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Harzer Schmalspurbahnen  Harzer Schmalspurbahnen : Holpriger Saisonstart, weil jede Menge Loks fehlen

Von Susanne Thon 25.04.2018, 11:55
Vom Bahnhof Wernigerode aus startet die Brockenbahn ihren anstrengenden Weg auf den Gipfel des 1 141 Meter hohen Berges.
Vom Bahnhof Wernigerode aus startet die Brockenbahn ihren anstrengenden Weg auf den Gipfel des 1 141 Meter hohen Berges. Jens Kalaene/dpa

Wernigerode - Irgendwas ist immer: Waren es im vergangenen Jahr die Heizer, die die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) schlicht nicht hatte, sind es jetzt die Zugführer, die fehlen. Und: Lokomotiven. Das wirkt sich auch wieder im Selketal aus.

Am Sonnabend tritt der neue Sommerfahrplan in Kraft. Dann wird eine der beiden Dampfloks, die sonst in den Sommermonaten auf der Strecke fahren, durch einen Triebwagen ersetzt.

Sie war immer von April bis Oktober, donnerstags bis sonnabends, zwischen Quedlinburg und Eisfelder Thalmühle unterwegs. Jetzt ist die Lokomotive aber noch in Thüringen, im Dampflokwerk Meiningen.

Harzer Schmalspurbahnen: Lok wird in Tausende Einzelteile zerlegt

Alle acht Jahre würden die Loks generalüberholt, erklärt HSB-Sprecher Dirk Bahnsen. Das könne man mit einem Auto vergleichen, wenn es zum Tüv müsse.

Nur werde die Lok bei der Hauptuntersuchung in ihre Einzelteile zerlegt. Und das sind viele: 4.0000 bis 5.000.

Seit November ist die 1939 gebaute Lok schon in der Werkstatt, jedoch „nicht planmäßig fertig geworden“, so Bahnsen. Für Untersuchungen oder größere Reparaturen nutze die HSB in der Regel die Wintermonate, in denen es weniger Fahrten gebe. „Das hat bisher auch immer geklappt.“

Harzer Schmalspurbahnen: Diesmal ist der Wurm drin

Nur diesmal ist der Wurm drin. Die Dampflok aus dem Selketal ist nicht die einzige, die mit Beginn der Saison nicht fahren kann: Bahnsen zufolge sind derzeit nur 10 von 25 Lokomotiven, die zum Fuhrpark gehören, einsatzbereit. Acht sind gar nicht zugelassen.

Eine Lok wartet noch auf ihre Hauptuntersuchung, die auch wieder zwischen 600.000 und einer Million Euro kosten werde.

Jeweils zwei Loks können nicht fahren, weil Teile vom Fahrwerk noch aufbereitet beziehungsweise Antriebsteile ausgetauscht werden müssen. „Die kriegt man ja nicht aus dem Katalog“, sagt Bahnsen.

Da vergehe schon mal ein dreiviertel Jahr, bis Ersatz beschafft sei. Und bei einer weiteren Maschine stehe nach einer Kesseluntersuchung noch die Abnahme aus.

Harzer Schmalspurbahnen: Neun Dampfloks für Sommerfahrplan nötig

Um den Sommerfahrplan abzusichern, werden laut Bahnsen neun Dampfloks benötigt. Neben dem Linienverkehr gibt es noch Sonderfahrten, für die Extra-Maschinen eingesetzt werden.

Und dann müsse noch einkalkuliert werden, dass jede Lok alle paar Wochen für ein, zwei Tage ausfalle: dann, wenn der Kessel gereinigt werde, so Bahnsen, von kleineren Reparaturen ganz zu schweigen.

„Das ist zum einen dem Alter der Loks geschuldet“, sagt er. Die älteste Lok ist Baujahr 1897, die jüngste von 1956.

Zum anderen führen gerade die Brockenbahnen jeden Tag unter voller Belastung. „Das geht aufs Material.“ Da könne auch mal unplanmäßig was passieren.

Harzer Schmalspurbahnen: Schaffner und Zugführer fehlen

Doch selbst wenn alle Loks einsatzbereit wären: An der Situation im Selketal würde das momentan nichts ändern. Derzeit ist die HSB auf der Suche nach Schaffnern, um sie - bei entsprechender Eignung - weiterzubilden.

„Im Dienst fehlen acht Zugführer“, sagt Bahnsen. Ohne die gehe es aber nicht in einem mit Lok bespannten Zug. „Es bereitet uns zunehmend Schwierigkeiten, Personal zu finden“, sagt Bahnsen.

Harzer Schmalspurbahnen: Bürgermeister Marcus Weise flattern Beschwerden ins Haus

Einer, dem das alles gar nicht gefällt, ist der Harzgeröder Bürgermeister Marcus Weise (CDU). „Das ist eine hochproblematische Entwicklung und inakzeptabel“, sagt er. Ihm liege schon „eine ganze Reihe Beschwerden“ vor.

„Es kann nicht sein, dass es immer wieder auf Kosten und zu Lasten Harzgerodes geht.“ Weise kritisiert, dass das Angebot zurückgeschraubt werde, gleichzeitig aber die Preise für das Selketalbahnticket stiegen.

Das soll ab dem 1. Mai 26 statt bisher 17 Euro kosten. Der Bürgermeister ist der Meinung, dass es Highlights geben müsse, um die HSB im Selketal attraktiver zu machen.

Harzer Schmalspurbahnen: Themenzüge und andere Veranstaltungen

Das könnten Themenzüge sein - derzeit würden die Sonderfahrten im Selketal ausschließlich vom Freundeskreis Selketalbahn organisiert.

Auch eine Veranstaltung, wie es sie mit der Aufführung des Rockmusicals „Die Harzschützen“ in Kombination mit einer Zugfahrt vor Jahren schon mal gegeben habe, könne er sich vorstellen - als Pendant zur Rockoper „Faust“ auf dem Brocken.

„Die HSB kann das, sie muss es nur wollen“, sagt Weise. Stimme das Angebot insgesamt, wären die Gäste auch bereit zu zahlen, ist er überzeugt.

Harzer Schmalspurbahnen: Preiserhöhung war unumgänglich

Dass niemand in Begeisterungsstürme ausbreche, wenn etwas teurer werde, könne er verstehen, sagt Bahnsen.

Die Preise für das Selketalbahnticket und die „HarzTourCard“, zwei gern genutzte Tickets, seien allerdings zuletzt vor zehn Jahren angehoben worden. „Die Preiserhöhung war unumgänglich. 17 Euro 2008 sind nicht 17 Euro 2018“, sagt der HSB-Sprecher.

Den Ärger über die Einschränkungen im Selketal versteht er nur bedingt: „Es ist nicht so, dass dort gar kein Dampfzug fährt.“ Man wäge sorgsam ab, bevor so etwas entschieden werde.

Bahnsen macht aber auch klar, dass die Brockenbahn das Zugpferd der HSB ist: „Mit der Brockenstrecke stützen wir ja die Selketalbahn und die Harzquerbahn.“ Deshalb sei das Unternehmen bestrebt, den Fahrplan dort weitestgehend einzuhalten. (mz)