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Premiere beim Heimatfest Branderoda Premiere beim Heimatfest Branderoda: Wein vom schiefen Hang

Von Diana Dünschel 26.05.2018, 11:00
Beim Erzählcafé zum Thema „Weinberg Branderoda“ im Wirtshaus „Drei Linden“ des Dorfes weckten historische Fotos viele Erinnerungen.
Beim Erzählcafé zum Thema „Weinberg Branderoda“ im Wirtshaus „Drei Linden“ des Dorfes weckten historische Fotos viele Erinnerungen. Peter Wölk

Branderoda - Der Wein aus Branderoda kommt erstmalig groß raus. Beim Weinblüten- und Heimatfest am 15. und 16. Juni am „Alten Schafstall“ gibt es den Bacchus vom Weinberg am „Schiefen Hang“ in einer Sonderedition mit Spezialetikett. Das verriet der Vorsitzende des Heimatvereins Branderoda, Klaus Popko, im Rahmen der Vorbereitung des kulturellen Höhepunkts.

Demnach bereitet die Winzervereinigung Freyburg-Unstrut eG einen 2017 gelesenen und 2018 abgefüllten trockenen Bacchus mit Weinanteilen aus Branderoda extra für dieses Wochenende zum Verkauf vor. Er wird „Der schiefe Hang“ heißen, und im Hintergrund des Etiketts wird eine entsprechende Ansicht aus Branderoda prangen.

So wird 70 Jahre nach Fertigstellung der Weinbergsiedlung des Dorfes, 55 Jahre nach der ersten Weinblüte und 50 Jahre nach der Fertigstellung des genossenschaftlichen Weinbergs die Rebensaft-Tradition geehrt. Immerhin gab es in Branderoda einmal mit zwölf Hektar den größten zusammenhängenden Weinberg in der DDR.

Heimatverein will alte Erinnerungen vom Weinberg beim Fest wieder aufleben lassen

Neben dem Wein zum Kaufen und Trinken möchte der Heimatverein alte Erinnerungen vom Weinberg beim Fest wieder aufleben lassen. Da traf es sich gut, dass die Mutter von Klaus Popko einst selber im Branderodaer Weinberg arbeitete und über ein Fotoalbum davon verfügt. Zudem gibt es aus den Anfangszeiten der Arbeiten im Weinberg Filme. Beides, Fotos und Filme, hatten auch schon ihre erste öffentliche Aufführung bei einem Erzählcafé zum Thema, zu dem der Heimatverein in das örtliche Wirtshaus „Drei Linden“ eingeladen hatte und das recht gut besucht war.

Zweck dieses Erzählcafés war es, persönliche Erlebnisse zum Weinberg aus dem Gedächtnis hervorzukramen und weiterzugeben. Denn der Autor und freie Journalist Michael Bark will gemeinsam mit dem Landesheimatbund und dem Weinmuseum auf Schloss Neuenburg bei Freyburg bei der Erstellung einer Festschrift helfen, die ebenfalls zum Heimatfest erscheinen soll. Dazu sollen neben Dokumenten und Fotos persönliche Erzählungen Bestandteil sein. Tatsächlich wurde dann auch bei Kaffee und Kuchen so manche Anekdote zum Besten gegeben.

So schwärmen die heutigen Branderodaer Senioren immer noch vom wunderbaren Skihang, wo heute der Weinberg steht. Als Jugendliche haben sich einige in den Ferien Geld dazu verdient, indem sie beim Anlegen neuer Reihe die Drähte zum Befestigen der Pflanzen zogen. Ehemalige Arbeiterinnen des Weinbergs berichteten, wie sie mit Hilfe von Topfdeckeln die Stare vertrieben. Kinder wurden von ihnen wohl auch so manches Mal verscheucht, als sie versuchten, ein paar der süßen Trauben zu stibitzen.

Der in Branderoda angebaute Wein war schon immer trocken und nicht lieblich

Derweil freuten sich die LPG-Mitglieder nach der Lese und Verarbeitung der Trauben über Wein-Deputate, denn niemand kann sich erinnern, dass es den abgefüllten Branderodaer Wein jemals im Laden gegeben hat. Wer damals in den Kellern aber mal probieren wollte und auf ein süßes Getränk hoffte, verzog schnell den Mund. Denn der in Branderoda angebaute Wein war schon immer trocken und nicht lieblich. Nur einmal bekamen wohl die Pfingstburschen als Dank für das Aufstellen der Maien einen selbst angesetzten Wein, der nach vielen Jahren Lagerung und dank reichlicher Zugabe von Zucker wie ein süßer Aperitif geschmeckt haben muss und die Männer wie die Fliegen hat umfallen lassen.

Ob es jener Wein war, der mit der „Stöverkanne“ zu tun hatte? Denn auch ein Fest dieses Namens gehörte in Branderoda dazu. Ursprünglich entstand der Begriff, weil nach der offiziellen Weinlese die Winzer noch einmal die Weinberge nach hängen gebliebenen Trauben „durchstöverten“, wobei der Begriff stövern, stöbern, soviel heißt wie suchen. Daraus kelterten sie den Wein, der dann zum „Stöverkannen“-Fest getrunken wurde. (mz)

Der Vorsitzende des Heimatvereins Klaus Popko hatte das Erzählcafé vorbereitet.
Der Vorsitzende des Heimatvereins Klaus Popko hatte das Erzählcafé vorbereitet.
Peter Wölk