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Das vorerst letzte Derby Das vorerst letzte Derby: Wie der FCM den HFC abgehängt hat

Von Christoph Karpe 28.04.2018, 08:02
Beim 2:1 im Hinrundenspiel war noch Feuer in der Partie. Philip Türpitz (r.) und Marvin Ajani (5. v. r.) waren mit Roten Karten vom Feld geflogen.
Beim 2:1 im Hinrundenspiel war noch Feuer in der Partie. Philip Türpitz (r.) und Marvin Ajani (5. v. r.) waren mit Roten Karten vom Feld geflogen. IMago

Halle (Saale)/Magdeburg - Eine Zahl sagt alles: 5.135. So viele Tickets waren bis Freitagnachmittag abgesetzt. Für das Derby an diesem Sonnabend, für das einst elektrisierendste Spiel, das Sachsen-Anhalts Fußball zu bieten hatte. 12.503 Fans waren im Januar 2016 in Halles Erdgas Sportpark zu diesem Duell geströmt, als der Hallesche FC und der 1. FC Magdeburg hier erstmals in der dritten Liga aufeinander trafen.

Ausverkauft - wegen der Sicherheitspuffer zwischen den Fanblöcken. Fans hatten Schlange nach den Tickets gestanden. Und nun? Zwei Jahre später ist der Reiz eines Fußballspiels zwischen den alten Rivalen verflogen. Vielleicht wollen es diesmal noch 7.000 Menschen sehen. Dabei ist es auf nicht absehbare Zeit das letzte Derby. Die aus Halles Sicht so ernüchternde Zahl ist erklärbar. Sie ist die Konsequenz einer Vielzahl von Ereignissen und gegensätzlichen Entwicklungen in den letzten drei Jahren.

Der HFC wurde vom FCM überholt

„Die Brisanz ist nicht mehr da“, sagt Magdeburgs Trainer Jens Härtel. Recht hat er. Seine Mannschaft hat am letzten Wochenende mit einem 2:0-Sieg über Fortuna Köln den Aufstieg eingetütet. Die Blauen kommen als künftiger Zweitligist zu einem Verein, der seit Jahren auf der Stelle tritt.

Einst war der HFC die Nummer eins im Land. Der FCM hat die Rot-Weißen überholt und gilt - natürlich hinter vorgehaltener Hand - inzwischen in Halle als Vorbild. Wegen einer klug geplanten, zielgerichteten Strategie, die nun in die zweite Liga führt.

Der HFC verfolgte zwar das gleiche Ansinnen, hätte sich dabei aber fast übernommen. Als einstiger Vorzeige-Klub für angeblich so solides Wirtschaften stand er vor zwei Monaten vor einem 1,4-Millionen-Euro-Loch. Nahe am Abgrund wurde gerettet was das Zeug hält. Auch wenn die Lizenz für die kommende Spielzeit noch nicht endgültig vom DFB vergeben wurde, weil er noch Sponsoren-Verträge sehen möchte, der HFC sollte sie erhalten.

Euphorie in der MDCC-Arena, Ernüchterung im Erdgas Sportpark

Doch schon jetzt zeichnet sich ab: Der künftige Kader von Neu-Trainer Torsten Ziegner dürfte auf dem Papier kaum die Klasse des jetzigen haben. Der Etat wird um etwa 800.000 Euro auf rund sechs Millionen Euro geschrumpft. Sportchef Ralf Heskamp warnt schon mal vor: „In der kommenden Saison geht es für uns erst einmal nur um den Klassenerhalt. Vielleicht können wir ja trotzdem überraschen.“

Magdeburg steht dagegen prächtig da. Finanziell schon allein dank seiner Fans. 18.002 kommen im Schnitt zu den Heimspielen. In Halle sind es 6.075 - Tiefstwert in nun sechs Drittliga-Jahren. Die monetäre Differenz: Magdeburg erwirtschaftet allein durch Zuschauer-Einnahmen pro Saison etwa zwei Millionen Euro mehr. Geld, das klug in den Kader investiert wurde. Mit künftig einem Etat von etwa 13 Millionen Euro kann der FCM auch in Liga zwei bestehen.

Sofern das gelingt gibt es eben keine Derbys mehr. Ein Zweitliga-Aufstieg des HFC kommt aktuell als Fata Morgana daher. Ein Gutes hat der FCM-Aufstieg für den HFC: Wenn sich die Hallenser nicht total blamieren, können sie auf Jahre den Landes-Cup gewinnen und das höchst willkommene Startgeld für den DFB-Pokal kassieren. Falls es Fortuna tatsächlich will, könnte die Glücksgöttin beide Klubs in jenem Wettbewerb doch noch einmal zusammenführen.

FCM-Fans boykottieren das Spiel in Halle

Die vormals pure Derby-Stimmung wurde noch dazu durch ein tragisches Ereignis zerstört. Seit dem Tod von FCM-Fan Hannes S. im Spätherbst 2016 boykottieren Magdeburger Anhänger die Duelle in Halle. So auch an diesem Sonnabend. Nie wurde aufgeklärt, ob HFC-Fans Schuld am tödlichen Sturz des jungen Mannes aus einem Regionalzug tragen. Die Ermittler fanden dafür keine Beweise. Das FCM-Lager ist trotzdem überzeugt davon.

Aber was passiert nun an diesem Samstag sportlich. Der Hallesche FC lechzt nach dem Trostpflaster, dem ersten Punktspiel-Sieg über den Favoriten in Liga drei. Allein deshalb sei „die Luft nicht raus“, wie HFC-Trainer Rico Schmitt betont. Auch Kollege Härtel erwartet keinen Sommerkick. Schließlich hat der FCM tatsächlich noch ein Ziel deklariert: die Drittliga-Meisterschaft. „Deshalb gehen wir das Spiel mit voller Konzentration an.“

Fetschs Versprechen: „Wir spielen nicht mit Halbgas“

Für Schmitt ist es auch die letzte Gelegenheit, seine „miese Bilanz“ gegen Magdeburg ein klein wenig aufzupolieren. In der Relegation mit Offenbach ist er 2015 nach zwei Pleiten gescheitert. In den Punktspielen mit dem HFC gelang unter ihm lediglich ein 1:1-Unentschieden in der letzten Saison - zwei Niederlagen. Im Pokal gewann er nur einen von drei Prestige-Vergleichen. Und Schmitt ahnt: „Härtel wird von seinen Feierbiestern alles einfordern.“ Da heiße es für die Seinen, die sich nach der Saison fast sämtlich in alle Winde verteilen, „den Job zu machen“.

Seine Spieler jedenfalls haben Bock drauf. „In welchem Zustand die Magdeburger auch immer hier auftreten“, sagt HFC-Stürmer Mathias Fetsch in der Vermutung langer Partynächte des Gegners, „ist uns egal. Wir spielen nicht mit Halbgas.“

Doch auch eines weiß Schmitt genau: „Nicht der letzte Eindruck zählt, sondern der erste:“ Heißt: Sollte der HFC jetzt gewinnen, wäre es reichlich zu spät, das Gesamtbild zu korrigieren.

(mz)