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"Strippen für den Frieden" "Strippen für den Frieden": Theater Apron zeigt Ost-West-Konflikt im Moritzburggraben

Von Detlef Färber 01.07.2019, 11:30
Die Proletarierin Bärbel (gespielt von Andrea Martin) tanzt für den Genossen Erich - und damit für die gute Sache.
Die Proletarierin Bärbel (gespielt von Andrea Martin) tanzt für den Genossen Erich - und damit für die gute Sache. Rene Langer

Halle (Saale) - „Arbeiten für den Frieden“ war eine der gängigen Parolen in der DDR - bis kurz vor jenem Mauerfall, dessen 30-Jahrfeier schon dieser Tage ansteht. Auch waffenklirrend für den Frieden zu kämpfen, war ein gängiger Slogan der seinerzeitigen Parolensprache. Was unvermeidlich bald zu Verballhornungen wie „Saufen für den Frieden“ in privaten Kreisen des Arbeiterparadieses führte. Und zu weiteren, ebenfalls nicht ganz jugendfreien Verhohnepipelungen.

Apron - Halles erfolgreichstes freies Theater

Eine davon steht im Mittelpunkt der diesjährigen Neuproduktion im Sommerprogramm des freien Theaters Apron: „Strippen für den Frieden“ heißt das Stück im Untertitel, während die eigentliche Überschrift „Plaste und Elaste“ heißt. Womit sich fast ahnen lässt, dass das Vorspiel des großen Finales des Ost-West-Konflikts von den Apronesen mit einem stark von der Chemie-Industrie geprägten Lokalkolorit serviert wird - als Jubiläumsstück gleich in doppelter Hinsicht übrigens, denn Apron, Halles erfolgreichstes freies Theater, spielt das 20. Jahr im Graben.

Alexander Terhorst, Mitbegründer und nun quasi Kopf der Truppe, hat das Stück, das am Mittwochabend Premiere hat, geschrieben. Und inszeniert es nun gleich selbst - einmal mehr als eine turbulente Komödie. Die Story dreht sich um eine Art Wettbewerb im Vorfeld eines Staatsbesuchs von DDR-Chef Erich Honecker im Westen. Dorthin soll ihn ausgerechnet ein Arbeiter-Striptease-Kollektiv begleiten, das die klassenmäßigen Vorzüge des Ost-Proletariats gegenüber den armen, ausgebeuteten Nackten der BRD eindrucksvoll vor Augen führen soll.

Doch wer darf mit Erich in den Westen fahren? Überraschenderweise entwickelt sich hier ein harter Konkurrenzkampf in Form eine Vortanzens - was man heute wohl Casting nennen würde. Und was zur Plattform zahlreicher Verwicklungen wird, auch zwischen Männern und Frauen, die jeweils bereit wären, im Dienste der guten Sache mal richtig „blank“ zu ziehen.

Theater Apron Vorführungen im Freien

Die Nutzung des Titels „Plaste und Elaste“ habe sich, erzählt Alexander Terhorst, Apron übrigens von der Gemeinde Schkopau genehmigen lassen - was aber nur eine Form jener Hilfe ist, auf die freie Theater regelmäßig angewiesen sind. Die Geschichte von Apron (zu deutsch: Vorbühne) hat bereits im Jahr 1991 begonnen - ein nächstes Jubiläum ist also in Sichtweite. Gründungsidee war es, angesichts der Nachwende-Wirren und massenhaften Freisetzung von Arbeitskräften, ein „Staatstheater Arbeitslos“ zu gründen, doch - so die dicke Überraschung: „Statt der Arbeitslosen kamen die Studenten“.

Und einige blieben - und zählen bis heute zu den nun 18 Vereinsmitgliedern, die auch regelmäßig von Schauspielern anderer Truppen unterstützt werden. Und seit einiger Zeit großzügiger auch von der Stadt Halle, die sich der Nöte ihrer freien Szene, die alle Jahre wieder das eklatante hiesige Kultursommerloch füllt, endlich angenommen hat. Und mit der auch von Apron genutzten „Freien Spielstätte“ (ehemals Theatrale) scheint nun zumindest mittelfristig das Raumproblem für die kalte Jahreszeit gelöst. 30 Jahre Apron dürften also zu schaffen sein!

Premiere am Mittwoch, 19 Uhr, weitere Vorstellungen am 5., 6. und 10-12. Juli im Moritzburggraben. (mz)

Nacktes Elend in der BRD! Da staunt die Ost-Imbissfee, gespielt von Astrid Beier.
Nacktes Elend in der BRD! Da staunt die Ost-Imbissfee, gespielt von Astrid Beier.
Rene Langer