1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Technik
  6. >
  7. Das Bitcoin-Geheimnis: Das Bitcoin-Geheimnis: Macher von Steemit bauen Facebook-Alternative

Das Bitcoin-Geheimnis Das Bitcoin-Geheimnis: Macher von Steemit bauen Facebook-Alternative

Von Steffen Könau 15.04.2018, 16:00
Geld für das Leben im sozialen Netzwerk erhalten? Die auf der Blockchain-Technologie basierende Plattform Steemit will Nutzern die Möglichkeit geben, selbst von dem zu profitieren, was sie an Inhalten ins Netz stellen.
Geld für das Leben im sozialen Netzwerk erhalten? Die auf der Blockchain-Technologie basierende Plattform Steemit will Nutzern die Möglichkeit geben, selbst von dem zu profitieren, was sie an Inhalten ins Netz stellen. steemit.com

Halle (Saale) - Marc, Ana und Lucille hatten eine Idee. In acht Tagen durch Europa fahren, hier mal halten, dort mal stoppen. Und über die einzelnen Stationen der Reise im Internet berichten - samt Fotos, Essenstipps und Einkaufshinweisen.

Das Ungewöhnliche daran ist nicht die Idee, sondern der Ort, an dem die drei Reisenden ihr Publikum finden: Nicht bei Facebook, Twitter oder Google+, den vielbesuchten Netzwerken der Internetgiganten. Sondern bei Steemit.com, einer Seite, die so ziemlich alles ganz anders macht als es im Zeitalter der Selbstdarstellung üblich ist. Steemit gehört niemandem, kein Nutzer der Seite muss mit seinen Daten für den kostenlosen Service bezahlen.

Ganz im Gegenteil, wer immer auf der Seite postet, bewertet und kommentiert, wird dafür bezahlt. Steemit ist ein Netzwerk auf Basis der Blockchain-Technologie, auf der auch die berühmte Kryptowährung Bitcoin beruht. Und weil das so ist, ist Steemit nicht nur vor jedem Versuch sicher, dass eingestellte Inhalte zensiert werden. Nein, ein ausgeklügelter Mechanismus belohnt auch alle Aktivitäten, die auf der Seite entfaltet werden: Das Einstellen von Artikeln, Bildern und Videos wird ebenso vergütet wie das hier „Upvote“ genannte Liken der Artikel anderer.

Konzept von Ned Scott und Dan Larimer

Klingt schöner als es wahr sein kann. Marc, Ana und Lucille aber kassierten so im Durchschnitt mehr als 200 Dollar für jeden Reisebericht. Echte Steemit-Stars wie @infovore, @cass oder oder @guerrint brachten es mit Berichten über Kryptowährungen, Steemit in Afrika oder Schminktipps sogar schon auf Einnahmen von mehr als 20.000 Dollar, die als sogenannte Steem-Dollar ausgezahlt und über Wechselbörsen in echtes Geld umgetauscht werden können.

Ausgedacht haben sich das Konzept die beiden Kryptopioniere Ned Scott, Erfinder der blockchain-basierten Social-Media-App Appics, und Dan Larimer, Gründer der Kryptobörse BitShares und Miterfinder der derzeit sechstgrößten Kryptowährung EOS. Wo Facebook seine Mitglieder ausbeutet, indem es die von ihnen geschaffenen Inhalte nutzt, um Werbeplätze zu verkaufen, bleibt bei Steemit alles in der Familie.

Je erfolgreicher ein Posting oder letztenendes ein Nutzer mit seinen persönlichen Einträgen ist, desto lauter klingelt für ihn die Kasse. Dabei gilt ein etwas kompliziertes Verfahren, mit dem Steem in sogenannte Steem-Power umgewandelt werden kann. Je mehr Steem-Power ein Nutzer hat, desto wertvoller sind von ihm vergebene Upvotes.

Die kosten den Spender nichts, weil die Steem ihm nicht abgezogen, sondern neu generiert werden. Die wachsende Anzahl vorhandener Steem und Steem-Dollar geht dabei Hand in Hand mit der wachsenden Reichweite von steemit.com, dessen Gesamtwert sie verkörpern - derzeit sind das nach Angaben der Internetseite Coinmarketcap immerhin mehr als 700 Millionen US-Dollar.

Facebook hat ein ganzes Jahrzehnt Entwicklungsvorsprung

Trotz der gewaltig scheinenden Summe bleibt zu beachten - Facebook ist etwa das Hundertfache wert und hat derzeit noch ein ganzes Jahrzehnt Entwicklungsvorsprung. Bei Steemit, das erst vor zwei Jahren gegründet wurde, mutet vieles noch kompliziert und unfertig zugleich an.

Steemit ist, wie der Name schon sagt, eigentlich auch kein Netzwerk, sondern eine „Chain“, also Kette: Jeder Eintrag und jede Änderung eines Eintrages wird in dieser Kette aus sogenannten Blocks vermerkt, so dass alle Daten auf eine Art miteinander verschränkt sind, die Eingriffe von außen unmöglich machen. Theoretisch. Praktisch ist Steemit noch im Beta-Modus, der sich zuweilen selbst torpediert. Videos auf das angeschlossene Portal Dtube zu laden, klappt nicht immer, auch laufen sie nicht immer zuverlässig. Mittlerweile lassen sich Steemit-Einträge allerdings problemlos auf anderen Plattformen einbinden.

Eine Eigenart der Blockchain ist die Sicherheit der Nutzer vor Überwachung. Zwar verlangt Steemit die Nennung einer Telefonnummer bei der Anmeldung, das ist aber auch schon alles an Informationen was preisgegeben werden muss. Es dauert dann zwei, drei Tage, bis eine Anmeldung akzeptiert wird. Und je nach Erfolg der eigenen Einträge bei der Steemit-Gemeinde braucht es dann noch einmal mehr oder weniger viel Zeit, bis die ersten virtuellen Cent oder gar Dollar im eigenen Steem-Wallet eintrudeln. Die gehören dann, ebenso wie alle Daten, dei der Nutzer hinterlässt, nicht Mark Zuckerberg und seinen Aktionären. Sondern dem Steemit-Mitglied. (mz)