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Treffen vom Kyffhäuser zieht um Kyffhäusertreffen: Rechter AfD-Flügel trifft sich in Sachsen-Anhalt

Von Hagen Eichler 26.04.2018, 13:16
Imposant und hoch oben über der Unstrut gelegen: Schloss Burgscheidungen. 2007 wurde es von Bernd Artinger erworben, ein Jahr später begann die Revitalisierung.
Imposant und hoch oben über der Unstrut gelegen: Schloss Burgscheidungen. 2007 wurde es von Bernd Artinger erworben, ein Jahr später begann die Revitalisierung. privat

Lustige Streiche mit zugeklebten Wasserhähnen, Pyrotechnik im Unterricht, eingesperrte Lehrerinnen: Auf Schloss Burgscheidungen war schon einiges los. 2016 drehte die Ufa dort den Zwillings-Jux „Hanni und Nanni“, das Barockschloss oberhalb der Unstrut fungierte als Internat „Lindenhof“. Jetzt wird Burgscheidungen (Burgenlandkreis) erneut zum Schauplatz – aber nicht für einen Mädchenfilm.

Am 23. Juni möchte der Rechtsaußen-Flügel der AfD dort 1.000 Getreue versammeln. Das sogenannte Kyffhäuser-Treffen zieht von Thüringen in den Süden Sachsen-Anhalts.
Eingefädelt hat das André Poggenburg, vor kurzem noch Chef des AfD-Landesverbands und der Landtagsfraktion.

Die bislang genutzte Gastwirtschaft unterhalb des Kyffhäuser-Denkmals habe einfach nicht mehr ausgereicht, sagt Poggenburg. „Wir hatten jedes Mal deutlich mehr Anfragen als freie Plätze, es gab dadurch schon Missstimmungen.“

Im Burgenlandkreis soll das Treffen der rechten AfD-Strömung „Der Flügel“ nun weiter wachsen. Am Namen Kyffhäusertreffen wollen die Organisatoren trotz der Verlegung festhalten.

Als Redner gesetzt sind die „Flügel“-Chefs: Poggenburg und der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Sein Kommen hat indes auch AfD-Bundeschef Jörg Meuthen angekündigt. Die geplanten Reden: national bis völkisch. „Die Leute möchten bei diesem Treffen natürlich Klartext hören“, sagt Poggenburg.

Ihn selbst hat eine solche „Klartext“-Rede seine beiden Spitzenämter gekostet. Am Aschermittwoch hatte er die türkische Gemeinde in Deutschland als „Kameltreiber“ beleidigt, die in Deutschland nichts zu suchen hätten.

Die AfD geriet so stark unter Druck, dass ihm der Bundesvorstand eine Abmahnung erteilte und die Landtagsfraktion das Vertrauen entzog. Jetzt ist Poggenburg Landtagsabgeordneter in der zweiten Reihe und AfD-Kreisvorsitzender im Burgenlandkreis.

Der Besitzer von Schloss Burgscheidungen ahnt, dass ihm die rechten Gäste viel Aufmerksamkeit verschaffen werden - und auch negative Schlagzeilen. „Vielleicht ist die Vermietung ja ein Fehler gewesen“, sagt Bernd Artinger. „Vielleicht war ich da naiv.“

Er sei kein AfD-Wähler, betont er. „Aber die AfD hat höflich angefragt und ich habe zugesagt. Es ist eine geschäftliche Entscheidung.“ Vor dem Ostflügel darf die AfD ein Riesen-Zelt aufstellen, auch einzelne Räume im Schloss werden genutzt.

Vor zehn Jahren hat der aus München stammende IT-Unternehmer das historische Gebäude gekauft. Für den Unterhalt bekomme er keine öffentlichen Mittel, betont er. „Wir haben das mit viel Liebe, Zeit und Geld vor dem Verfall gerettet.“ Gerade jetzt gebe es im Kupferdach ein Loch. „Ich brauche hier jeden Cent.“

An die NPD, sagt er, würde er nicht vermieten. Gegen die AfD aber gebe es kein Verbotsverfahren, sie sei im Bundestag vertreten. „Ich vermiete deshalb, so wie ich das Schloss auch an die SPD oder die CDU vermieten würde.“

Die Christdemokraten waren sogar selbst einmal Herren auf Burgscheidungen: Von 1955 bis 1990 betrieb die DDR-CDU dort ihre Parteischule. Tausende von Funktionären wurden in der Zeit ideologisch auf Kurs gebracht.

AfD-Gegner planen bereits jetzt eine Gegenveranstaltung. Zu den Organisatoren gehört Johannes David, er stammt aus dem Nachbarort Kirchscheidungen und lebt heute in Leipzig. „Das sind Figuren, die mir nur noch Angst machen“, sagt er über die Spitzenleute des Kyffhäusertreffens. Höcke und Poggenburg verbreiteten offen Rassismus. „Und das steckt viele andere an. Wir haben schon jetzt eine Grund-Aggressivität bei vielen wichtigen Themen.“

Unter dem Motto „Für Menschlichkeit und Miteinander“ sollen als Gegenprogramm Künstler auftreten, auch ein Friedensspaziergang ist geplant. Es gehe ihm nicht um eine Blockade, versichert David. Man müsse aber seinen Protest zeigen können.

Mag sein, kontert Schlossbesitzer Artinger - auf seinem Grundstück aber nicht. „Wer über die Mauer klettert, bekommt auf jeden Fall eine Anzeige“, kündigt er an. (mz)