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Was braucht es zum Leben?

Von Stefanie Hommers 08.11.2004, 19:29

Coswig/MZ. - Kinder aus den Gemeinden haben zum Thema ein Plakat gestaltet. Eine düstere Gewitterwolke in der unteren Hälfte umrahmt Nöte und Ängste, zeigt bewaffnete Soldaten, kranke Menschen, unüberwindbare Mauern, mit Stacheldraht gesichert. Strahlend Gelb beleuchtet eine fröhliche Sonne den oberen Teil des Bildes mit Milchflaschen und Menschen, die sich an den Händen fassen, Bäumen, Blumen und einem Regenbogen.

Auf eine große Leinwand projiziert, werden Interviews mit Erwachsenen gezeigt, die erzählen, was für sie lebensnotwendig ist: Brot und Wasser, Gesundheit und Gemeinschaft werden da genannt, auch Lachen, Musik und Kultur, finanzielle Absicherung und Arbeit.

Habe ich alles, was ich brauche, was fehlt mir? Diese Frage offen zu beantworten, dazu hat kaum einer der rund 100 Gäste beim Gottesdienst den Mut. Pfarrer Dankmar Pahlings verliest den Text eines jungen Mannes, der seine Gedanken einem Stück Papier anvertraut hat. Namenlos stehen sein Schicksal, seine Gedanken und Wünsche stellvertretend für viele Menschen in der Region. "Ich weiß nicht, was lebensnotwendig ist, aber ich weiß, was ich brauche", schreibt der seit über einem Jahr Arbeitslose, und er beschreibt die Mutlosigkeit, die sich breit macht mit jeder weiteren erfolglosen Bewerbung, mit jedem Scheitern. "Einen Glauben brauche ich - an mich selbst, an eine Sache und daran, dass etwas klappt, dass alles besser wird. Aber wie soll ich das alleine schaffen?" "Leben ist Bewegung, ist Neubeginn und Vertrauen" setzt Pfarrer Stephan Grötzsch dem entgegen. "Das ist lebensnotwendig."

Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr haben die Veranstalter unter dem Motto "Um Gottes Willen - wir feiern" Menschen eingeladen, "die sich mit den Fragen des Lebens auseinander setzen und auf der Suche nach Antworten sind", wie es in der Einladung heißt. Ganz bewusst habe man als Ort für diesen etwas anderen Gottesdienst nicht die Kirche gewählt, so Pfarrer Martin Bahlmann, um sich auch denen zu öffnen, die vor der Schwelle der Kirchentür stehen bleiben. Sein Kollege Dankmar Pahlings freut sich denn auch beim Blick über die nicht ganz gefüllten Stuhlreihen, ein paar neue Gesichter entdeckt zu haben.

Zum Schluss bilden alle, die gekommen sind, einen großen Kreis, fassen sich an den Händen und dürfen beim anschließenden Imbiss gemeinsam Hunger und Durst stillen. Denn auch das sei schließlich lebensnotwendig, findet Stephan Grötzsch.