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Musik-Festtage in und um Halle Lust auf Loewe

Die Carl-Loewe-Festtage erinnern an den 155. Todestag des international bekannten Oratorien- und Balladenkomponisten. Sein Oratorium „Hiob“ erklingt in der Marktkirche in Halle.

Von Roland H. Dippel 15.04.2024, 11:07
Büste des Komponisten Carl Loewe in Sichtweite seines Elternhauses und Museums in Löbejün
Büste des Komponisten Carl Loewe in Sichtweite seines Elternhauses und Museums in Löbejün Foto: DPA

Halle/MZ. - Er wurde als Erfinder der dramatischen Ballade neben Franz Schubert zu einem der wichtigsten Liedkomponisten überhaupt. Aber das ist nur eine, wenn auch wesentliche Facette im musikalischen Vermächtnis des Komponisten Carl Loewe (1796-1869) aus Lobejün im Saalekreis.

Die von einer Schar Ehrenamtlicher in Bewegung gehaltene Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft (ICLG) hat einen hohen Anteil daran, dass auch andere Werke Loewes zur Aufführung gelangen. Anders als bei vielen Persönlichkeiten auf der mitteldeutschen „Straße der Musik“ geht es bei Loewe aber nicht darum, einen Vergessenen in Erinnerung zu bringen, oder um die bessere Sichtbarmachung einer regionalen Persönlichkeit mit geringer internationaler Ausstrahlung.

„Hiob“ wird der Höhepunkt

Denn diese ist bei Loewe gegeben. In der Aufnahme von Loewes „Die drei Wünsche“ sangen zum Beispiel Stars wie Jonas Kaufmann und Franz Hawlata, heute gehören Loewe-Balladen zum Repertoire von Liedgrößen wie Benjamin Appl und Konstantin Krimmel.

Im Zentrum der 9. Carl-Loewe-Festtage mit dem Motto „Erfindung, Geist, Grazie“ steht am 20. April die sensationelle Wiederaufführung von Loewes biblischem Oratorium „Hiob“.

Ab 10 Uhr bringt das Symposium „Carl Loewe und das deutsche Oratorium im 19. Jahrhundert“ im Institut für Musik, Medien und Sprechwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle in Erinnerung, dass Loewe in dieser während des 19. Jahrhunderts außerordentlich beliebten Gattung einen weiteren Schaffensschwerpunkt hatte. Händel war in Deutschland weitgehend vergessen, als Loewe in 46 Wirkungsjahren als Kantor und Organist an der Jakobikirche in Stettin zahlreiche Oratorien auf biblische und historische Stoffe vertonte.

Einst keine Chance in Halle

Die Voraussetzungen zu diesem ansehnlichen Werkverzeichnis erhielt Loewe in Halle. Hier sang er in der Soprangruppe des Stadtsingechors und hatte Kompositionsunterricht bei Daniel Gottlob Türk. Doch bei Loewes Bewerbung um die Organisten-Stelle an der Marktkirche hatte er gegen Johann Friedrich Naue keine Chance. Vor allem aber machte sich Loewe in Halle mit nur 20 Jahren in einer maßgeblich von Salonkonzerten bestimmten Musikkultur durch seine ersten Balladen schnell einen guten Namen.

Das 1848 komponierte und 1849 in Stettin uraufgeführte Oratorium „Hiob“ erklingt im Festkonzert am 20. April zu Loewes 155. Todestag mit dem Stadtsingechor Halle und der Staatskapelle Halle unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Im Wechsel aus Bibeltexten, Chorälen und freier Dichtung verfasste der Kirchenliedforscher Wilhelm Telschow, Loewes Lehrerkollege am Stettiner Marienstiftsgymnasium, das Libretto. In der Marktkirche singen unter der musikalischen Leitung von Clemens Flämig namhafte Solisten: Gudrun Sidonie Otto, Henriette Gödde, der viel gefragte Bach-Evangelist Daniel Johannsen und Tobias Berndt.

Erfreuliche Erfolge

Am 13. Oktober 2024 erklingt „Hiob“ auch mit dem Barockorchester „L’arpa festante“ und Arcis-Vocalisten unter Thomas Gropper in der Himmelfahrtskirche München. Das Ensemble hatte bereits Loewes Oratorium „Jan Hus“ eingespielt. Der intensive Einsatz für vergessene Werke Loewes durch die ICLG zeigt also erfreuliche Erfolge. Inzwischen wird Loewes Passionsoratorium „Das Sühnopfer des neuen Bundes“ überregional in der Karwoche aufgeführt.

Blick in das Löbejüner Carl-Loewe-Museum
Blick in das Löbejüner Carl-Loewe-Museum
(Foto: Carl-Loewe-Gesellschaft)

Die Jenaer Philharmonie erhielt 2022 für die Einspielungen von Loewes Sinfonien den begehrten französischen Klassikpreis Diapason. Jetzt freut sich Vorsitzender Andreas Porsche über die Präsentation der von der ICLG herausgegebenen Schrift „Carl Loewe als Männerchorkomponist“ von Friedhelm Brusniak, Franz Josef Ratte und Burkhard Sauerwald. Auf das Eröffnungskonzert der Carl-Loewe-Festtage am 14. April um 17 Uhr in der Löbejüner Stadtkirche St. Petri mit dem Kammerchor vocHALes folgt am 18. April um 19 Uhr ein Schülerkonzert der Kreismusikschule „Carl Loewe“ im Historischen Stadtgut Löbejün.

Zur ICLG-Mitgliederversammlung geht es ebenfalls um Loewes Kompositionen für Männerchöre. Als Abendkonzert folgt eine weitere kleine Sensation: In „Eine Reise durch Loewes Liedkosmos“ stellen der Bariton Josua Bernbeck, die Pianistin Doriana Tchakarova und die Sopranistin Eva Zalenga im Historischen Stadtgut Löbejün Darbietungsformen vor, die den Weltruhm Loewes einst begründet hatten.

Eine echte „Loewiade“

Es handelt sich um eine „Loewiade“, wie sie nicht einmal in der cpo-Edition von Loewes sämtlichen Liedern und Balladen auf 21 CD zu hören ist. Die Balladen mit ihren schauerromantischen Schlusswendungen oder idyllischen Momenten erklingen mit verteilten Rollen und inhaltlich begründeten Freiheiten.

Der Stimmexperte Jürgen Kesting begeisterte sich in der Rundfunk-Hommage „Denn der Gesang ist der Sprache wegen da“ für Loewes „dramatisches Gespür, seinen Sinn für tonmalerisches Gestalten, für affekthaft-drastische Darstellung ebenso wie für epische und lyrische Reflexion“. Die 9. Carl-Loewe-Festtage machen Lust auf noch mehr Loewe.

Mehr Informationen unter: www.iclg.org