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Wenn der Strom ausfällt Wenn der Strom ausfällt: Wie gut sind wir auf einen längeren Blackout vorbereitet?

Von Melain van Alst 05.04.2018, 06:46
Wie im Burgenlandkreis regt sich auch im Saalekreis der Protest gegen die Stromtrasse Suedostlink.
Wie im Burgenlandkreis regt sich auch im Saalekreis der Protest gegen die Stromtrasse Suedostlink. Peter Wölk

Merseburg - Die Stürme des vergangenen Jahres sowie Orkantief „Friederike“ zu Jahresbeginn haben gezeigt, wie verwundbar das Stromnetz ist. Bäume, Dachziegel, Planen und andere Gegenstände flogen in die Leitungen und sorgten vielerorts

für Stromausfälle. Wenn möglich hat der Stromversorger Mitnetz Strom nach eigenen Angaben den Strom umgeleitet und die beschädigten Stellen repariert. Doch was passiert in der hoch technisierten Welt, wenn der Strom länger und in einem größeren Gebiet ausfällt? Wie reagieren Behörden, Stromversorger und Bevölkerung auf einen sogenannten Blackout?

Lange habe man sich mit dem Thema nicht beschäftigt, sagt Jörg Heinze, Amtsleiter für Ordnung in der Kreisverwaltung. „Das öffentliche Leben kommt zum Erliegen“, fügt er hinzu. Gleichzeitig sind sich Kreis und Stromversorger sicher, dass ein Blackout unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich auszuschließen sei. Für den Fall der Fälle wird nun vorgesorgt, sei es mit Technik oder Übungen. Durch letztere hat sich herauskristallisiert, wo es die größten Probleme geben könnte: bei der Kommunikation und der Treibstoffversorgung.

Wenn der Strom einmal weg ist, wird das Essen im Kühlschrank schlecht

Wenn der Strom einmal weg ist, wird das Essen im Kühlschrank schlecht, der Herd, um etwas zu erhitzen, bleibt kalt und auch die Geschäfte würden schließen, einkaufen ist nicht mehr möglich. Die Kommunikation ist über kurz oder lang eingeschränkt: Spätestens wenn die Akkus leer sind, geben Handys den Geist auf. „Und wie lange hält heute schon ein Handy?“, fragt Heinze rhetorisch. Auch Tanken ist dann nicht mehr möglich. Alles basiert auf dem Lebenselixier Strom.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat eine Checkliste für den Notfall entworfen, nach der man sich mit dem Nötigsten versorgen kann. Ziel soll sein, dass Menschen zwei Wochen ohne Einkaufen überleben können. Ein Auszug der Kalkulation pro Person:

Getränke: 28 Liter sind veranschlagt. Berücksichtigt wurde dabei auch, dass man über den Trinkbedarf hinaus Wasser zur Zubereitung von Reis, Nudeln oder Kartoffeln benötigt.

Getreide und Co.: 4,9 Kilogramm Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln

Gemüse, Hülsenfrüchte: 5,6 Kilogramm. Das Bundesamt weist darauf hin, dass man für getrocknete Hülsenfrüchte noch Wasser für die Zubereitung braucht.

Fisch, Fleisch, Eier: 2,1 Kilogramm. Diese Produkte sind nur begrenzt haltbar, Volleipulver beispielsweise dagegen jahrelang.

Auf der Checkliste stehen unter anderem eine gut sortierte Hausapotheke, Hygieneartikel sowie Taschenlampen, Batterien, Kerzen, Streichhölzer oder andere Brennstoffe und Heizgelegenheiten sowie wichtige persönliche Dokumente.

Im Fall eines Blackouts tritt nach Ausrufen des Katastrophenfalles der Katastrophenstab des Kreises zusammen. „Unser Ziel ist die notwendigste Aufrechterhaltung der Versorgung und der Gesundheit der Bevölkerung“, sagt Heinze. Das heißt aber auch, dass die Bevölkerung sich selbst versorgen können sollte. Wie so etwas aussieht, zeigt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe anhand einer Checkliste.

Stromausfall in der Region: Die Schlüsselstellung im Katastrophenfall hat die Leitstelle

Die Schlüsselstellung im Katastrophenfall hat die Leitstelle, die mit Notstrom versorgt wird. „In diesem Jahr soll zusätzlich noch ein mobiles Notstromaggregat angeschafft werden“, so Heinze. Dabei gelte es, die „kritische Infrastruktur“ aufrecht zu erhalten. Dazu gehören unter anderem

die Bereiche Kommunikation, Transport und Gesundheit. Die Alarmierung der Einsatzkräfte sei über die Pieper gesichert, da diese batteriebetrieben funktionieren. Die Sirenen gehen aber nur mit Strom. Neuere Modelle, so Heinze, hätten die Möglichkeit, über Batterien betrieben zu werden. Allerdings kennen viele nicht mehr die Bedeutung der Signale. „Wir erarbeiten wieder ein Handblatt dazu.“ Ohne Strom und Internet bringt auch die Warn-App „Nina“ nichts. „Dann bleibe nur das Radio. Für viele funktioniert nur das Autoradio“, sagt Heinze.

Szenario Stromausfall :So gut vorbereitet sieht man sich in der Kommune selbst

Und wenn alle Stricke reißen, besinne man sich bei den Einsatzkräften auf alte Kommunikationswege: Dann wird mit Meldern kommuniziert, die Botschaften an die „Leuchttürme“ übermitteln. Jene Einrichtungen sollen in jeder Stadt aufgebaut werden und wie lokale Einsatzzentralen funktionieren. Gleichzeitig könnten sie Anlauf für die Bevölkerung sein.

Weniger gut vorbereitet sehe man sich dagegen beispielsweise in der Kommune selbst. „Wir haben keinen Generator“, sagt Bad Dürrenbergs Bürgermeister Christoph Schulze (CDU). Jegliche Arbeit wäre eingestellt. Da es auch keine gesetzliche Verpflichtung gebe, habe man keines angeschafft. Er rechnet mit Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich.

Nach einem Stromausfall wird der Treibstoff knapp

Deutlich besser könnte die Unterstützung durch das Technische Hilfswerk aussehen, sofern es alarmiert würde, weiß Lars Pohle vom Ortsverband Merseburg. „Wir brauchen zwar etwas länger, aber dafür können wir Kräfte aus dem ganzen Bundesgebiet anfordern.“ Es gebe spezielle Einheiten und beispielsweise so leistungsstarke Generatoren, das man über einen begrenzten Zeitraum „inselmäßig“ eine kleine Stadt versorgen könnte.

Schwierig ist dagegen die Versorgung mit Treibstoff. „Es gibt Überlegungen, mit entsprechenden Unternehmen mobile Tankstellen für diesen Fall zu errichten, die dann die Einsatzkräfte zumindest versorgen“, sagt Heinze. Für die Versorgung des kreiseigenen Notstromaggregates gibt es einen Vertrag mit einer Firma, die den Treibstoff liefert.

Der Versorger Mitnetz Strom hat die Tragweite eines Blackouts ebenfalls erkannt: „Die Auswirkungen würden, sofern keine Vorsorge getroffen wird, jegliches Vorstellungsvermögen übersteigen und können dazu führen, dass das gesamte öffentliche Leben zusammenbricht.“ Daher gebe es regelmäßig Übungen mit den entsprechenden Akteuren vor Ort und ein Expertennetzwerk wurde gebildet. „Diesem gehören insgesamt Vertreter von 24 Behörden, Verwaltungen und Unternehmen an“, sagt Mitnetz-Sprecherin Evelyn Zaruba. Bei einem Stromausfall ist vor allem die Abteilung „Schaltleitung Strom“ gefragt. Dort könnte in den meisten Fällen der Strom umgeleitet werden. Es gebe dann Netzwiederaufbaupläne und Prioritäten nach denen die Reparaturen abgearbeitet würden. (mz)