen.“ Zusammen mit Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) hatte sie die Corona-Politik maßgeblich bestimmt.

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AfD spricht von einer „Farce“

Die oppositionelle AfD nannte die Kommission eine „Farce“. Die Regierung plane eine Aufarbeitung ohne Opposition und ohne Öffentlichkeit, kritisierte Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund. Man müsse davon ausgehen, „dass hier etwas vertuscht werden soll“. Den politischen Entscheidungsträgern warf er „verheerende Fehler“ vor.

Die Linksfraktion forderte eine Aufarbeitung, „wann und wer in der Pandemie-Zeit versagt hat“. Zu klären sei etwa, ob die Schließung der Kitas und die Isolierung pflegebedürftiger alter Menschen wirklich richtig war, sagte Fraktionschefin Eva von Angern.

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Haseloff will sich dem Urteil von Fachleuten stellen

Ministerpräsident Haseloff verteidigte die Entscheidung, die Aufarbeitung einer durch die Regierung berufenen Kommission zu übergeben. Ohne Zweifel habe es zu Beginn der Pandemie eine Überforderung des Staates gegeben, „um es freundlich zu formulieren“. Das solle nun aufgearbeitet werden. Aber: „Das wollten wir uns nicht politisch gegenseitig ins Stammbuch schreiben, sondern das sollen die unabhängigen Fachleute analysieren.“

Vorsitzender der Kommission ist der hallesche Juraprofessor Winfried Kluth. Er kündigte an, das Gremium werde interdisziplinär sowie „in Ruhe und Sachlichkeit“ arbeiten. Die Einberufung zeige, „dass Sachsen-Anhalt den Wunsch hat, für die Zukunft zu lernen“.

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Corona-Kommission: Ein Virologe ist nicht dabei

Zusätzlich zu den 15 Kommissionsmitgliedern, über die die MZ erstmals vor zwei Wochen berichtet hatte, wurde auch Landkreistagspräsident Götz Ulrich (CDU) berufen. Dass unter den Experten kein Virologe ist, erklärte Haseloff damit, dass man den Auftrag nicht habe verengen wollen. Künftige Gesundheitskrisen könnten beispielsweise auch durch Bakterien „oder chemische Waffen“ verursacht werden.

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Analysieren will die Kommission auch die Berichterstattung der Medien. „Das wird hochspannend sein“, sagte Haseloff. Ein Zwischenbericht soll Ende des Jahres vorliegen, der Abschlussbericht in einem Jahr.

Die Mitglieder der Kommission: Vorsitzender Winfried Kluth (Juraprofessor), Hartmut Augustin (früherer MZ-Chefredakteur), Andreas Dieckmann (Handwerkskammer Magdeburg), Susanne Eva Dörrwand (IHK Magdeburg), Lothar Franzkowiak (ehemaliger Richter), Jens Hennicke (Medizinischer Dienst Sachsen-Anhalt), Eike Hennig (Amtsarzt in Magdeburg), Mike Keune (Schulleiter in Magdeburg), Tobias Knoch (Chef des Landessportbunds), Angela Kolb-Janssen (Hochschule Harz), Peter Kuras (Ex-Oberbürgermeister von Dessau-Roßlau, FDP), Gabriele Meyer (Uni Halle), Heike Ohlbrecht (Uni Magdeburg), Matthias Puhle (früherer Kulturbeigeordneter von Magdeburg), Götz Ulrich (Landrat Burgenlandkreis, CDU) und Carola Wilhayn (Schulpsychologin).