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Angriff in der Woltersdorfer Heide Wölfe in Sachsen-Anhalt: 31 Schafe in der Woltersdorfer Heide getötet

Von Michael Hübner 05.10.2017, 08:42

Abtsdorf - Landesexperte Andreas Berbig ist sich sicher: Es war der Wolf! Der Räuber hat auf einer Landschaftspflegefläche in der Woltersdorfer Heide bei Abtsdorf in der vergangenen Woche bei zwei Angriffen laut Berbig insgesamt 31 Schafe gerissen. Das erfährt die MZ gestern auf Anfrage.

Die Zahl der Wölfe, die für das tierische Massaker verantwortlich sind, ist aber noch unklar: einer, zwei oder mehrere? Die vielen getöteten Tiere allein seien kein Indiz. Die gerissenen Schafe haben auch nichts mit Blutgier zu tun. „Das ist der Jagdtrieb“, erklärt der Mitarbeiter des Landeskompetenzzentrums in Iden (Altmark).

Schafe seien auch nicht besonders schnell, also eine leichte Beute. Der Räuber stößt nicht auf großen Widerstand. Bei Abtsdorf ist darüber hinaus eine Flucht auch kaum möglich. Der Zaun, der eigentlich zum Schutz dienen soll, wird zur tödlichen Falle. „Die Einzäunung ist top“, sagt Berbig, Und stellt eigentlich für einen Wolf ein unüberwindbares Hindernis dar. „Wahrscheinlich stand ein Tor offen“, vermutet Berbig gegenüber der MZ.

„Renitente Ausflügler“, macht dafür Martin Heinrichs verantwortlich. „Das waren unvernünftige Pilzsucher“, erläutert der Tierhalter gestern im MZ-Gespräch seine Vermutung.

Wolfsangriffe in Sachsen-Anhalt: Umweltministerium will künftig offizielle Mitteilungen herausgeben

Seine Tiere werden nach seiner Darstellung aber auch Opfer fehlender Informationen. Über das Magdeburger Umweltministerium wird nach Darstellung von Berbig künftig für mehr Transparenz gesorgt. Es soll in Kürze über Wolfsangriffe offizielle Pressemitteilungen geben. Solche Infos sind auch praktischer Tierschutz. Das zeigt der aktuelle Fall eindrucksvoll.

Heinrichs hält nämlich die Woltersdorfer Heide noch in der vergangenen Woche für sicher und entscheidet sich deshalb für die Umsiedlung seiner Schafe wegen der Wölfe in der Glücksburger Heide in die vermeintlich räuberfreie Region Abtsdorf. Eine tödliche Fehleinschätzung. Am Mittwochmittag (27. September) erfolgt der erste und in der Nacht zum Donnerstag (28. September) der zweite Angriff.

„Erst danach habe ich erfahren, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft schon zuvor zwei Angriffe gab“, sagt Heinrichs der MZ. Mit diesem Wissen wären seine Schafe noch heute in der Glücksburger Heide, so der Tierhalter, der Besitzer einer Baumschule und Landwirt ist.

Ziehen Wölfe in Sachsen-Anhalt in einigen Jahren auch in die Dörfer?

Er gehört schon vor dem „bedauerlichen Vorfall“ (O-Ton Berbig) zu den Wolf-Kritikern im Landkreis. „Wir müssen die Population regeln, schließlich leben wir in einer Kulturlandschaft“, fordert er in Richtung der Landespolitik. „Es geht nicht darum, wie wild alle Wölfe abzuschießen“, betont er ausdrücklich. Heinrichs weiß, wovon er spricht. Er hat seinen Betrieb mitten im Wald.

Er hat schon mehrfach einem Wolf gegenübergestanden - in etwa 50 Meter Entfernung. Er warnt, dass die Raubtiere irgendwann einmal in die Dörfer ziehen könnten: in einigen Jahren wenn altgewordene Leitwölfe von ihren Rudeln verstoßen würden und allein zurecht kommen müssten. Heinrichs ist praktisch im Wald aufgewachsen, er hat als Kind allein dort gespielt. „Hätte ich Kinder, würde ich sie heute nicht allein in den Wald lassen“, sagt er. „Wir müssen die rosarote Brille absetzen“, fordert er.

Tatsächlich ist insgesamt in Sachsen-Anhalt die Zahl der Angriffe von Wölfen auf Nutztiere stark gestiegen. Wie das Magdeburger Umweltministerium mitteilte, meldeten Tierhalter im vergangenen Jahr 44 so genannte Rissfälle, also Attacken auf Herden. Dabei wurden 144 Tiere getötet - mehr als doppelt so viele wie 2015.

Betroffen waren meist Schafherden, in Einzelfällen aber wurden auch Kälber von Wölfen erlegt, heißt es. Schaf-, Ziegen- und Gehegewildhalter in Sachsen-Anhalt können finanzielle Unterstützung für den Schutz ihrer Tiere vor Wolfsangriffen erhalten. 2016 gab das Land für den Herdenschutz 100 000 Euro aus. Heinrichs beziffert seinen finanziellen Verlust auf etwa 4 500 Euro. Er hofft auf eine Entschädigung. (mz)