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Retrospektive für Gerhard Richter in Prag

25.04.2017, 16:07
Gerhard Richter vor einem seiner Bilder in Prag. Foto: Petr David Josek
Gerhard Richter vor einem seiner Bilder in Prag. Foto: Petr David Josek AP

Prag - Erstmals ist in Ostmitteleuropa eine Werkschau von Gerhard Richter, dem wohl bekanntesten deutschen Gegenwartskünstler, zu sehen. Die tschechische Nationalgalerie zeigt mehr als 50 figurative und abstrakte Gemälde des 85-Jährigen.

Es sei ihm eine Herzensangelegenheit gewesen, in Prag auszustellen, bekräftigte der in Dresden geborene und in Köln lebende Maler am Dienstag. „Das hiesige Publikum hat noch viel zu entdecken”, sagte der Leiter der Nationalgalerie, der Kunsthistoriker Jiri Fajt. Die Ausstellung im Palais Goltz-Kinsky am zentralen Altstädter Ring ist von diesem Mittwoch bis zum 3. September für die Öffentlichkeit geöffnet.

Die Schau beginnt mit Richters „Ema - Akt auf einer Treppe” von 1966, einer Reaktion auf Marcel Duchamps „Akt, eine Treppe herabsteigend”. Im ersten Raum treffen „Onkel Rudi” in Wehrmachtsuniform und „Phantom Abfangjäger” aufeinander. Auf graue Bilder, etwa eine Pariser Stadtansicht, folgen beinahe fotorealistische Landschaftsaufnahmen. „Die Landschaften hier, das ist damals sehr unzeitgemäß gewesen”, sagte Richter. „Weil mich die Landschaften immer berühren - und jedem geht es so, deswegen gehen wir immer raus - habe ich sie trotzdem gemalt.”

Während andere sich Objektkunst oder Happening zuwandten, blieb Richter sich bei allen Stilwechseln treu: „Irgendwie bin ich ja ein bisschen altmodisch, indem ich immer noch male.” Nach einer Phase der geometrischen Formen - „sieben Jahre nur Streifen” - widmete er sich zuletzt wieder freieren, abstrakten Motiven. „Ich vergleiche es immer mit instrumentaler Musik, die ja auch nichts erzählt, aber trotzdem eine Stimmung hat”, sagte der Künstler. Am exzentrischsten ist wohl sein „Spiegel”, über den er sagte, ein Spiegel übertrumpfe jedes Bild.

„Nicht immer” seien seine teuersten Bilder auch die besten, meint Richter, der zu teuersten Künstlern der Welt zählt. Leid tut es ihm nicht, einige seiner liebsten Gemälde verkauft zu haben: „Ich bin kein Sammler, ich bin froh, wenn sie rauskommen”, sagte er. Dennoch bedauert er, dass er nicht jedes Wunschbild für den Prager Überblick erhalten konnte: „Die Leihgeber sind müde.” Die Schau ist eine von fünf Ausstellungen zum 85. Geburtstag des Malers.

Zugleich ist die Retrospektive der Höhepunkt des Deutsch-Tschechischen Kulturfrühlings, mit dem beide Länder die Unterzeichung der gemeinsamen Versöhnungserklärung vor 20 Jahren feiern. Diese sollte den Blick nach Krieg, NS-Besatzung und Vertreibung der Sudetendeutschen wieder nach vorn richten. (dpa)