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Entsorgung Entsorgung: Giftmüll in die Börde?

Von HENDRIK KRANERT-RYDZY 27.10.2010, 18:25

MAGDEBURG/MZ. - Die Antragsliste ist der Alptraum jedes Umweltschützers: Rotschlamm aus der Aluminiumproduktion, der gerade in Ungarn für eine Katastrophe sorgte; Abfälle aus der Kali- und Steinsalzindustrie; Kesselaschen und Schlacken; Filterstäube; Klärschlämme. Dies und noch viel mehr, was im landläufig Sinn als Giftmüll bezeichnet wird, will der Baukonzern Günter Papenburg AG auf einer neuen Deponie in Farsleben nahe Wolmirstedt im Bördekreis entsorgen (siehe Karte).

Die Dimensionen des Projekts sind gewaltig: In einem nahezu erschöpften Sandtagebau will Papenburg bis zu fünf Millionen Tonnen Abfall einlagern - bei geplanten rund 120 000 Tonnen pro Jahr würde die Deponie eine Laufzeit von über 40 Jahren haben. Die Anwohner in Farsleben sind daher alarmiert - man fürchtet ähnliche Folgen für die Gemeinde und die Umwelt wie im Jerichower Land, wo jahrelang hunderttausende Tonnen Haus- und Gewerbemüll illegal in den Tongruben Vehlitz und Möckern abgelagert wurden und bis heute zum Himmel stinken. Zwar gibt es - anders als im Jerichower Land - im Bördekreis einen Antrag auf ein offizielles Genehmigungsverfahren. Die Informationspolitik des Konzerns und das Verhalten der zuständigen Kreisverwaltung schüren aber Ängste.

"Papenburg und die Kreisverwaltung haben bislang immer erklärt, es soll nur eine Deponie für mineralische Abfälle, also Bauschutt, werden", sagte Heinz Jasniak, Sprecher einer Bürgerinitiative. Bei einer Anhörung sei nun bekannt geworden, dass Papenburg noch ganz andere Dinge vergraben will. Die Skepsis an dem Vorhaben wird zusätzlich genährt, weil Ende August in einer Nacht- und Nebelaktion 70 000 Quadratmeter Wald für eine Sandabbau-Erweiterung gefällt wurden. "Obwohl Landrat Thomas Webel erklärt hatte, dass der Wald ökologisch wertvoll ist und erhalten werden muss", sagt Jasniak. Dies sei auch im Raumordnungsverfahren festgehalten.

"Das stammt aus dem Jahr 1995 und die Untere Forstbehörde ist inzwischen zur Einschätzung gekommen, dass der Wald nicht so wertvoll ist", sagt Vizelandrat Dietrich Bretthauer. Mithin gab es keine "durchgreifenden Versagungsgründe" gegen das Abholzen. Bretthauer bestätigt zudem, dass Papenburg nicht nur Bauschutt in Farsleben deponieren will. Von Giftmüll sprechen will Bretthauer aber nicht: "Giftmüll ist ein subjektives Empfinden." Er habe aber durchaus Verständnis für die Sorgen der Anwohner, man wolle daher mit "größtmöglicher Transparenz den Bürgern die Angst nehmen".

Auf die Frage, ob der Landkreis ein Interesse an der Deponie habe, erklärte Bretthauer: "Das ist keine Frage, ob wir das wollen oder nicht, sondern die eines gesetzlichen Genehmigungsverfahrens." Dessen Ausgang sei offen. Die Firma Papenburg antwortete am Mittwoch nicht auf eine Anfrage.