1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Adrian Ursache: Adrian Ursache vor Gericht in Halle Saale: Besucherandrang zu hoch -Verhandlung gegen Ex-Mister-Germany verschoben

Adrian Ursache Adrian Ursache vor Gericht in Halle Saale: Besucherandrang zu hoch -Verhandlung gegen Ex-Mister-Germany verschoben

Von Steffen Könau 13.03.2018, 14:15
Adrian Ursache vor Gericht in Halle
Adrian Ursache vor Gericht in Halle Steffen Könau

Halle (Saale) - Am Morgen verzögert sich die Fortsetzung des Prozesses gegen den ehemaligen „Mister Germany“ Adrian Ursache, der sich seit Oktober 2017 vor dem Landgericht Halle wegen versuchten Mordes an einem Polizeibeamten verantworten muss.

Der 22. Prozesstag erlebt einen ungeahnten Besucherandrang, so dass das Gericht zuerst einmal versucht, weitere Stühle in den Gesichtssaal bringen zu lassen. Die aber reichen nicht. Daraufhin unterbricht der Vorsitzende Richter Jan Stengel die Verhandlung erneut. Anschließend folgt der Umzug in einen größeren Gerichtssaal. Es ist der inzwischen vierte, in dem gegen den von den Behörden als Reichsbürger eingeordneten Ursache verhandelt wird.

Grund für den Andrang ist die Tagesordnung der Kammer. Aussagen soll der psychologische Gutachter Bernd Langer. Langer beobachtet Ursache seit Prozessbeginn im Verfahren, weil der 43-Jährige aus Reuden in der Elsteraue sich weigert, an der Erstellung eines Gutachtens über seinen Geisteszustand selbst mitzuarbeiten. Doch Langer kommt nicht dazu, seinen seit Anfang März vorliegenden vorläufigen Bericht über den Angeklagten vorzustellen: Die Verteidigung grätscht mit mehreren dringenden Anträgen in den geplanten Ablauf.

Als erstes stellt Anwalt Dirk Magerl einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Der hatte am Ende des letzten Verhandlungstermin wissen lassen, dass sich die Verteidigung bereits für diese Woche auf ihr Plädoyer vorbereiten solle.

Anwalt listet Aufklärungslücken und Widersprüche auf

Da die Verteidiger aber zuvor angekündigt hatten, dass sie einen dringenden Antrag zu stellen beabsichtigen, sehen Magerl und seine Kollegen Manuel Lüdtke und Hartwig Meyer ihren Mandanten in seinen Rechten beschnitten. Wenn die Terminplanung vom Vorsitzenden ohne Berücksichtigung eines angekündigten Antrages und ohne Rücksprache mit den beisitzenden Richtern erfolge, sei das ein Anlass zur Besorgnis der Befangenheit.

Dirk Magerl legt anschließend mit einem weiteren dringenden Antrag nach, der sich anhört wie ein vorweggenommenes Plädoyer. Über mehrere Seiten hinweg listet der Anwalt aus Potsdam Aufklärungslücken und Widersprüche auf, die der bisherige Prozessverlauf offenbart habe. Weder sei bisher nachgewiesen, dass Ursache bewusst auf einen Polizisten geschossen habe, noch dass er nach mehreren Treffern aus einer Polizeiwaffe überhaupt noch hätte schießen können.

Keinen Beweis gebe es zudem dafür, dass aus der mutmaßlichen Tatwaffe gefeuert worden sei. Vielmehr spreche die von der Tatortgruppe des LKA dokumentierte Auffindesituation der Trommel des Revolvers Marke Arminus dafür, dass er beim Schusswechsel gar nicht genutzt worden sein könne.

Verteidigung kritisiert auch Gutachter

Harsche Kritik übt die Verteidigung dann an Gutachter Marko Weber vom Institut für Rechtsmedizin in Halle, der im Prozess unter anderem ausgesagt hatte, dass er es für durchaus denkbar halte, dass Adrian Ursache auch nach zwei Treffern mit mannstoppender Polizeimunition noch bewusst habe zurückschießen können. Weber habe weder die Patientenakte des bei der Schießerei schwer verletzten Angeklagten eingesehen noch Schusskanaluntersuchungen angestellt. Da er außerdem vor Gutachtenerstellung weder die verwendeten Waffen gekannt habe noch über wundballistische Erfahrungen verfüge, „sind seine Angaben ohne zweiten Gutachter weder schlüssig noch nachvollziehbar“, so Magerl, ehe er den Experten direkt angeht: „Wir brauchen einen Sachverständigen, der diesen Namen auch verdient.“ Webers Arbeit sei allein durch „Umdrehen des bandagierten Patienten“ erstellt worden und liefere „ein gewünschtes Ergebnis“, das auf einer „nicht überprüfbaren Aneinanderreihung von nicht beweisbaren Vermutungen“ beruhe.

Sein Kollege Hartwig Meyer stellt anschließend den zweiten Befangenheitsantrag des Tages, diesmal gegen den so hart angegangenen Gutachter, dem er eine ablehnende Haltung gegen den Angeklagten und „große Defizite seiner Sachkunde“ vorwirft. Weber schüttelt den Kopf und verweist auf seine Vita. Er sei seit 2002 als Sachverständiger tätig und sage stets nach bestem Wissen und Gewissen aus. Auch die Staatsanwaltschaft weist den Vorwurf zurück, ein „wohlwollendes Gutachten“ bestellt zu haben, das die Thesen der Anklage stützt. „Es ist klar, dass die Verteidiger mit den Ergebnissen nicht zufrieden sind“, sagt der Anklagevertreter, „aber uns liegt jede Beeinflussung fern.“

Zur Beratung über die Anträge vertagt sich das Gericht dann, ohne dass die zahlreichen Prozessbesucher den psychologischen Gutachter gehört haben. Fortsetzungstermin ist am Donnerstag. Die eigentlich für die kommende Woche angedachte Urteilsverkündung dürfte sich nach hinten verschieben. (mz)