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Bewährungsstrafe für Darknethändler Bewährungsstrafe für Darknethändler: 32-Jähriger aus Halle muss in Therapie

Von Steffen Könau 13.02.2018, 14:00

Halle (Saale) - Ein 32-jähriger Hallenser, der wegen des Handels mit Drogen im sogenannten Darknet angeklagt worden war, muss nicht ins Gefängnis. Stattdessen müsse sich der gelernte IT-Fachmann einer stationären Entzugstherapie unterziehen, die vorerst auf ein halbes Jahr angesetzt ist.

Über eine notwendige Fortsetzung müssten anschließend, so das Urteil des Landgerichtes Halle, die behandelnden Ärzte in der Einrichtung entscheiden, in der Familie und Anwälte des Angeklagten ihm bereits für diese Woche einen Therapieplatz gesichert haben.

Drogenfahndern im Sommer vergangenen Jahres ins Netz gegangen

Es ist das unerwartete Ende eines Prozesses, der anfangs nach einem schweren Fall ausgesehen hatte. Maximilian P., geboren und aufgewachsen in Halle, war Drogenfahndern im Sommer vergangenen Jahres ins Netz gegangen, nachdem ein an ihn adressiertes Paket in einer Postfiliale in Nordrhein-Westfalen entdeckt worden war, das Ecstasy-Pillen, fast 50 Gramm Heroin und fünf Gramm Kokain enthielt.

Bei einer Hausdurchsuchung fanden Kriminalisten des Reviers Saalekreis in einem Schrank versteckt 492 Gramm Cannabis, in einem Tresor unter dem Bett neben 1.900 Euro Bargeld weitere rund 50 Gramm Heroin, sieben Ecstasy-Pillen und mehr als hundert Tabletten von verschiedenen verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Oxycodon und Hydromorphon.

Arbeitsloser Anlagenmechaniker handelte im Darknet mit Betäubungsmitteln

Die Ermittlungen ergaben dann, dass Maximilian P. im Darknet, einem nur über einen besonderen Browser erreichbaren verschlüsselten Teil des World Wide Web, einen offenbar schwunghaften Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten betrieben hatte. Unter dem Namen Medimax hatte der arbeitslose Anlagenmechaniker mit Betäubungsmitteln gehandelt und sich von seinen Kunden mit der Cryptowährung Bitcoin bezahlen lassen. Auf einem USB-Stick fand die Polizei die Buchhaltung von Medimax, die mehr als 200 Geschäftsvorgänge auflistete.

Im Verfahren war Max P. geständig. Über seine Anwälte ließ er eine Erklärung verlesen, in der er sich selbst als schwer drogensüchtig bezeichnete. Er habe mit 18 begonnen, Cannabis zu konsumieren und sei später zu Crystal und schließlich auf Heroin umgestiegen. In späteren Einlassungen beschrieb der kleine, schmal wirkende Mann, dass er in den beiden Jahren vor seiner Verhaftung täglich etwa ein Gramm Heroin geraucht und geschnupft habe. Zudem habe er regelmäßig etwa ein bis zwei Gramm Cannabis geraucht. Das in seiner Wohnung gefundene halbe Kilo Cannabis habe jedoch nicht ihm gehört, sondern einem Freund, der es habe verkaufen wollen.

Gericht nicht in der Lage, die Eigentumsverhältnisse zu klären

Dieser Freund hatte die Aussage verweigert, so dass das Gericht sich nicht in der Lage sah, die Eigentumsverhältnisse an der nach Definition des Betäubungsmittelgesetztes nicht unerheblichen Menge Cannabis zu klären. Er glaube den Erklärungen des Angeklagten nur eingeschränkt, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. P. habe stets nur so viel zugegeben, wie ohnehin nicht abzustreiten gewesen wäre. Allerdings hätten sich auch keine Hinweise gefunden, dass es tatsächlich auch einen Handel mit Cannabis gegeben habe.

Seine Zweifel rührten daher, dass „man bei bloßen Konsumenten nicht solche Mengen findet“. Aber aufgrund der Tatsache, dass P. sich nur über seine Anwälte zum Tatvorwurf eingelassen habe, „stößt das Gericht an die Grenzen der Wahrheitsfindung“. Es seien keine Nachfragen möglich gewesen, zudem sei das Verfahren gegen den von P. belasteten Freund immer noch offen und werde vermutlich auch nicht in eine Anklage münden. „Es schien, als ob es nur darum ging, an dem Riesendickschiff einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Handel vorbeizukommen, bei der eine Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren gedroht hätte“, sagte der Staatsanwalt in Richtung Verteidigerbank.

Täglich etwa 50 bis 60 Euro für Drogen ausgegeben

Für den Angeklagten, der angegeben hatte, als ALG-1-Empfänger zumindest in den letzten beiden Jahren vor seiner Verhaftung täglich etwa 50 bis 60 Euro für Drogen ausgegeben zu haben, spreche dessen erklärter Wille, von seiner Sucht loszukommen. Die drei Taten – Erwerb, Besitz und gewerbsmäßiger Handel - seien nach Ansicht der Staatsanwaltschaft deshalb einzeln mit sechs Monaten, 1,3 Jahren und einem Jahr zu bestrafen. Als Gesamtstrafe ergebe sich daraus eine Haftstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne und solle.

Das Gericht blieb noch einmal deutlich unter diesem Antrag. Zwar sah auch die Strafkammer Erwerb, Besitz und gewerbsmäßigen Handel als erwiesen an und ein am Vormittag vorgetragenes Gutachten habe dem Angeklagten die volle Schuldfähigkeit attestiert. Doch Maximilian P. sei nicht vorbestraft, die gefunden Drogen seien eingezogen worden und eine Beihilfe zum nach seinen Angaben von seinem Freund geplanten Handel mit Cannabis könne nicht nachgewiesen werden, hieß es in der Urteilsbegründung.

Das in seiner Wohnung aufgefundene halbe Kilo Cannabis könne so als minderschwerer Fall bewertet werden, die Gewerbsmäßigkeit des eigenen Medikamentenhandels, der ein gessmtvolumen von mehreren zehntausend Euro gehabt haben muss, sei hingegen erwiesen und trage mit 1,3 Jahren Haft zur Gesamtstrafe bei.

Zu Maximilian P.s Gunsten spreche zudem, dass er den Willen bekundet habe, sich einer Entziehungskur zu unterziehen. Daraus bildete das Gericht eine Gesamtstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Der Haftbefehl wurde sofort außer Kraft gesetzt, bereits am Mittwoch soll sich Maximilian P. in die Therapieeinrichtung in Norddeutschland begeben, in der ein Platz für ihn reserviert ist. (mz)