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Gruppenvergewaltigung in Dessau Gruppenvergewaltigung in Dessau - Eritreer vor Gericht: "Ich habe Schreckliches getan"

Von Thomas Steinberg 20.03.2018, 15:58
Vier Männer aus Eritrea wurden im Juli 2018 am Landgericht Dessau verurteilt.
Vier Männer aus Eritrea wurden im Juli 2018 am Landgericht Dessau verurteilt. Lutz Sebastian

Dessau-Rosslau - Nach vier Verhandlungstagen gibt es drei umfangreiche Geständnisse: Die Beweisaufnahme im Prozess gegen vier junge Eritreer vor dem Landgericht Dessau kommt - verglichen mit anderen Verfahren - zügig voran. Am Dienstag haben zwei Angeklagte die Vorwürfe bestätigt.

Lediglich Samiel H. bestreitet weiterhin, an der Vergewaltigung einer Mittfünfzigerin in Dessau beteiligt gewesen zu sein. Von den mitangeklagten Landsmännern ist er allerdings belastet worden, sich mit ihnen an der Frau vergangen zu haben.

Eritreer vor Gericht in Dessau: Frau wurde früh begrapscht

Zugetragen hat sich die Tat im August vorigen Jahres an einer nur schwer einsehbaren Stelle hinter einer alten Schule im Zentrum Dessaus. Das belegen sowohl Spuren am Tatort wie auch die Aussagen der Angeklagten, die sich an dem Abend dorthin zurückgezogen hatten, um Bier zu trinken.

Gegen 20.30 Uhr, so schätzte es Yonas M. am Dienstag bei seiner Aussage, müsse das spätere Opfer zum ersten Mal aufgetaucht sein und um die leeren Falschen gebeten haben. M., als einziger des Quartetts Deutsch sprechend, erfährt von der Frau, sie sei verheiratet und habe zwei Kinder. Und er räumt vor Gericht ein, schon in dieser Situation sei die Frau begrapscht worden, auch von ihm.

M.’s Schilderungen sind präzise, beinahe fotografisch genau. Verlesen werden sie von seinem Verteidiger, der zuvor feststellt, die Einlassung habe sein Mandant selbstständig abgegeben und sie sei nahezu wörtlich notiert worden.

Die Sätze decken sich weitgehend mit früheren Aussagen des Mitangeklagten Yonas A. Lediglich als es um zwei spezielle Sexualpraktiken geht, weist M. alle Vorhaltungen zurück, ob nun aus berechtigten oder religiösen Gründen sei dahingestellt.

Yonas M.: „Ich kann bis heute nicht erklären, wie es dazu kam“

Yonas M., so gibt sein Verteidiger am Dienstag vor dem Landgericht wieder, schäme sich sehr für das, was er getan habe. „Ich kann bis heute nicht erklären, wie es dazu kam.“ Es seien zuvor die furchtbarsten Momente seines Lebens gewesen, mit ansehen zu müssen, wie während seiner Flucht mit ihm entführte junge Frauen von den Geiselnehmern vor aller Augen vergewaltigt wurden. „Zwei starben sogar.“

„Ich habe etwas Schreckliches getan“, lässt wenig später Sultan A. seinen Anwalt vorlesen. Am ersten Verhandlungstag hatte er noch behauptet, sich nicht erinnern zu können und nie eine Frau belästigt zu haben. Nun, nach den Aussagen der Mitangeklagten und nachdem er die Fotos gesehen habe, sei die Erinnerung zurückgekehrt. A. lässt sich zu den Vorwürfen ein, bestätigt diese.

Ein Gesamtbild ist entstanden - und es gibt, neben den reinen Fakten, einen Punkt, in dem alle Aussagen übereinstimmen: Die Tat sei nicht geplant gewesen. Man habe zwar vor der Rückkehr der Frau über Sex gesprochen, aber nicht über eine Vergewaltigung. Die Staatsanwältin mag das nicht glauben, will wiederholt wissen, wer der „Chef“ gewesen sei. Eine Antwort gibt es nicht.

In wissenschaftlichen Studien werden indes oft Szenarien beschrieben, in denen es bei Gruppenvergewaltigungen keinen Anführer geben muss, sondern jeder einzeln die Verantwortung für sein Tun an die Gruppe abgibt. A. gibt zu: „Als die Frau zurück kam, geriet alles außer Kontrolle.“

Nicht nur, dass man gemeinsam über die Frau herfiel. Es verschwendete niemand einen Gedanken daran, Wachposten aufzustellen. Das jedenfalls bestätigten die geständigen Angeklagten.

Gruppenvergewaltigung in Dessau: Vernehmung des Opfers am 5. April

Das Verfahren wird in der kommenden Woche, am 5. April, fortgesetzt, dann vermutlich mit der ursprünglich für Dienstag vorgesehenen Vernehmung des Opfers. Diese wurde verschoben, weil die Aussagen der Angeklagten so lange dauerten.

Die Aussage der 56-jährigen Dessauerin dürfte aller Voraussicht nach per Video und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen. Die Technik dafür hatte am Dienstag schon bereitgestanden. Der Frau soll ein direktes Aufeinandertreffen mit ihren Peinigern erspart werden. (mz)