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Wenn der Strom weg ist Wenn der Strom weg ist: Wie ist der Landkreis für einen Blackout gerüstet?

Von Joel Stubert 12.02.2018, 08:54
Wolfsberg wurde nach dem Orkan über ein Notstromaggregat versorgt.
Wolfsberg wurde nach dem Orkan über ein Notstromaggregat versorgt. Maik Schumann

Sangerhausen/Eisleben/Hettstedt - Es ist ein Horrorszenario, das einigen Einwohnern des Landkreises durch den Orkan „Friederike“ jetzt deutlich vor Augen geführt wurde. Mehrere Stunden, teilweise sogar einige wenige Tage lang gab es beispielsweise in manchen Regionen des Landkreises keinen Strom.

Sicherlich waren die Ereignisse dieser Stunden weit von einem anhaltenden flächendeckenden Stromausfall entfernt. Doch rufen sie die Verletzlichkeit der Infrastruktur ins Bewusstsein. Bei aller Unwahrscheinlichkeit - ein Ausfall des kompletten Stromnetzes kann nie vollkommen ausgeschlossen werden.

48 Stunden Stromausfall - Wie ist der Landkreis gerüstet?

Wie ist der Landkreis vorbereitet, wenn es einen großen, flächendeckenden Stromausfall gibt, einen sogenannten Blackout? Dieses Ereignis, also ein Stromausfall im gesamten Landkreis für einen Zeitraum von mindestens 48 Stunden, ist extrem unwahrscheinlich. Dennoch: Was passiert, wenn durch ein unvorhergesehenes Ereignis plötzlich die Energieversorgung im Landkreis gekappt wird?

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat eine Checkliste für den Notfall entworfen. Ziel soll sein, dass die Menschen zwei Wochen lang ohne Einkaufen überleben können. Ein Auszug für die Kalkulation pro Person:

Getränke: 28 Liter sind veranschlagt. Berücksichtigt wurde dabei auch, dass man über den Trinkbedarf hinaus Wasser zur Zubereitung von Reis, Nudeln oder Kartoffeln benötigt.

Getreide und Co.: 4,9 Kilogramm Brot, Nudeln, Reis oder auch Kartoffeln.

Gemüse, Hülsenfrüchte: 5,6 Kilogramm. Das Bundesamt weist darauf hin, dass man für getrocknete Hülsenfrüchte  noch Wasser  für die Zubereitung braucht.

Fisch, Fleisch, Eier: 2,1 Kilogramm. Diese Produkte sind nur begrenzt haltbar, Volleipulver beispielsweise dagegen jahrelang.

Auf der Checkliste stehen unter anderem eine gut sortierte Hausapotheke, Hygieneartikel sowie Taschenlampen, Batterien, Kerzen, Streichhölzer oder andere Brennstoffe und Heizgelegenheiten sowie wichtige persönliche Dokumente. (mz)

„Natürlich wird dann das Chaos ausbrechen“, sagt Jörg Gericke, Sachgebietsleiter für Brand- und Katastrophenschutz. Denn ganz klar: Die heutige Gesellschaft sei von der Stromversorgung abhängig. Es funktioniere dann nicht nur der Kühlschrank nicht, auch die Kaufhallen wären geschlossen, Einkaufen unmöglich. Tankstellen blieben geschlossen, die Toiletten funktionierten nicht, sogar das ganze Abwassersystem käme zum Erliegen.

Handys und Telefone würden - spätestens wenn der Akku leer ist - ihren Geist aufgeben, das Internet wäre lahmgelegt. „Wer hat heute schon noch ein batteriebetriebenes Radio?“, fragt Jörg Gericke und ahnt die Antwort. „Gerade bei jungen Menschen gibt es so etwas selten.“ Aber ohne wäre es nahezu unmöglich, an Informationen zu kommen. Somit rücken in einem solchen Fall Batterien und Akkus in den Fokus. „Wir sind abhängig vom Strom“, weiß er.

„Wenn ein längerfristiger Stromausfall eintritt, ist das mit das Schlimmste, was passieren kann.“ Gerade die jüngere Generation habe ja das Gefühl, dass der Strom immer verfügbar ist. Wenn doch nicht, dann greift eine konkrete Reihenfolge an Maßnahmen.

Im Katastrophenfall übernimmt der Krisenstab

Der Katastrophenfall tritt ein, wenn das gesellschaftliche Leben nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Wenn die Landrätin dann den Katastrophenfall ausruft, übernimmt Christine Hepner, Leiterin des Katastrophenschutzes, das Kommando. Ein spezieller Krisenstab sorgt für die Koordinierung der Aufgaben, die dann anfallen. Wie geht man mit dem verbleibenden Wasser um und wer bekommt das verfügbare? Solche Entscheidungen sind nun zwangsläufig. „Das erfolgt alles in Absprache mit den Gemeinden“, sagt Hepner. „Dort werden dann Betreuungspunkte eingerichtet, wo man den Überblick hat.“

In der Leitstelle wird die Arbeit dann in sechs Sachgebiete aufgeteilt, die sich beispielsweise um die Versorgung der Bevölkerung, Information und Kommunikation oder auch um das Thema Lage kümmern. „Der Lagekartenführer spielt in einer solchen Situation eine wichtige Rolle“, sagt Gericke.

Zu einem anderen Sachgebiet (Einsatz) zählt auch eine Arbeitsgruppe Evakuierung. Wiederum eine andere ist mit der Presse- und Medienarbeit beauftragt und führt dabei auch das Bürgertelefon, bei dem sich Einwohner Informationen und Hilfe holen können - vorausgesetzt, das Telefon funktioniert noch.

Öffentliches Sicherheitsbedürfnis ist gestiegen

Dass dies noch der Fall ist, dafür sind Menschen und Firmen selbst verantwortlich. Bei den Unternehmen im Landkreis sei ein Umdenken erfolgt, sagt Hepner. „Das liegt auch daran, dass das öffentliche Sicherheitsbedürfnis gestiegen ist.“ Viele würden der Vorsorge mehr Raum einräumen. Krankenhäuser oder andere als kritische Infrastruktur geltenden Einrichtungen sind ohnehin dazu angehalten, selbst für die Versorgung im Fall des Stromausfalls zu sorgen. Dies geschieht durch sogenannte Netzersatzanlagen, auch die Leitstelle hat eine. Sie werden mit Treibstoff angetrieben.

Nicht zuletzt deswegen ist nach Auffassung des Stromversorgers Mitnetz, der Teile des Landkreises Mansfeld-Südharz versorgt, die Treibstoff-Versorgung eine der wichtigsten Angelegenheiten bei einem Blackout. Netzersatzanlagen sollen 72 Stunden lang eine Versorgung gewährleisten.

Eine Analyse habe ergeben, so Mitnetz-Sprecherin Evelyn Zaruba, dass die Aufrechterhaltung der Infrastruktur nur über Großtanklager geschehen kann. Das für den Landkreis anzuzapfende steht in Hartmannsdorf nahe Chemnitz und wird von der Total-Raffinerie versorgt. Laut Mitnetz habe man nun dafür gesorgt, dass dieses Großtanklager auch mit einer Stromersatzanlage versehen ist, so dass bei einem Blackout der Betrieb aufrecht erhalten werden kann. Das ist insofern elementar, als dadurch viele Knotenpunkte wie Tankstellen oder Notstromaggregate im Landkreis versorgt werden könnten.

Im Falle eines Blackouts hilft sich die Bevölkerung selbst

Bei einem Blackout läuft vieles parallel. Der Landkreis versucht über seine Leitstelle die Koordinierung, die Stromversorger arbeiten autark an einer Lösung - und die Bevölkerung hilft sich selbst. „Es würde so sein, dass die Nachbarschaftshilfe wieder in Gang kommen würde“, vermutet Christine Hepner. In der Not würde die Gesellschaft zusammenrücken.

„Auch Flugblätter oder andere Mittel könnten verteilt werden, wenn die Kommunikation anderweitig nicht funktioniert“, sagt Steffen Hohmann, Amtsleiter des Brand- und Katastrophenschutzes und Kreisbrandmeister. „In modernen Gesellschaften ist eigentlich alles vorhanden, aber wehe dem, es passiert etwas Einschneidendes“, meint er. (mz)