1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Dieter Gilfert : Dieter Gilfert : So sieht der Arbeitstag des Künstlers aus

Dieter Gilfert  Dieter Gilfert : So sieht der Arbeitstag des Künstlers aus

Von Kai Agthe 08.05.2018, 08:00
Dieter Gilfert
Dieter Gilfert Stedtler

Hallle (Saale) - In Dieter Gilferts eigenen vier Wänden ist man von lauter Gilferts umgeben. Das Werk des halleschen Künstlers ist viel zu umfangreich, als dass die Gemälde, Zeichnungen und Drucke allein in Schränken verstaut werden könnten. Und so lugen hier und da jene liebenswerten, meist aus wenigen zarten Strichen geschaffenen Wesen in die Welt, die zu seinem Markenzeichen geworden sind. Hat man einmal eine Arbeit Gilferts gesehen, wird man seine Werke immer wieder erkennen. „Das höre ich oft“, entgegnet der 1953 in Landsberg geborene Künstler, wenn man ihn auf den Wiedererkennungswert seiner Werke anspricht.

Gilferts figürliche Arbeiten, gleich ob Gemälde oder postkartengroße Aquarellzeichnungen, sind vor allem den menschlich-allzumenschlichen Momenten gewidmet: Von einem über beide Ohren strahlenden Mädchen mit Zahnlücken über Rotkäppchen mit dem Wolf, die gemeinsam den für die Großmutter bestimmten Rotwein trinken, bis hin zu kleinen drallen Engeln reicht die Palette allein auf Gilferts Kleinformaten. Diese meist humorvollen Zeichnungen laden auch auf der Internetseite des Künstlers zum Verweilen und zum Erwerb ein, denn die postkartengroßen Originale gibt es bereits für kleines Geld.

Mit Dieter Gilfert durch das Jahr

Zuletzt waren Gilferts Arbeiten in einer Ausstellung der Galerie im cCe-Kulturhaus Leuna zu sehen, deren weite Wandflächen er mühelos mit Acryl-Tafelbildern, Zeichnungen und Assemblagen, das heißt: Collagen mit plastischen Objekten, füllen konnte. Doch nach der Ausstellung ist vor der Ausstellung. Ab 15. August sind Werke in der Galerie „Kunst im Keller“ in Halles Ludwig-Wucherer-Straße 36 zu sehen, die mit der Gilfert-Schau ihr 20-jähriges Bestehen feiert.

Man kann sich von Dieter Gilfert aber auch durch das Jahr begleiten lassen: Seit 2009 erscheinen seine „Amoreros“ betitelten Kalender. Momentan arbeitet der Künstler an den Monatsblättern für das Jahr 2019.

Als Jugendlicher wäre er gern Pilot geworden, auch wenn das bedeutet hätte, sich für zwölf Jahre bei der Nationalen Volksarmee zu verpflichten. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er das Hobby, das er als begeisterter Segelflieger in Laucha (Unstrut) ausübte, dann doch nicht zum Beruf machen. Da die friedliche Revolution 1989 auch den ostdeutschen Himmel demokratisierte, praktizierte Gilfert nach 1990 das Drachenfliegen. „Das taucht auch in meinen Arbeiten auf.“ Tatsächlich: Auf mehreren Miniatur-Aquarellen sieht man einen kleinen Drachenflieger, der, auf einer Anhöhe stehend, eher skeptisch blickt. Das müsste er gar nicht: Denn wie andere Kleinstaquarellzeichnungen beweisen, widerstehen Gilferts Wesen sogar der Schwerkraft. Der Künstler selbst zieht schon lange nicht mehr am Himmel seine Kreise, sondern mit dem Fahrrad seine Runden durch Halle und Umgebung.

„Das Einzige, was ich mir neben dem Beruf des Piloten noch vorstellen konnte, war die Kunst“, so Gilfert. Also wagte der Schüler die Aufnahmeprüfung an Halles Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Er wurde angenommen und studierte zwischen 1973 bis 1976 Malerei und Grafik an der damaligen Hochschule für industrielle Formgestaltung. Es folgten zwei Jahre als künstlerischer Mitarbeiter am Institut für Architekturemaille in Thale, wo Gilfert etwa Arbeiten von Willi Sitte auf Emailleplatten übertrug. Seit 1978 freischaffend, wurde er 1979 in den Verband der Bildenden Künstler der DDR gewählt.

Die kleine Kunstwelt von Dieter Gilfert wächst

Wie sehen seine Arbeitstage heute aus? Am Vormittag und am Abend sei er vor allem am Zeichentisch oder an der Staffelei zu finden. „Manchmal ist die Arbeit aber stimmungs- und wetterabhängig“, gesteht Gilfert. Andere Künstlerkollegen sind gern in der Welt unterwegs. Wohin drängt es ihn? „Ich habe kein großes Fernweh. Das kann wohl nur heißen, dass ich mich hier wohlfühle“, sagt Dieter Gilfert.

Im Rückblick sei die Entscheidung für die Kunst eine richtige gewesen. „Außerdem ist sie nicht so gefährlich wie das Fliegen.“ Natürlich hatte der Künstler vor 1989, auch dank dieses und jenes staatlichen Auftrags, ein anderes Ein- und also Auskommen als nach 1990. „Ich hatte zunächst Angst, nicht mehr von der Kunst leben zu können.“ Also suchte er sich einen Geldberuf, in dem er sich aber nicht wohl fühlte und deshalb wieder die freie Künstlerexistenz wählte. „Heute kostet es aber ungleich mehr Zeit, die Kunst an den Mann oder die Frau zu bringen“, so Gilfert. Dennoch arbeitet er unverdrossen an jener Welt, die mit jedem zarten Strichwesen um einen weiteren liebenswerten Bewohner wächst.

››Einblick in das Werk unter:

www.dieter-gilfert.de (mz)

Übermenschlich: Dieter Gilferts „Herkules“.
Übermenschlich: Dieter Gilferts „Herkules“.
dieter gilfert
Verloren: „Figur (Raster)“.
Verloren: „Figur (Raster)“.
Dieter Gilfert
Abgehoben: „Traum“.
Abgehoben: „Traum“.
Dieter Gilfert