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Irak-Konflikt Irak-Konflikt: Ablehnung ist in Ost und West fast gleich

Von Markus Decker und Jochen Loreck 15.01.2003, 09:25

Berlin/MZ. - Lange Zeit schien die Sache klar: Die Westdeutschen, so die herrschende Meinung, stünden in Treue fest zum Hauptbündnispartner USA. Die Ostdeutschen aber seien noch immer beeinflusst von jener Doktrin, wonach in Washington die Imperialisten sitzen. Dies zeigte sich während des Kosovo-Krieges 1999 und beim Afghanistan-Konflikt 2001. Im Januar 2003 stellt sich das Bild anders dar. Klaus-Peter Schöppner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Emnid, sagte der MZ: "Das Gefälle zwischen Ost- und Westdeutschland ist beim Irak-Krieg nicht mehr groß." Forsa-Kollege Manfred Güllner ergänzt: "Die Differenz ist minimal."

Äußerungen wie jene des Sprechers der ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten, Ernst Bahr, wird man in der alten Bundesrepublik kaum finden. Bahr kommentierte: "Mit ihrer Tendenz zu politischen Alleingängen verhalten sich die USA jetzt genau so, wie dies früher von der DDR-Propaganda behauptet worden ist."

Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) mahnte den Bundeskanzler: Der Osten wäre besonders enttäuscht, wenn Gerhard Schröder (SPD) von seinem Nein zu einem Irak-Krieg abrücke. Der Regierungschef verbat sich derlei Hinweise.

Auch die PDS ist selbstredend zur Stelle. An der Berliner Parteizentrale hängen Spruchbänder: "Kein Blut für Bush und Saddam Hussein" sowie "Sagt Nein zum Krieg gegen den Irak". Die PDS-Vorsitzende Gabriele Zimmer hatte zeitweilig erwogen, die rot-roten Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zu verlassen, sollte sich Deutschland an einem Krieg beteiligen. Davon ist sie unterdessen abgerückt. Für die PDS ist das Thema Irak unter Umständen die letzte Chance, bundespolitisch wieder Boden gut zu machen. Der Berliner Politikwissenschaftler Gero Neugebauer macht nämlich darauf aufmerksam, "dass die PDS ihr Mandat als Friedenspartei verloren hat". Dieses Ost-Spezifikum ist Vergangenheit. Schöppner befindet: "Die Solidarität mit den USA nach dem 11. September ist geschwunden." Es existiere zunehmend eine "Ohne-mich-Haltung" - von Stralsund bis Konstanz. Güllner vermutet, in dem Punkt seien die Kontraste zwischen Nord- und Süddeutschen größer als zwischen Ost- und Westdeutschen. 81 Prozent aller Bundesbürger lehnen dem Forsa-Institut zufolge einen Militärschlag ab.

"Von der gefühlten Stimmung her sehe ich hier keinen Gegensatz zwischen beiden Teilen Deutschlands", erklärt Neugebauer. Hier wie dort gelte: "Die Republik will von einem Krieg wenig wissen."