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American Football Hartes Business NFL: „Jedes Spiel kann dein letztes sein“

Sechs Spieler mit deutschem Pass haben in den Trainingslagern der NFL-Teams um ihre Chance auf einen Kaderplatz in der besten Football-Liga der Welt gekämpft. Nur zwei haben es geschafft. Das erhoffte Duell unter Brüdern fällt deswegen erst mal aus.

Von Maximilian Haupt, dpa Aktualisiert: 04.10.2021, 08:01
Amon-Ra St. Brown (l) und sein Bruder Equanimeous St. Brown.
Amon-Ra St. Brown (l) und sein Bruder Equanimeous St. Brown. Maximilian Haupt/dpa

Green Bay - Die NFL ist ein knallhartes Geschäft - das haben insbesondere die deutschen Football-Spieler in den vergangenen Tagen erfahren.

Von den sechs, die noch in den Trainingslagern um einen Platz im aktiven Kader ihrer Teams gekämpft hatten, sind nur Jakob Johnson bei den New England Patriots und Amon-Ra St. Brown bei den Detroit Lions noch dabei. Zum ersten deutschen Bruderduell in der National Football League kommt es deswegen vorerst nicht. Equanimeous St. Brown ist vor dem Saisonstart am vergangenen Wochenende aus dem aktiven Kader der Green Bay Packers geflogen und wird nicht spielen, wenn die Lions in der Nacht zu Dienstag (2.15 Uhr MESZ) im legendären Lambeau Field gegen die Packers antreten.

„War nicht so happy“

„Ich war nicht so happy, ich wollte mal gegen ihn spielen. Ich habe noch nie in meinem Leben gegen ihn gespielt. Das war nicht so schön“, berichtete Amon-Ra St. Brown der Deutschen Presse-Agentur vor der Reise nach Green Bay von dem Tag, als die Packers seinem ebenfalls als Passempfänger spielenden Bruder die Chance auf eine dritte Saison in der NFL erst mal weggenommen haben. Auch im eigenen Team erlebte der 21-Jährige mit deutschem und amerikanischem Pass die kritische Phase hautnah: „Wir hatten 72 Spieler und am nächsten Tag 53, das war ein bisschen komisch als Spieler, so viele andere Spieler nicht mehr zu sehen. Aber es ist ein Business hier. So läuft das.“

Die Regeln in der NFL sind bei den Spielerverträgen nicht vergleichbar mit dem, was Europäer etwa vom Fußball gewohnt sind. Auch ein noch lange gültiges Arbeitspapier ist in den allermeisten Fällen keine Garantie dafür, dass ein Profi in der Saison auch zum Kader zählt. Es gibt in der NFL Obergrenzen beim Gehalt und vor dem ersten Spieltag einen Schnitt auf 53 Profis. Alle anderen sind erst mal raus.

Ex-Profi Vollmer kennt das Geschäft

„Wenn du entlassen wirst, heißt es nicht automatisch, dass du nicht gut genug bist. Vielleicht passt du in diesem Moment einfach nicht in dieses Team“, sagte Ex-NFL-Profi Sebastian Vollmer zuletzt. Mit den Patriots holte der 37-Jährige in seiner Karriere zwei Mal den Super Bowl und kennt das Geschäft. „Jeden Sommer werden zig Spieler aussortiert. Aber viele von ihnen finden trotzdem später ihren Weg.“

„Die NFL funktioniert so - du weißt nie was kommt. In solchen Momenten merkst du, dass es nie sicher ist. Jedes Spiel kann dein letztes sein, jedes Trainingslager“, sagte der Stuttgarter Johnson vor dem Saisonstart. Der Fullback ist in der dritten Saison dabei, aber seine Patriots trennten sich etwa überraschend von Quarterback Cam Newton, mit dem viele als Startspieler gerechnet hatten. „Um die beste Leistung aus dir rauszuholen, hat hier glaube ich jeder das Gefühl, dass dein Job nie sicher ist und dass du dir das jeden Tag neu verdienen musst“, sagte Johnson.

Pech für Equanimeous St. Brown

Der 24-Jährige Equanimeous St. Brown, der älteste von drei Brüdern, hatte in der entscheidenden Phase der Saisonvorbereitung auch einfach Pech: Er verletzte sich im Training am Oberschenkel und konnte keines der Testspiele mit den Packers bestreiten. „Ich hatte ein gutes Camp, das haben mir alle Coaches gesagt. Aber ich war verletzt und konnte in der Preseason nicht spielen, dazu haben sie viele Wide Receivers“, sagte er. „Ich hatte keinen Plan was ich mache, wenn ich gecuttet werde. Das wollte ich nie erleben.“

Er hat inzwischen einen neuen Vertrag unterschrieben und steht jetzt im Trainingskader als Sparringspartner für die Abwehrspieler. Das ist eine gute Schule für ihn, aber keine ideale Situation und kann Einsätze in der Liga nicht ersetzen. Seine Perspektive: Entweder die Packers haben doch Bedarf und befördern ihn im Laufe der Saison in den aktiven Kader oder ein anderes Team verpflichtet den Athleten mit deutscher Mutter und amerikanischem Vater. „Ich darf den Fokus jetzt nicht verlieren, muss mich konzentrieren und weiter hart arbeiten“, sagte er. „Es bringt nichts, tagelang traurig zu sein oder wütend. Das Leben geht weiter.“

Und auch sein jüngerer Bruder hat die Hoffnung auf ein Duell in der NFL noch nicht aufgegeben. „Wir haben 17 Spiele, da kann viel passieren“, sagte Amon-Ra St. Brown. „Wir spielen in der letzten Woche der Saison wieder gegen die Packers, da kann er dann auch aktiv sein.“