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Reederei Riedel vor Aus Reederei Riedel aus Halle: Warum die Insolvenz für Bernhard Freise eine Katastrophe ist

Von Oliver Müller-Lorey 14.04.2018, 09:00
Bernhard Freise vor seinem Fahrgastschiff, der „Elfe“. Es soll schon bald zusammen mit einem anderen Boot verkauft werden.
Bernhard Freise vor seinem Fahrgastschiff, der „Elfe“. Es soll schon bald zusammen mit einem anderen Boot verkauft werden. Oliver Müller-Lorey

Halle (Saale) - Am Landungssteg der „Elfe“ unterhalb der Giebichenstein-Brücke geht ein Mann mit Stadtplan in der Hand langsam auf das Schiff zu. „Fahren Sie heute?“ fragt er.

„Mhh mhh, nee“, antwortet Bernhard Freise, Geschäftsführer der Reederei Riedel und Kapitän der Elfe. Er schüttelt leicht den Kopf. „Fahren Sie gar nicht mehr?“, will der Tourist wissen. „Erstmal nicht, nee“. Freise murmelt etwas von innerbetrieblichen Gründen. Der Tourist zieht von dannen.

Es müssen die schlimmsten Wochen sein, die der 59-jährige Freise gerade durchlebt. Vor zweieinhalb Jahren meldete seine Reederei Insolvenz an, fuhr aber zunächst weiter.

Reederei Riedel aus Halle vor dem Aus: „Es war ein ganz komisches Gefühl“ 

Das ist in diesem Jahr anders. „Ich bin dieses Jahr noch keinen Meter gefahren, mir wurde die Betriebsweiterführung vom Insolvenzverwalter nicht genehmigt“, sagt er.

Auch an den Ostertagen habe er nicht ablegen dürfen und sei nur einmal kurz zum Schiff gefahren, um nach dem Rechten zu sehen. „Dieser Ostersonntag war der erste seit 17 Jahren, den ich zu Hause verbracht habe. Es war ein ganz komisches Gefühl.“

Weil sich für diesen Tag Passagiere angekündigt hatten, habe er einige sehr unfreundliche Anrufe von enttäuschten Kunden erhalten. „Obwohl es im Netz stand, dass wir nicht fahren, sind einige sehr ausfällig geworden.“ Das Telefon hat Freise seitdem abgestellt.

Reederei Riedel in Halle: Bernhard Freise könnte weiter am Steuer stehen

Seine zuständige Insolvenzverwalterin, Constance Rothamel, sagt, sie habe ihm das Fahren zwar nicht verboten, aber derzeit befinde man sich in Verhandlungen mit einem Käufer der Schiffe.

„Eigentlich sollte der Verkauf schon vor Beginn der neuen Saison erfolgt sein“, sagt sie. Darum seien die beiden Schiffe der Reederei dieses Jahr noch nicht gefahren. Die Verhandlungen seien inzwischen aber „sehr weit und sehr konkret“. „Ziel ist es, den Geschäftsbetrieb zu erhalten.“ Der Käufer wolle den Fahrplan wieder aufnehmen und unter neuer Flagge fahren.

Für Bernhard Freise könnte das bedeuten, dass er zwar nicht mehr Geschäftsführer ist, aber weiterhin am Steuerrad seiner Schiffe steht. „Es liegt mir sehr am Herzen, dass der Käufer die Arbeitnehmer übernimmt. Und er hat das bereits zugesichert“, sagt die Insolvenzverwalterin.

Reederei Riedel in Halle meldet Insolvenz an: Schicksalsschlag für Bernhard Freise

Bernhard Freise sei in Halle schließlich eine Institution. Außerdem habe die Übernahme auch ganz praktische Gründe: Wer ein Fahrgastschiff steuern will, braucht ein spezielles Patent, das kaum jemand im Raum Halle vorweisen könne. Freise und seine Tochter, die das andere Boot der Reederei, die „Stadt Halle“ fuhr, haben hingegen solche Patente.

Trotzdem will sich Freise nicht zu früh freuen. „Ich habe mich vorsorglich arbeitslos gemeldet.“ Für ihn ist das nahende Ende der Reederei Riedel in Halle ein persönlicher Schicksalsschlag. 

Reederei Riedel aus Halle: 20.000 bis 30.000 Fahrgäste pro Jahr an Bord gegangen

„Man hängt an seinem Boot, ich habe hier so viel Arbeit und Herzblut reingesteckt.“ Bis zuletzt versuchte er, das Ende abzuwenden. „Die zwei vergangenen Jahre, in der wir schon in der Insolvenz waren, hat es sogar geklappt, dass wir einen kleinen Überschuss eingefahren haben.“

20.000 bis 30.000 Fahrgäste seien im Jahr an Bord gegangen. Für 14 Euro ging es nach Brachwitz, für 21 nach Wettin und zurück. „Solche Preise wird es nie wieder geben“, ist sich Freise sicher. Ob das zu günstig gewesen sei? „Vielleicht“, sagt er und geht zum Landungssteg; dem nächsten Fahrgast entgegen. (mz)