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Unplugged-Konzerte Rockhaus - Doppelte Premiere ohne Strom

Zum ersten Mal ohne lauten Rock: Die Berliner Band Rockhaus hat mit umjubelten Konzerten in Magdeburg und Halle ihre Akustik-Tour gestartet.

Von Steffen Könau 07.04.2024, 11:03
Rockhaus bei der akustischen Premiere im ausverkauften Capitol in Halle.
Rockhaus bei der akustischen Premiere im ausverkauften Capitol in Halle. Foto: Steffen Könau

Magdeburg/Halle/MZ. - Als Mike Kilian die Gitarre weglegt, ist der Abend schon fast vorüber und der Jubel im ausverkauften Capitol in Halle kennt kaum mehr Grenzen. Nun aber geht es mit einer Warnung weiter. „Das folgende Lied hat uns Ärger gemacht“, sagt der Sänger, „es wurden Protestschilder hochgehalten und wir wurden als Frauenfeinde beschimpft.“ Die Zuhöhrerinnen, die sich vom Rockhaus-Song „Hunderttausend Weiber“ beleidigt fühlten, hatten allerdings das gleiche Problem wie 30 Jahre zuvor die Kulturüberwacher in der DDR. „Auch die haben damals nicht verstanden, dass der Text pure Satire ist.“

Mike Kilian dirigiert im Capitol Halle.
Mike Kilian dirigiert im Capitol Halle.
Foto: Steffen Könau

Jetzt soll es klappen. Mike Kilian setzt sich auf dem Barhocker zurecht, auf dem er während der ersten Akustik-Tour seiner Band Rockhaus thront. Gitarrist Reinhard Petereit holt ein Banjo hervor. Drummer Heinz Haberstroh klopft einen Country-Beat. Und Rockhaus, nach der Zahl ihrer Nummer 1-Hits in der DDR-Jahreshitparade nur noch übertroffen von den Puhdys, galoppieren grinsend gen Texas. Mike Kilian, der Mann mit der größten Stimme im deutschen Rockgeschäft, singt die schmissige Rocknummer als texanischer Tenor. Der Refrain klingt dann eher wie bulgarischer Barock. Der Saal tobt. Und singt die triefend ironischen Zeilen mit.

Heimspiel für Hassbecker

Ein Höhepunkt eines Abends, der die vor mehr als 40 Jahren gegründete Band aus Berlin zu neuen Ufern führt. Niemals zuvor hatten Kilian, Petereit, Haberstroh und Bassist Robert Protzmann ihre Instrumente ausgestöpselt und Hits wie „Träume“, „Nur aus Liebe“ oder „Blutrot“ auf akustischen Gitarren gespielt. Nun aber ist es soweit: Begleitet von Daniel Hassbecker, Sohn des Silly-Gitarristen Uwe Hassbecker und als gebürtiger Hallenser von den fans begeistert zu einem Heimspiel begrüsst, führt das Quartett im ersten Konzertteil Hits wie „Wir“ und „Nur ein Traum“ auf. Ehe im zweiten Teil dann das komplette Album „I.L.D.“ aus dem Jahr 1988 gespielt wird.

Für die 400 Fans im Saal ist es eine Zeitreise zurück in die Tage der Jugend, „denn nun sind wir ja auch alle keine 60 mehr“, wie Kilian von der Bühne scherzt. Alle hier kennen die Texte, alle hier erinnern sich an Momente, die sich mit Liedern wie „Mich zu lieben“ oder „Endlos“ verbinden. Ohne den Panzer aus E-Gitarren und Elektrobass, der die Stücke bisher einschloss, atmen die Melodien durch. Und nachdem die Premiere der Akustik-Tour am Abend zuvor in Magdeburg begeistert gefeiert worden war, wirkt die Band auf der Bühne in Halle auch schon etwas entspannter. „Wobei wir immer noch aufgeregt sind“, wie Kilian sagt. Schließlich könne man sich ohne die üblichen Instrumente „nicht hinter eine rlauten Gitarre verstecken“.

Flauschiger Rhythmusteppich

Das muss hier aber auch niemand. Entspannt geht es durch ein Repertoire, das mehr als 40 umspannt, angefangen in der New-Wave-Zeit über Großtaten aus DDR-Zeiten bis zur Rückkehr im Jahr 2009, die die bisher kreativste Phase der Band einläutete, die einst verkündet hatte, sie wolle die Puhdys ablösen. Im Grunde ist das geglückt: Die Kollegen, in deren Vorprogramm Rockhaus einst entdeckt worden waren, haben sich aufgelöst, ihre Nachfolger sind immer noch da - und besser denn je.

Mike Kilian (hier im MZ-Interview) dirigiert den Publikumschor, Reinhard Petereit wechselt fliegend von Gitarre zu Banjo zu Slide-Guitar, Haberstroh und Protzmann legen einen flauschigen Rhytmusteppich auslegen. Die größten Hits folgen ganz zum Schluss: „Mich zu lieben“, „Irgendwann“ und „I.L.D“, ein Trio, dem die Zeit nichtshat anhaben können. Überall im Saal gehen die Handys hoch, es wird gefilmt und geknipst, um die Zeit festzuhalten, den Moment mitzunehmen.

A, 12. April spielen Rockhaus akustisch im Schlossthetaer Ballenstedt, am 13. 4. sind sie in der Dresdner Schauburg und am 14.4. im Leipziger Kupfersaal.

Mehr Informationen: http://www.rockhaus.net/Tour/