1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Reich, aber geizig?: AOK: Pflegedienste beklagen zu geringe Vergütungen durch Krankenkasse in Sachsen-Anhalt

Reich, aber geizig? AOK: Pflegedienste beklagen zu geringe Vergütungen durch Krankenkasse in Sachsen-Anhalt

Von Bärbel Böttcher 14.03.2018, 08:46

Halle (Saale) - Sie ist die reichste Krankenkasse Deutschlands - trotzdem beklagen private Pflegedienste ein „existenzbedrohendes Preisregime“ der AOK Sachsen-Anhalt. „Wenn nicht bald etwas passiert, setzt in absehbarer Zeit ein Pflegedienststerben ein“, sagt Ulrike Ziemer, Betreiberin eines Pflegedienstes in Zerbst und Mitglied im Landesvorstand des Verbandes Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB).

Speziell Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden laut VDAB, der rund 100 Unternehmer im Land vertritt, unzureichend vergütet. Deshalb falle es den Betreibern immer schwerer, ihre Angestellten angemessen zu bezahlen. Gutes Personal wandere häufig ab.

„Die AOK soll ihre Preise an die der Ersatzkassen anpassen“

Für eine Insulingabe beispielsweise zahlt die AOK, mit rund 765.000 Versicherten die größte Kasse im Land, 4,42 Euro. Bei den Ersatzkassen, mit denen der VDAB höhere Vergütungen ausgehandelt hat, können dafür 5,99 Euro abgerechnet werden.

Die Fahrtkosten seien bei der AOK mit 2,58 Euro für Hin- und Rückfahrt so knapp bemessen, dass es unwirtschaftlich sei, Patienten zu versorgen, die weiter als drei Kilometer vom Sitz des Pflegedienstes entfernt wohnten. „Eigentlich müssten wir das ablehnen“, sagt Ziemer. Die Ersatzkassen zahlen dafür 2,90 Euro.

Die Forderung des VDAB lautet: „Die AOK soll ihre Preise an die der Ersatzkassen anpassen.“ Zumal immer mehr medizinische Leistungen auf Pflegedienste delegiert würden. „Für den ländlichen Raum ist die Preispolitik der AOK tödlich“, betont Ziemer. Sie gefährde dort die Versorgung der Menschen.

Im VDAB stößt die Preisgestaltung umso mehr auf Unverständnis, da die AOK Sachsen-Anhalt einiges Vermögen aufweisen kann. Laut Bundesanzeiger hatte 2016 keine andere Kasse höhere Rücklagen pro Versicherten - knapp 340 Euro. Zum Vergleich: Bei der Techniker Krankenkasse waren es etwa 108 und bei der Barmer 78 Euro.

AOK Sachsen-Anhalt: Stehen für eine „faire und auskömmliche Vergütung“

Im Sozialministerium ist das Problem, das zudem nicht nur die Pflegedienste trifft, bekannt. „Ich kann verstehen, dass die Leistungserbringer Nachbesserungen einfordern“, sagte Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Es sei darüber schon mehrfach mit AOK-Vorstand Ralf Dralle gesprochen worden.

„Die Honorarvereinbarungen mit den Pflegekräften, den Physiotherapeuten, Logopäden und anderen Leistungserbringern müssen so gestaltet sein, dass gute Arbeit auch auskömmlich finanziert wird“, fügte sie hinzu. Es könne dem Ministerium nicht gleichgültig sein, wenn junge Fachkräfte in andere Bundesländer abwanderten, weil dort bessere Löhne gezahlt werden könnten. „Angesichts der schwierigen ärztlichen Versorgungslage in ländlichen Regionen brauchen wir diese Fachkräfte.

Zumal die Bevölkerung ja auch immer älter wird und weniger mobil ist“, sagt Grimm-Benne zur Situation der Pflegekräfte. Es sei gewollt, dass sie bestimmte Aufgaben übernehmen, um die Ärzte zu entlasten. „Sie müssen aber vernünftig finanziert werden, damit der ländliche Raum nicht noch mehr abgehängt wird“, sagt die Ministerin.

Die AOK Sachsen-Anhalt selbst beteuert, dass sie für eine „faire und auskömmliche Vergütung“ sei. Der Sprecher verweist zugleich darauf, dass ein Schiedsverfahren aus den Jahren 2014 und 2015 Basis für die aktuellen Preise sei. Diese seien von zwei unabhängigen Schiedspersonen als „auskömmlich“ bewertet und festgelegt worden. „Die Preise wurden von allen Verbänden akzeptiert und vertraglich geeint“, heißt es. (mz)