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"Rassismus ist allgegenwärtig" "Rassismus ist allgegenwärtig": So gehen Jugendliche künstlerisch mit Intoleranz um

Von Mike Händler 24.02.2018, 21:19
Sebastian Stoer (r.) zeigt dem Filmteam das Ergebnis der Aufnahme.
Sebastian Stoer (r.) zeigt dem Filmteam das Ergebnis der Aufnahme. Friedenskreis Halle

Halle (Saale) - Filme inspirieren im besten Fall, etwas anders und besser zu machen als zuvor. Dieses Ziel verfolgt das Projekt „Film ab – Mut an!“ des Vereins „Friedenskreis Halle“, das seit Juni des vergangenen Jahres im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ in Halle durchgeführt wird.

Alltagsrassismus ist das Thema, das Jugendliche in Form von Kurzfilmen verarbeiten. Die Geschichten handeln beispielsweise von diskriminierendem Verhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Behörden oder in der eigenen Familie.

Lumalenscape begleitet Projekt des Friedenskreis Halle

Den Entstehungs-Prozess begleiten die Pädagogin Mine Röber vom Friedenskreis und der Filmemacher Sebastian Stoer von der Leipziger Produktionsfirma Lumalenscape. Nicht nur das Ergebnis ist wichtig – sondern auch der Weg dahin: „Die Teilnehmer des Projekts bringen sich und ihre Perspektiven aktiv ein, das ist unser Ziel“, sagt Röber.

Und Stoer ergänzt: „Wir reden über unsere Geschichten und Erlebnisse, die wir konzeptionell vorbereiten und in Filmsprache umsetzen.“

Faszinosum Film motiviert

Das Faszinosum Film motiviert die etwa 20 Teilnehmer des Kurses. Bunt gemischt ist die Truppe: Neben Schülern und Studenten aus der Umgebung, bringen sich junge Menschen aus Bosnien-Herzegowina, Sierra Leone, Iran oder Afghanistan in das Projekt ein.

Verschiedene didaktische Mittel und Übungen werden dazu genutzt. Dazu kommt das theoretische und praktische Erlernen des Filmens.

Mine Röber und der Diplom-Psychologe Markus Wutzler entwickelten das Projekt seit 2016 gemeinsam. Anlass war die Beobachtung von Gewalt und Diskriminierung im Alltag, und wie Betroffene dagegen Handlungsstrategien entwickeln könnten.

Rassismus ist allgegenwärtig

Über diese Thematik Filme zu machen und diese daraufhin in sozialen Medien zu verbreiten, soll vor allem Jugendliche ansprechen. „Rassismus ist allgegenwärtig – ob im Paulusviertel oder in Halle-Neustadt“, sagt die 30-jährige Pädagogin.

Die Umsetzung der Filme geschieht auf zwei Ebenen. Zuerst werden in Seminaren die Erlebnisse erörtert und die Storyboards für die Drehs erstellt. „Die Verbalisierung des Alltagsrassismus gehört für mich zu einem der wichtigsten Aspekte unserer Arbeit“, erklärt der 36-jährige Leipziger Filmemacher. Daraus entstünde auch ein Erkenntnisprozess, den alle Teilnehmer des Projektes durchlaufen.

Lebhafte Diskussionen entstehen im Seminarraum in der halleschen August-Bebel-Straße zwischen den Teilnehmern. Die Funktionalität des Films ist ihnen wichtig: Kommt das beim Publikum an? Kamera-Einstellungen werden diskutiert. Und manchmal greift Sebastian Stoer ein und weist als Filmprofi in die richtige Richtung, um die Szene stimmig umsetzen zu können.

Dreharbeiten im Linienbus

Nach der Vorbereitung in den Seminaren folgen die Drehtage in Halle. Wie an einem klassischen Filmset werden die Aufgaben in Regie, Kamera, Ton, Aufnahmeleitung, Darsteller und Statisten aufgeteilt. Einen Favorit haben alle: „Natürlich möchte jeder einmal die Kamera halten“, sagt Stoer. Engagiert und konzentriert gehen alle bei den Aufnahmen zur Sache. Der erste Kurzfilm „Daudas Geschichte“ entstand in einem Linienbus der Halleschen Verkehrsbetriebe und ist bereits auf Facebook zu sehen. Die Fragestellung ist: Was hättest du in meiner Situation gemacht? Zu sehen ist eine weiße Frau, die sich wiederholt die Jacke vors Gesicht hält und dem schwarzen Sitznachbarn damit deutlich ihre Ablehnung demonstriert. Dauda reagiert darauf, indem er ihr Verhalten spiegelt. Sein Verhalten ist jedoch nicht ablehnend gemeint, sondern er zeigt der Frau auf, was sie tut.

„Der Projekt-Arbeit soll den Jugendlichen eine Stimme geben und ihre Handlungsideen gegen Rassismus deutlich machen“, sagt Mine Röber. „Wir wollen Stereotype aufzeigen und entlarven.“ Die gedrehten Kurzfilme haben am 22. März im Puschkino Premiere. Dort werden die jungen Alltagshelden ihre Werke präsentieren und wollen anschließend mit ihren Gästen darüber diskutieren.

››Die Premiere von „Film ab - Mut an!“ findet am 22. März, 19 Uhr, im Puschkino mit anschließender Diskussion statt. Der Eintritt ist frei. (mz)