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Online-Streit um ARD Online-Streit um ARD: Spitzenwert: Drastische Steigerung der Kosten beim MDR

Von Hagen Eichler 26.03.2018, 08:00
Die Tagesschau kommt nach Köthen.
Die Tagesschau kommt nach Köthen.  dpa

Magdeburg - Es gab eine letzte Frist vor Weihnachten, eine allerletzte im Februar, in der vergangenen Woche wurde nun eine weitere gerissen: Die Länder ringen um das Internetangebot der öffentlich-rechtlichen Sender und finden keine Lösung. Vor elf Jahren hatten die 16 Regierungschefs den Online-Aktivitäten von ARD, ZDF und Deutschlandfunk Grenzen gesetzt. Eine Reform dieser Regeln ist zwischen den Anstalten und den Zeitungsverlegern heftig umstritten. Sachsen-Anhalts Staatskanzleichef Rainer Robra (CDU) wirft den Beteiligten nun Blockadehaltung vor. „Die Position beider Seiten ist leider sehr starr“, sagte er der MZ.

Der Rundfunkstaatsvertrag schreibt vor, dass sich das öffentlich-rechtliche Online-Angebot auf konkrete Sendungen im Radio und Fernsehen beziehen muss. Die Regierungschefs wollten verhindern, dass die gebührenfinanzierten Anstalten den Zeitungsverlagen vermeintlich gratis Konkurrenz machen.

MDR prescht nach vorn - gerade bei den Kosten

„Nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote sind nicht zulässig“, steht seit 2007 im Staatsvertrag. Diese Beschränkung ist vor allem der ARD ein Dorn im Auge. Innerhalb des Senderverbundes ist es wiederum der MDR, der sein Online-Angebot exorbitant ausbauen möchte. Die Zahlen sprechen für sich: Von 2013 bis 2016 steckte die Dreiländer-Anstalt für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen zusammen 41 Millionen Euro in ihr Online-Angebot. Von 2017 bis 2020 soll die Summe auf 96 Millionen Euro wachsen. Das entspricht einer jährlichen Steigerung von 24 Prozent – Spitzenwert in Deutschland. Die drastische Kostensteigerung werde durch Einsparungen an anderer Stelle ausgeglichen, beteuert der MDR. Man werde aus den Bereichen Radio und Fernsehen umschichten. Der MDR passe sein Angebot lediglich an die Nutzungsgewohnheiten an, heißt es.

Verbot presseähnlicher MDR-Angebote „überkommenen Kram“?

Als „überkommenen Kram“ bezeichnet MDR-Justiziar Jens-Ole Schröder das Verbot presseähnlicher Angebote. „Unser Online-Angebot ist weder eine Zeitung noch Fernsehen oder Radio, es ist eine Mischung von internettypischen Gestaltungsmitteln“, sagte er der MZ. Er argumentiert mit den Smartphone-Nutzern, die sich im Bus schnell über das Geschehen in ihrem Umfeld informieren wollten. „Die erwarten von uns auch Text.“

Seit drei Jahren bereits suchen die Länder eine neue Regelung, mit der die Anstalten wie auch die Verleger leben können. Federführend ist Sachsen-Anhalt. Der Vorschlag aus Magdeburg: Die Anstalten könnten auch Texte veröffentlichen, sofern „der Schwerpunkt“ des Online-Angebots bei Beiträgen zum Zuhören oder Ansehen liege. Für diese Formulierung gebe es unter den Ministerpräsidenten eine „deutliche Mehrheit“, sagt Robra. Das reicht jedoch nicht: Nötig ist ein einstimmiger Beschluss. Als weitere, nunmehr wirklich letzte Frist nennt Robra den Mai.

Tagesschau-App: Der NDR zieht vor Gericht

Der Streit tobt längst auch vor Gericht, etwa um die „Tagesschau“-App. Die Verleger hatten beispielhaft das Nachrichtenangebot der App vom 15. Juni 2011 überprüfen lassen. Das Urteil des Bundesgerichtshofs von 2015: Die Nachrichten waren zu textlastig und daher „in unzulässiger Weise presseähnlich“. Der NDR will das nicht hinnehmen, Ende Januar erhob er Verfassungsbeschwerde. Die Verleger sehen das mit Unverständnis. Die Expansion der Anstalten im Netz bedrohe ihre Geschäftsgrundlage und so die Pressefreiheit, warnen sie.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kassiert durch den Rundfunkbeitrag jährlich acht Milliarden Euro. Hohe Kosten stoßen auch in anderen Ländern auf Widerstand. Die Schweizer Rundfunkgesellschaft kündigte deutliche Einsparungen an. Sie tat das unter dem Druck einer Volksabstimmung über die Abschaffung der Gebühren, die keine Mehrheit fand. Die deutschen Bundesländer haben die Anstalten aufgefordert, bis Ende April Einsparvorschläge vorzulegen. (mz)