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120 Meteoriteneinschläge 120 Meteoriteneinschläge: An der Uni Halle gibt es eine der ältesten Sammlungen Deutschlands

19.02.2020, 09:15
Sammlungsleiter Degen zeigt einen Pallasit aus der Meteoritensammlung
Sammlungsleiter Degen zeigt einen Pallasit aus der Meteoritensammlung dpa-Zentralbild

Halle (Saale)/Berlin/Gifhorn - Die Universität Halle digitalisiert eine der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands. Damit ist sie bald allen Interessierten zugänglich. Die 1866 gegründete Sammlung wird bis heute fortgeführt - dabei suchen Meteoritenforscher heute nicht mehr nur nach den großen Gesteinsbrocken.

Meteoriten sind bis zu 4,6 Milliarden Jahre alt, Zeugen der Entstehung des Sonnensystems - doch ihr Wert wurde bis vor kurzem selbst an einer der ältesten Sammlungen Deutschlands, an der Martin-Luther Universität Halle, unterschätzt. Die seit 1866 gesammelten Gesteinsbrocken aus dem Weltall lagen jahrelang in einer Vitrine auf einem Institutsgang. „Im Nachhinein war das riskant. Jeder hätte mit einem Gegenstand das Glas zertrümmern und die Objekte stehlen können. Als komplette Sammlung ist sie mehrere tausend Euro wert“, sagt der Leiter der Meteoritensammlung der Uni Halle, Thomas Degen.

Meteoritensammlung der Uni Halle: „Sammlung wird gesichert aufbewahrt und nur für die Lehre benutzt“

Heute ist das anders: „Die Sammlung wird gesichert aufbewahrt und nur für die Lehre benutzt“, sagt Degen. Die Objekte sind als Leihgaben für Ausstellungen begehrt und sollen künftig auch Laien einsehbar sein - auf modernste Art und Weise: „Die Meteoriten werden derzeit in einer digitalen Datenbank erfasst und sind damit allen Interessierten zugänglich“, erklärt er.

Bis heute sind in Halle Teile von 120 Meteoriteneinschlägen zusammengekommen, mehr als 130 Einzelstücke. „Die Stücke stammen aus der ganzen Welt, unter anderem aus Russland, Australien, Kanada und den USA“, sagt Degen. Viele Funde wurden von Forschern nach Halle geschickt - zum Beispiel ein Meteorit, der 1822 in der Atacama-Wüste in Chile gefunden wurde. Die meisten Meteoriten wurden von Kleinstplaneten, den Asteroiden, abgeschlagen. Es gibt aber auch einige deutlich jüngere Meteoriten vom Mond und Mars.

Meteoritensammlung der Uni Halle: „Objekte wurden mit Teufel und Dämonen in Zusammenhang gebracht.“

„Nur langsam setzte sich im 18. Jahrhundert die Erkenntnis durch, dass die vom Himmel fallenden glühenden Steine direkt aus dem Weltall stammen“, erzählt Degen. „Im Mittelalter herrschte Aberglauben und die Objekte wurden mit Teufel und Dämonen in Zusammenhang gebracht.“

Allgemein habe man sich früher mit Meteoriten nicht beschäftigt, sagt auch der Meteoritenexperte Rainer Bartoschewitz aus Gifhorn (Niedersachsen). „Die Wissenschaftler haben die Leute verlacht, die gesagt haben, dass Steine vom Himmel fallen. Die Meteoriten waren Kuriosa, aber sie wurden wenigstens nicht weggeworfen. Den Aufbau von Sammlungen verdanken die Universitäten interessierten Persönlichkeiten, meist Chemikern oder Biochemikern.“

Meteoritensammlung der Uni Halle: Auch nach über 150 Jahren wird weiter gesammelt

In Halle wird auch nach über 150 Jahren weiter gesammelt. „Vor zwei Jahren rief ein Mann an und sagte, dass er in seinem Gartenhaus einen Meteorit gefunden hat“, erzählt Degen. „Der Mann sagte noch, dass der Meteorit durch sein Dach und die Couch geschlagen war. Die Versicherung habe ihm das Ganze auch als Meteoritenschaden bezahlt, sagte er.“ Leider habe sich der Mann nicht mehr gemeldet: „Damit bleiben nur Vermutungen.“

Den letzten Meteoriteneinschlag auf dem Gebiet von Sachsen-Anhalt gab es 1985 bei Salzwedel. Doch wer sich den Stein ansehen will, muss nach Berlin ans Naturkundemuseum, wo der Salzwedeler Meteorit bis heute liegt. „Das war ein kleiner schwarzer Stein, wie ein Kiesel“, sagt der Leiter der dortigen Meteoritensammlung, Ansgar Greshake. „Der Meteorit kam vom Westen, überquerte die damals innerdeutsche Grenze und flog bei Salzwedel gegen einen Pappelbaum. Das Ganze ist von einem kleinen Schuljungen beobachtet worden.“

Meteoritensammlung der Uni Halle: Es gibt schon welche für einen Euro das Gramm

Am nächsten Tag habe der Junge zusammen mit seinem Lehrer auf dem Acker suchen dürfen - und den Stein tatsächlich gefunden. „Den hat er dann nach Berlin gebracht, um ihn untersuchen zu lassen und es war ein Meteorit. Als Belohnung konnte sich der Junge bei uns einen glitzernden Stein aussuchen“, erzählt Greshake.

Früher habe man in Meteoriten keinen materiellen Wert gesehen. „Heute bekomme ich viele Anrufe von Leuten aus der ganzen Welt, die wollen wissen, was ihre Meteoriten wert sind“, sagt Greshake. „Für Meteoriten vom Mars und Mond bezahlen Sammler 800 bis 1.000 Euro pro Gramm, aber es gibt schon welche für einen Euro das Gramm.“

Meteoritensammlung der Uni Halle: 54 Meteoritenfundein Deutschland

Einschläge von Meteoriten in der Erde sind sehr selten. Laut Greshake wurden bislang 54 Meteoritenfunde auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland bestätigt. Interessant war der Einschlag von drei Brocken 2002 in Bayern und Österreich. Mit dem Ereignis mussten sich sogar die Gerichte beschäftigen, die den Fund als Schatz einstuften. Das Land Bayern kaufte den Findern einen Teil ab. Die bayerische Hälfte befindet sich in der Staatssammlung München.

Besonders interessant sind für Forscher mittlerweile Mikrometeoriten - 0,2 bis 0,3 Millimeter kleine Körnchen außerirdischen Staubs. „Optisch kann man diese kleinen Kügelchen, die beim Eintreten in die Erdatmosphäre aufgeschmolzen sind, kaum von etwas anderem unterscheiden“, sagt Bartoschewitz. „Die Untersuchung ist sehr aufwendig, weil jedes einzelne Kügelchen ausgewertet werden muss.“

Am Berliner Naturkundemuseum läuft ein Bürger-Wissenschaft-Projekt, bei dem Laien lernen, wie man die Mikrometeoriten in Staub, der meist von Berliner Dächern gekehrt wird, unter dem Mikroskop erkennt. (dpa)

Thomas Degen, Sammlungsleiter einer der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands, sitzt in seinem Büro in der Universität Halle.
Thomas Degen, Sammlungsleiter einer der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands, sitzt in seinem Büro in der Universität Halle.
dpa-Zentralbild
Ein Eisenmeteorit liegt in der Meteoritensammlung der Universität Halle.
Ein Eisenmeteorit liegt in der Meteoritensammlung der Universität Halle.
dpa-Zentralbild
Verschiedene Meteoriten liegt in der Meteoritensammlung
Verschiedene Meteoriten liegt in der Meteoritensammlung
dpa-Zentralbild
Thomas Degen, Sammlungsleiter einer der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands, sitzt in seinem Büro in der Universität Halle.
Thomas Degen, Sammlungsleiter einer der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands, sitzt in seinem Büro in der Universität Halle.
dpa-Zentralbild
Thomas Degen, Sammlungsleiter einer der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands, sitzt in seinem Büro in der Universität Halle.
Thomas Degen, Sammlungsleiter einer der ältesten Meteoritensammlungen Deutschlands, sitzt in seinem Büro in der Universität Halle.
dpa-Zentralbild