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Besondere Geschichtsstunde Zum Tag der Streuobstwiese wurde nahe Dittichenrode eine Informationstafel für die Kalkhütte eingeweiht

Zum Tag der Streuobstwiese wird in der Nähe des Parkplatzes Bauerngraben eine Informationstafel für die Kalkhütte Hach eingeweiht, zu der Hans Hach auch einiges zu berichten hatte.

Von Heinz Noack 30.04.2024, 15:30
Hans Hach (li.) nimmt das Publikum mit auf eine Zeitreise als die Kalkhütte bei Dittichenrode noch existierte. Die wichtigsten Fakten sind nun auf einer Infotafel nachzulesen.
Hans Hach (li.) nimmt das Publikum mit auf eine Zeitreise als die Kalkhütte bei Dittichenrode noch existierte. Die wichtigsten Fakten sind nun auf einer Infotafel nachzulesen. (Foto: Heinz Noack)

Dittichenrode/MZ. - So ein großes Publikum hatte Hans Hach (87) aus Roßla bei seinen Führungen an der ehemaligen Kalkhütte Dittichenrode noch nie: Über 50 Personen waren der Einladung des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz zum Tag der Streuobstwiese an den Parkplatz Bauerngraben gefolgt.

Höhepunkt des Tages war die Enthüllung einer Informationstafel zur Geschichte dieses Industriedenkmals. Gemeinsam mit Andreas Otto vom Biosphärenreservat und seinen Urenkelkindern Fritzi (3) und Bruno (9) Haase wurde diese enthüllt.

Zukünftig können sich Wanderer anhand von Bildern und Text über die Gipsherstellung an diesem Ort informieren. Traditionell heißt diese Anlage zwar Kalkhütte, hergestellt wurde aber Gips für Bauzwecke. Mit wachsender Begeisterung berichtete Hans Hach über das Leben und die Arbeit an diesem Ort. So wurde es zu einer Heimatkundestunde der besonderen Art.

Harte Arbeit in der Kalkhütte

Ferdinand Hach, der Großvater von Hans Hach, war der letzte Kalkbrenner. Er stellte die Produktion aus gesundheitlichen Gründen im Jahre 1932 für immer ein. Eigentümer der Kalkhütte waren die Grafen zu Stolberg-Roßla. Familie Hach hatte sie seit 1876 gepachtet.

„Es war eine harte und nicht ungefährliche Arbeit“, wusste Hans Hach aus der Geschichte zu erzählen. „Das Gestein wurde mit Dynamit im nahen Steinbruch aus der Wand gesprengt, mit Hämmern zerkleinert und in Schubkarren in die beiden Brennkammern des Ofens gefahren.“

Jede Kammer fasste 72 Tonnen und gebrannt wurde mit Wellholzfeuer. „Das Holz dazu schlug man in den Wintermonaten an den Wegrändern“, sagte Hach. „Es wurde getrocknet und gab eine heiße Flamme.“ Nach dem Brennen ging die schwere Handarbeit seiner Vorfahren weiter.

Die Öfen wurden entleert und das Gestein in einer Mühle lange gemahlen, bis die gewünschte Korngröße erreicht war. Nicht genug, das Mahlgut musste auch noch ausgesiebt werden. Den Branntkalk lieferten die Hachs mit einem Gespann an die Maurer und Dachdecker in der Region.

Ruine erinnert an längst vergangene Zeit

Die Kalkhütte wurde nach Produktionseinstellung in einen landwirtschaftlichen Hof umgewandelt. Hans Hach musste schon als Kind, nach der Schule, auf den Feldern mitarbeiten. Der Vater war im Krieg gefallen und Elisabeth Hach musste mit ihren Kindern und später mit einem neuen Lebenspartner die Wirtschaft führen.

Anschaulich demonstrierte er mit Kerzen und Karbidlampen, wie die Familie weitab vom Dorf ohne Elektrizität auskam. 1952 zog die Familie nach Dittichenrode. 1958 wurden alle Gebäude bis auf die Fundamente abgerissen.

Heute erinnern nur noch die sichtbare Ruine des Brennofens und eines Ringofens an diese längst vergangene Zeit. Die Größe des Steinbruchs und des Ofens weisen darauf hin, dass es sich hier um die größte Kalkhütte in der Region gehandelt hat.

Bei Spiel und Spaß wurde viel Wissen über die Streuobstwiese und ihre Bewohner vermittelt. Hier waren die Kinder als Pollensammler unterwegs.
Bei Spiel und Spaß wurde viel Wissen über die Streuobstwiese und ihre Bewohner vermittelt. Hier waren die Kinder als Pollensammler unterwegs.
(Foto: H.Noack)

„Solche Kulturdenkmale sind wichtig für unser Biosphärenreservat“

Viele Verwandte waren teilweise weit angereist und hörten diese Geschichte auch zum ersten Mal. So auch Achim und Gisela Winter aus Lützen im Burgenlandkreis. Gisela Winter kannte die Kalkhütte noch aus ihrer Kindheit. „Solche Kulturdenkmale sind wichtig für unser Biosphärenreservat“, erklärte Mitarbeiter Andreas Otto. „Sie prägen mit auf ihre Weise unsere heutige Kulturlandschaft.“

Viele Besucher waren mit Kindern und Enkelkindern angereist. Mit dabei war auch Joel aus Uftrungen, der sich mit der Teilnahme den sechsten Stempel für seine Junior- Ranger Mappe verdiente. Verbunden mit Spiel und Spaß lernten die Kinder und Erwachsenen viel über die Bewohner der Streuobstwiesen.

Rückzugsort für Tiere und Pflanzen

Bei einer Führung über die Streuobstwiese am Bauerngraben erklärte die stellvertretende Leiterin des Biores, Karin Rost, die Wichtigkeit solcher Anlagen für den Naturhaushalt. „Extensiv genutzte Streuobstwiesen sind Rückzugsorte für Pflanzen und Tiere“, erläutert sie.

Die mehrere Hektar umfassende Fläche wird seit 2006 vom Biosphärenreservat und dem Streuobststammtisch betreut und gepflegt. Die im Rahmen einer Beschäftigungsmaßnahme durch die GfM Sangerhausen errichtete „Öbsterhütte“ samt Dörrofen, rundet das Bild der Streuobstwiese ab. „Das Dörren des Obstes war eine Möglichkeit, das Obst haltbar zu machen“, erläuterte Karin Rost.