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Tiere Bedrohte Rotmilane: Faktor Mensch ist die größte Gefahr

Manchmal lässt er sich am Himmel entdecken: der Rotmilan. Doch der in Sachsen-Anhalt stark verbreitete Greifvogel ist bedroht. Die meisten Todesfälle werden direkt oder indirekt durch den Menschen verursacht.

Von dpa Aktualisiert: 20.09.2021, 23:07
Martin Kolbe beobachtet einen Rotmilan der am Himmel fliegt und richtet dabei am ausgestreckten Arm eine Antenne auf den Vogel, um die Daten des Senders abzurufen.
Martin Kolbe beobachtet einen Rotmilan der am Himmel fliegt und richtet dabei am ausgestreckten Arm eine Antenne auf den Vogel, um die Daten des Senders abzurufen. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/ZB

Halberstadt - Mit einer Antenne in der Hand empfängt Martin Kolbe vom Rotmilanzentrum in Halberstadt Daten von Rotmilanen. Die Greifvögel wurden mit Sendern ausgestattet, die den genauen Standort sekundengenau messen können. Das hilft bei der Erforschung der Flugpopulation und vor allem der Todesursachen. Eine erste Erkenntnis: Der Mensch spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Es komme natürlich immer mal vor, dass die Vögel an natürlichen Ursachen sterben, sprich an Krankheiten, an Parasiten, an Pilzinfektionen, sagte der Leiter des Rotmilanzentrums in Halberstadt, Martin Kolbe. „Aber der überwiegende Teil an Todesfällen ist tatsächlich menschenverursacht, und das ist ein großes Problem.“

Antennen kommen mittlerweile nicht mehr so häufig zum Einsatz. Die neueren Sender schicken ihre Daten automatisch über das Handynetz. „Das ist also quasi eine fliegende SIM-Karte“, sagte Kolbe. Dreimal am Tag empfangen die Rechner des Rotmilanzentrums die Standorte der Vögel automatisch - auch aus dem Winterquartier in Spanien oder Südfrankreich. Außerdem bekommen die Mitarbeiter eine Warnung, wenn sich der Vogel eine längere Zeit nicht bewegt.

Über das durch EU-Fördergelder und vom Land Sachsen-Anhalt mitfinanzierte Projekt „Eurokite“ sei das Zentrum mit Personen in ganz Europa vernetzt, sagte Kolbe. Die könnten den toten Vogel dann innerhalb von 24 Stunden bergen und zu einer Untersuchung bringen.

Viele junge Rotmilane kommen in Sachsen-Anhalt an Straßen und Schienen zu Tode. Gerade dort würden die Jungtiere verstärkt nach Nahrung suchen. Ältere Vögel kollidieren öfter mit Windkraftanlagen. Letzteres ist seit Jahren ein bekanntes Problem, weshalb auch versucht wird, diese Gefahr so gering wie möglich zu halten. Das geschehe etwa durch feste Abstände von Windkraftparks zu Brutgebieten, so der Leiter des Rotmilanzentrums. Auch technische Lösungen wie Kameras oder Radarsysteme könnten helfen, die Windräder zu verlangsamen.

Die Bestandsrückgänge könnten auch darauf zurückgeführt werden, dass die in Sachsen-Anhalt ausgebrüteten Vögel gar nicht in voller Anzahl zurückkommen. „Weil die vielleicht irgendwo auf der Strecke bleiben“, sagte Kolbe. Wenn die Jungvögel nicht schon im Nest gefressen würden, kämen sie hauptsächlich in Spanien oder im Süden von Frankreich zu Tode, sagte Kolbe. Das passiere etwa durch Abschuss, durch Vergiftung, aber auch durch Stromschläge von Mittelspannungsleitungen - also durch externe Faktoren.

Mehr als die Hälfte des weltweiten Rotmilan-Bestands (maximal 25.000 Paare) kommt laut Rotmilanzentrum in Deutschland vor, und davon leben wiederum etwa 2000 Brutpaare in Sachsen-Anhalt.