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Hörspiele und Stummfilme Hörspiele und Stummfilme: Staatsanwalt im Ursache-Prozess wird von Unbekannten bedroht

Von Steffen Könau 12.02.2018, 14:58
Adrian Ursache inszeniert sich vor Gericht als Verfolgter der Staatsmacht.
Adrian Ursache inszeniert sich vor Gericht als Verfolgter der Staatsmacht. Steffen Könau

Halle (Saale) - Ein unbekannter Absender, ein rätselhafter Text: Im Verfahren wegen versuchten Mordes gegen den früheren Mister Germany Adrian Ursache bedroht ein Unbekannter den Vertreter der Staatsanwaltschaft. Während der Prozesspause in den vergangenen Woche sei ihm an seine Privatadresse ein Brief zugestellt worden, so der Anklagevertreter, in dem er als „Justizfaschist“ beschimpft worden sei.

Angedroht hätte der Verfasser, dass künftig „mit Störungen des Prozesses“ gerechnet werden müsse. Der Staatsanwalt, der seinen Namen aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich genannt sehen möchte, zitierte aus dem Schreiben, dass „die Judenprozesse heute als Prozesse gegen Reichsbürger“ wiederauferstanden seien.

Prozess gegen Adrian Ursache: Suche nach der Wahrheit um die fünf Schüsse

Die Strafkammer nahm den Hinweis zur Kenntnis, ehe sie sich zum 19. Mal auf die mühsame Suche nach der Wahrheit um die fünf Schüsse begab, durch die bei einem Polizeieinsatz am 25. August 2016 im Burgenlandkreis zwei Menschen verletzt worden waren. Neben dem Angeklagten, den drei bis vier Kugeln trafen, wurde der Anklageschrift zufolge auch ein Polizist durch ein Geschoss am Hals verletzt, das Adrian Ursache abgefeuert haben soll.

Der 43-Jährige bestreitet einen bewusst abgegebenen Schuss. Seine Verteidiger hatten zum Beweis für Ursaches Aussage eine erneute Vorführung der Einsatzvideos zweier Polizeibeamter beantragt, die bereits in Augenschein genommen worden waren. Diesmal allerdings spielte sie der Vorsitzende Richter Jan Stengel auf Wunsch der Anwälte anders ab: Die von einem Fachmann des LKA Brandenburg extrahierten Tonspuren wurden ohne Bild vorgeführt. Die Einsatzfilme ohne Ton, dafür aber in extrem verlangsamter Geschwindigkeit, um Details besser erkennen zu können.

SEK-Mann im Prozess nur mit seiner Dienstnummer ST 321 bezeichnet

Das Hörspiel bestätigt dann die bereits früher gewonnene Erkenntnis, dass ein Beamter nach der Schussfolge, die kaum fünf Sekunden dauert, einem Kollegen mitteilt, „R. hat geschossen“. Der Mann benutzt dabei den Klarnamen des Kollegen, der wie alle anderen SEK-Männer im Prozess nur mit seiner Dienstnummer ST 321 bezeichnet wird.

Bemerkenswert auch, dass der Mann den Satz „soweit ich es gesehen habe“ nachschiebt. Im Zeugenstand hatten alle SEK-Beamten angegeben, das Geschehen um den Schusswechsel nicht beobachtet zu haben, weil sie woanders hingeschaut hatten.

Prozess gegen Adrian Ursache: Stummfilme aus den Body Cams

Auffällig in den extrem langsam ablaufenden Stummfilmen aus den Body Cams der Einsatzkräfte war der Umstand, dass sie kaum etwas vom Tatablauf zeigen. Der filmende Beamte, der vom Einsatzbeginn an kontinuierlich laufende Kamera nicht am Helm, sondern offenbar am Oberkörper trug, verdeckte mit seinem ausgestreckten Pistolenarm beinahe durchweg den Blick auf die Ereignisse. Selbst wenn er nicht zielte, verharrte sein Arm zumeist vor der Kameralinse, so dass das eigentliche Geschehen nicht zu sehen ist.

Verteidiger Manuel Lüdtke verwies auf eine Passage im Video, in dem ein Beamter nach dem Schusswechsel nach eventuellen Verletzungen von Kollegen fragt und ein „nicht verletzt“ als Antwort bekommt. Da auch das Halstuch des am Hals getroffenen SEK-Mannes keine Beschädigung aufweise und es im Verlauf der seit Oktober laufenden Verhandlung widersprüchliche Angaben über die Anzahl der am Hals verletzten Polizisten gegeben habe, widerspreche die Verteidigung der Verwendung eines früher abgegebenen Gutachtens, nach dem der vermeintliche Treffer am Hals des SEK-Mannes ST 325 hätte „potenziell tödlich“ sein können.

Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt, inzwischen sind weitere Verfahrenstermine bis Mitte März angesetzt. (mz)