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Volksverhetzung in Vockerode Volksverhetzung in Vockerode: Ankündigung zur Brandstiftung oder Warnung?

Von Andreas Behling 24.05.2018, 11:56

Dessau/Vockerode - Die Erinnerungen an das Geschehen können nur noch lückenhaft sein. Zu lange zurück liegt die Auseinandersetzung vor der Asylbewerberunterkunft in Vockerode. Ereignet hatte sie sich am Abend des 30. März 2013. In die soll ein Mann aus Oranienbaum-Wörlitz involviert gewesen sein.

Staatsanwältin Julia Legner wirft dem 29-Jährigen Volksverhetzung vor. Ob das zutrifft, prüft die 4. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau derzeit umfassend. Der Vorsitzende Richter Thomas Knief hat vier Verhandlungstage anberaumt.

Die Berufungsinstanz ist gefordert, weil das Oberlandesgericht Naumburg der Revision der Anklagebehörde folgte und den Freispruch des Angeklagten aufhob.

Zur Begründung hieß es, die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die sich auf die Verhandlung im Februar vorigen Jahres bezogen, würden sehr wohl eine Verurteilung wegen Volksverhetzung rechtfertigen. Der Angeklagte und sein Verteidiger Jan-Robert Funck bleiben hingegen dabei, dass der Tatvorwurf unzutreffend ist. Darüber hinaus verzichteten sie auf Angaben zur Sache.

Gleichwohl gibt es keinen Zweifel, dass sich der 29-Jährige seinerzeit mit zwei weiteren Männern - sie sind inzwischen rechtskräftig verurteilt und werden am 8. Juni als Zeugen gehört - vor der Unterkunft an der Straße der Jugend aufhielt.

Allerdings ist strittig, ob er aufwiegelnd in Erscheinung trat. Gefallen sein sollen die Sätze: „Rostock wird sich wiederholen. Es gibt hier so viele Nazis, dass bis zum Sommer die Hütte brennt.“

Nur wird es wohl eine Frage der Würdigung sein, wie die Worte zu interpretieren sind. Als Ankündigung einer Brandstiftung? Oder als Warnung, die ein besorgter Bürger formulierte, um die Polizei besonders zu sensibilisieren?

Der Verteidiger erhielt zur Antwort, sein Mandant habe zwar laut gesprochen, sich jedoch nicht die Seele aus dem Leib gebrüllt. Zudem hätten sich die Flüchtlinge „gut und gern drei Eingänge entfernt“ aufgehalten. Auch gingen die Einschätzungen der Zeugen zum Prozessauftakt auseinander, ob der in Oranienbaum lebende Angeklagte der rechtsgerichteten Szene zuzuordnen ist.

Einer der damals am Einsatz beteiligten Polizisten meinte, da der Angeklagte selten nüchtern gewesen sei, wenn er ihm begegnete, würde er ihn in die „Neigungsgruppe Alkohol“ einsortieren. Verbal recht aggressiv und aufgebracht habe sich der Mann aus seiner Warte immer verhalten.

Das sei seinerzeit in Vockerode nicht anders gewesen. „Er hat sich aufgeregt, dass ich fotografierte und schimpfte immer langhin“, bemerkte der Zeuge. Es seien die Worte „Bimbos“, „Ausländerpack“ und „Kanaken“ gefallen. Weil es an dem Abend wohl noch einen Flaschenwurf gab, wofür herumliegende Scherben sprachen, so die Erinnerung eines Wachmanns, sei der Angeklagte eher schlichtend und mit der Forderung aufgetreten, besser die Polizei zu verständigen.

Auch sei von Seiten der Asylbewerber an dem Abend, als richtig Remmidemmi herrschte, renitentes Verhalten zu beobachten gewesen. Einer habe zum Beispiel immer mit den Rufen „Nazis! Faschisten! Terroristen!“ provozieren wollen.

Als Knief den ersten Prozesstag vorzeitig beendete, weil die Geräuschkulisse, die aus der Baustelle in der Tiefgarage zu hören war, zunehmend nervte - „Ich habe meinen Ruf als misslauniger Nörgler schon verdient. Aber Bauarbeiten haben dem Gericht zu dienen - und nicht umgekehrt“, kommentierte der Vorsitzende -, zeichnete sich zudem ab, dass noch mit zusätzlichen Zeugen gerechnet werden kann. Sowohl der Verteidiger als auch die Staatsanwältin hatten sich weitere Namen notiert. (mz)