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Ein Erklärungsversuch von Experten Ein Erklärungsversuch von Experten: Warum gibt es immer mehr Knieprothesen?

Von Sandra Simonsen 07.08.2018, 07:26
Klaus Kallweit kommt regelmäßig ins Ambulante Reha-Zentrum Weißenfels und trainiert mit Sporttherapeutin Kerstin Mattis seine Beinmuskeln.
Klaus Kallweit kommt regelmäßig ins Ambulante Reha-Zentrum Weißenfels und trainiert mit Sporttherapeutin Kerstin Mattis seine Beinmuskeln. Peter Lisker

Weißenfels - In Deutschland werden immer mehr Knieprothesen implantiert - auch im Burgenlandkreis ist die Zahl der Eingriffe gestiegen. 2013 gab es noch 487 Operationen, 2016 waren es schon 535 - das entspricht 236 Operationen pro 100.000 Einwohner. Der Mittelwert für ganz Deutschland liegt bei 218 - in Halle sind es hingegen nur 140. Wieso also werden im Burgenlandkreis immer mehr Menschen am Knie operiert? Und wieso fällt die Zahl in größeren Städten wie Halle so viel geringer aus?

Andreas Müller, Geschäftsführer des Ambulanten Reha-Zentrums Weißenfels, kann sich diese Entwicklung - zumindest für sein Zentrum - nicht erklären: „Wir operieren wirklich nur dann, wenn nichts anderes mehr hilft.“ Aber seine Praxis sei schließlich nur ein kleiner Punkt auf der Landkarte der vielen Praxen und Kliniken in der Region. Die demografische Entwicklung könne ein Grund sein - aber auch dann, sagt er, müssten die Röntgenbilder der Patienten klaren Aufschluss darüber geben, ob operiert werden müsse oder nicht.

Fünfmal die Woche zum Rehasport ins Rehazentrum Weißenfels

Bei Klaus Kallweit war es irgendwann so weit: Vor vier Jahren musste er zum ersten Mal operiert werden, mittlerweile hat er in beiden Knien Prothesen, rechts schon die zweite. „Da lag am Ende Knochen auf Knochen - im Vergleich zu den Schmerzen sind die Einschränkungen nach der OP auf alle Fälle besser.“ Jetzt kommt er fünfmal die Woche zum Rehasport ins Rehazentrum und nur einen Monat nach der letzten OP kann er schon wieder Treppen steigen.

Auch eine Physiotherapeutin aus Weißenfels wundert sich eher über die Zahlen: „In meiner Praxis gibt es nur selten Knie-Patienten“, erklärt sie, Hüft- oder Schulterprobleme seien häufiger. Aber nichtsdestotrotz sei die Knie-OP natürlich eine der häufigsten OPs in Deutschland und sei mittlerweile auch so ausgereift, dass es häufiger angewandt werde. Zusätzlich vermutet sie, die Menschen seien heutzutage weniger schmerztolerant als noch vor einigen Jahren, früher habe es länger gedauert, sich zu einer OP durchzuringen.

Physiotherapeutin: „Es hängt alles von den Ärzten ab, wie die entscheiden“

Eine andere Physiotherapeutin sieht das Ganze etwas anders: „Es hängt alles von den Ärzten ab, wie die entscheiden - und die wollen oft einfach Geld machen.“ Für eine Physiotherapie müssten Rezepte ausgestellt werden, die Knie-Operation hingegen sei ein wirtschaftlich lohnender Faktor für den Arzt. „Und natürlich dauert eine Therapie auch länger als eine OP“, weiß die Physiotherapeutin. Dabei könne man in der Physiotherapie vieles ausprobieren von der Reizstrom-Therapie bis hin zum Tape. Natürlich hänge es auch immer davon ab, wie weit fortgeschritten die Arthrose bei dem jeweiligen Patienten sei - in den meisten Fällen sei es aber „Geldmacherei“.

Wenn eine Knieprothese gut eingesetzt und angepasst werde, könne das natürlich dem Patienten trotzdem helfen. „Manche Patienten haben hinterher aber sogar mehr Probleme als vorher - und kommen dann zu mir“, schildert die Physiotherapeutin. Das Gefälle zwischen Städten wie Halle und ländlicheren Regionen erklärt sie sich auch über die Ärzte, die in größeren Städten eher geneigt seien, alternative Therapien auszuprobieren. (mz)