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90-Jähriger ist ein Held Gas-Explosion in Halle (Saale): 90-Jähriger rettet Verletzen

Von Oliver Müller-Lorey 26.01.2018, 07:00
Gas-Explosion in Halle (Saale): Die Verpuffung ereignete sich in der rechten Erdgeschoss-Wohnung. Ein Handwerker wird schwer verletzt.
Gas-Explosion in Halle (Saale): Die Verpuffung ereignete sich in der rechten Erdgeschoss-Wohnung. Ein Handwerker wird schwer verletzt. Oliver Müller-Lorey

Halle (Saale) - Es ist ein bis dahin ruhiger und für Januar ungewöhnlich warmer Donnerstagvormittag, als ein dumpfer Knall die Bewohner von Halle-Trotha hochschrecken lässt. In einer leerstehenden Erdgeschosswohnung in der Viktor-Klemperer-Straße hat es einen Arbeitsunfall gegeben. Offenbar hat sich Waschbenzin, das ein 37-jähriger Handwerker bei Renovierungsarbeiten verwendet hat, entzündet und eine Verpuffung ausgelöst. Innerhalb weniger Sekunden fängt die Kleidung des Mannes Feuer.

90-Jähriger rettet Handwerker nach Gasexplosion in Halle-Trotha

Zur selben Zeit geht der 90-jährige Werner Luley in den Keller des Mehrfamilienhauses und hört den ohrenbetäubenden Knall in der Wohnung über sich. „Ich wusste, da muss irgendetwas passiert sein.“ Von innen öffnet er noch einem Arbeitskollegen des verletzten Handwerkers die Haustür, dann läuft der 90-Jährige die Treppen zur Brandwohnung hoch.

„Da war Feuer und Qualm und im Zimmer lag der Mann neben einer brennenden Maschine.“ Die Polizei stellt später fest, dass der Boden mit dem Gerät von Teppichresten gereinigt worden war. Luley, der im Zweiten Weltkrieg an der Front im Einsatz war, erinnert sich, was zu tun ist, was sie ihm damals bei der Armee immer und immer wieder eingebläut haben: den brennenden Mann so schnell wie möglich löschen. Dem Handwerker rettet das womöglich das Leben.

Zusammen mit dem Arbeitskollegen des Opfers bringt Luley den am Rücken und Gesäß brennenden Mann nach draußen - und handelt goldrichtig. „Ich habe ihm im nassen Gras immer hin- und hergewälzt, bis die Flammen erstickt waren. Ich wusste doch noch von früher...“, dann kann der Rentner mit Schiebermütze und großer, schwerer Brille eine Weile nicht weitersprechen. Zu schlimm sind die Erinnerungen an den Krieg, die jetzt wieder hochkommen.

Nachdem die Flammen gelöscht sind, laufen beide zurück ins Gebäude. „Wir wollten löschen, hatten aber kein Wasser. Ich habe dann laut ,Wasser’ geschrien, da kam jemand aus der oberen Etage mit einem Eimer.“

Gasexplosion in Halle-Trotha: Handwerker schwer verletzt

Wenige Minuten später rückt die Feuerwehr mit 30 Einsatzkräften aus, dazu zehn Rettungssanitäter und Notärzte und die Polizei. Volker Schaller ist Leitender Notarzt vor Ort und verschafft sich einen Überblick über die Verletzten. Neben dem schwer verletzten Handwerker gebe es auch drei Leichtverletzte und drei Personen mit Schock, sagt er.

Die Stadt meldet später sogar 14 Verletzte. Unter ihnen soll nach MZ-Informationen auch der Geschäftsführer der Malerfirma sein, der auch der schwer verletzte Handwerker angehört. Am Donnerstag will in der Firma niemand Stellung zu dem Unfall nehmen. Man müsse sich selbst erst einmal einen Überblick verschaffen.

Eigentümer des Wohnhauses ist die Hallesche Wohnungsgenossenschaft Freiheit. Deren Vorstand Dirk Neumann lässt sich am Mittag über den Unfall informieren. „Zum Glück war das Gas bereits abgestellt“, sagt er.

Gasexplosion in Halle: Saaleschule in Trotha hilft Bewohnern

Glück für die Bewohner, die während des Einsatzes nicht ins Gebäude dürfen, ist das umsichtige Handeln der benachbarten Saaleschule. Dort bemerkt ein Lehrer den Vorfall im Wohnblock und öffnet die Schule für die Bewohner.

Bis sie am Nachmittag wieder zurück in ihr Haus können, harren sie im Kreativ-Raum der Saaleschule aus, werden mit Kaffee versorgt, von Ärzten und Polizisten untersucht und befragt. Auch Werner Luley, der 90-jährige Held aus der Viktor-Klemperer-Straße, wird vorsichtshalber ins Krankenhaus gebracht.

Seine Frau, ebenfalls schon 88 Jahre alt, geht allein ins Haus zurück. „Mein Mann“, sagt sie noch auf dem Weg dorthin „das ist so ein lieber, feiner Kerl. Ich bin so froh, dass ich ihn habe.“ (mz)