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Historisches Haus in Halle Historisches Haus in Halle: Gericht rettet die "Marktwirtschaft"

Von Michael Falgowski 13.03.2015, 20:57
Hier sprach etwa zwischen 1620 und 1660 Melchior Hoffmann als Schultheiß von Halle Recht.
Hier sprach etwa zwischen 1620 und 1660 Melchior Hoffmann als Schultheiß von Halle Recht. Jens Schlüter Lizenz

Halle (Saale) - Überraschend hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg den Abriss des rund 450 Jahre alten Hauses Brüderstraße 7 verweigert. Und damit das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle im Juli vergangenen Jahres aufgehoben, wonach das Landesverwaltungsamt Halle die sogenannte denkmalrechtliche Abrissgenehmigung erteilen müsste. „Es gibt nun wieder Hoffnung in der Brüderstraße. Der Eigentümer kann die Nummer 7 nicht mehr einfach wegreißen“, begrüßt Andreas Riethmüller, zuständiger Kultur-Abteilungsleiter im Landesverwaltungsamt, die Entscheidung. Eine Revision ist nicht zugelassen.

Das markante, spitzgiebelige Fachwerkhaus an der Ecke Brüderstraße/Kleine Steinstraße, über dessen Tür ein Wappen mit der Jahreszahl 1623 hängt, ist eines von nur sechs erhaltenen spätmittelalterlichen Häusern in der Stadt. Vielen Hallensern ist das Haus als „Marktwirtschaft“ geläufig, wegen des sich bis 2007 dort befindlichen Lokals. Bereits 1863 aber eröffnete dort „Schlüters Café“, ab 1976 war es die „Halberstädter Bierstube“. Das Eckgebäude im Sanierungsgebiet Altstadt hat aber vor allem große stadtgeschichtliche Bedeutung. Hier sprach etwa zwischen 1620 und 1660 Melchior Hoffmann als Schultheiß von Halle Recht.

Jetziger Eigentümer seit Ende 2011

Dem heutigen Eigentümer aus Berlin gehören auch die beiden unbebauten Grundstücke neben dem Streitobjekt in der Kleinen Rathausstraße sowie das Eckhaus an der Großen Steinstraße. Die Brüderstraße 7 hat er Ende 2011 dazugekauft. Für 80.000 Euro, der Verkehrswert des unsanierten Hauses war 2012 auf 90.000 Euro festgelegt worden. Er sei davon ausgegangen, dass das Denkmal ein Abrisshaus sei, argumentierte er. Auf allen Grundstücken plant er den Bau eines Pflegeheims. Nachdem das Landesverwaltungsamt als oberste Denkmalschutzbehörde den Abriss verweigert hatte, hatte der Investor angeboten, an eine auf das Erdgeschoss aufgesetzte Stahlkonstruktion die Fassade mit Originalteilen zu hängen und das Dach zu erhalten. Innen sollte alles weggerissen, die Geschossdecken des benachbarten Pflegeheimes durchgezogen werden. Doch auch diese Variante hatte das Landesverwaltungsamt abgelehnt: Das Haus wäre dann kein Denkmal mehr. Der Eigentümer klagte.

Das Verwaltungsgericht Halle hatte im vergangenen Jahre den Abriss erlaubt. Das Gebäude sei laut Gutachten tatsächlich ein „Abrisshaus“, also in einem derart desolaten Zustand, dass eine Sanierung durch Austausch-Teile einem Neubau gleichkäme. Zudem sei die Sanierung, die auf 2,25 bis 3,1 Millionen Euro veranschlagt wurde, wirtschaftlich nicht zumutbar. Es sei deshalb nicht mehr denkmalwürdig.

Zerfall der Bausubstanz geht weiter

Das hat das Oberverwaltungsgericht nun anders gewertet. Das Haus Brüderstraße sei weiter ein Kulturdenkmal, der Status auch mit dem nachträglichen Substanzverlust nicht entfallen. Auch nicht nach der Erneuerung. Der Eigentümer habe zudem das Haus in Kenntnis der Altlasten und des Denkmalstatus erworben.

Die Rettung für das Fachwerkhaus bedeutet diese Entscheidung aber keineswegs: Der Zerfall der Bausubstanz geht weiter. Der Denkmal-Verein Arbeitskreis Innenstadt hatte ein Kaufangebot gemacht und den Verkehrswert in Höhe von 90.000 Euro geboten. Der Investor hatte stets betont, das kleine Pflegeheim ohne das 330 Quadratmeter große Grundstück Brüderstraße 7 nicht verwirklichen zu können. (mz)