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Amtsgericht  Amtsgericht : Strafe für Volksverhetzung

Von Ilka Hillger 06.02.2018, 07:00
Das Amtsgericht in Wittenberg.
Das Amtsgericht in Wittenberg. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Im Internet bekommt man alles. Da sind Argumentationshilfen für Reichsbürger eine einfache Suchaufgabe. Georg K. hat sie gemeistert und sich alles zusammengestellt, was er - nach seinem Dafürhalten - an Fakten für den Verhandlungstermin am Wittenberger Amtsgericht braucht.

Nun steht der 59-jährige Wittenberger vor Richterin Jeanette Preissner und setzt sich erst einmal nicht hin. Für ihn würde dies schließlich bedeuten, dass er diesen Prozess anerkennt. Das macht Georg K. aber nicht, denn als Reichsbürger leugnet er jegliche Rechtmäßigkeit der BRD ebenso wie deren Gesetze und Institutionen.

Von der Richterin will der kräftige Mann mit langem Pferdeschwanz zunächst einmal deren Beamtenausweis und die Bestellungsurkunde sehen. „Legitimieren Sie sich als Richterin bei mir, Sie dürfen die Verhandlung so lange nicht eröffnen“, sagt er.

Dumm nur, dass diese längst eröffnet ist und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die Anklage längst verlesen hat. Georg K. wird der Volksverhetzung nach Strafgesetzbuch § 130 Absatz 2 beschuldigt. Er soll im August 2016 auf seinem Facebook-Account den Link zu einer rechtsextremen Online-Enzyklopädie und deren Artikel zur Gaskammertemperatur geteilt und dahingehend kommentiert haben, dass er den Holocaust und die damit verbundenen Verbrechen der Nationalsozialisten leugnete.

Gegen einen deswegen ergangenen Strafbefehl legte K. Rechtsmittel ein und versucht nun vor dem Amtsgericht ausschließlich schlecht und in keinster Weise recht zu argumentieren.

Wie so viele seiner Gesinnungsgenossen aus der Reichsbürgerszene verliert sich K. im stupiden Ablesen der kruden Beschlüsse und Konventionen, die solche Leute als übergeordnete Gerichte zitieren. Dabei erweckt der Mann nicht den geringsten Anschein, auch nur in Ansätzen zu verstehen, wovon er da redet.

Richterin Preissner ficht dies alles nicht an. Sie verliest lediglich Georg K.s Kommentar und in Auszügen den Internetbeitrag auf den sich dieser bezieht. K. steht zu diesem üblen Text noch immer. „Ich bin von der physikalischen Richtigkeit der Aussage überzeugt“, sagt er und bekräftigt, dass der Holocaust von den Juden selbst durchgeführt worden sei.

Damit mache er das jüdische Volk von Opfern zu Tätern, hält ihm die Richterin vor. „Damit stehe ich nicht alleine da“, antwortet K. und meint von jüdischen Persönlichkeiten zu wissen, die den Nazis Juden in großer Zahl als Opfer zugeführt haben sollen.

Um den Straftatbestand solcher Aussagen scheint der Wittenberger zwar zu wissen, hält den Paragraf aber für nicht gültig. „Sie leben von Hartz IV. Diese Gesetzgebung akzeptieren Sie aber?“, will Richterin Preissner wissen.

Das kommt für den vermeintlich gut vorbereiteten Reichsbürger dann doch etwas überraschend. „Auf diese Fragestellung habe ich mich nicht vorbereitet“, räumt er ein. Da hat sein Internet-Latein ein Ende und es fehlen die eigenen Worte.

Die Amtsanwältin der Staatsanwaltschaft hält ihr Plädoyer knackig kurz. An den Fakten gibt es nichts zu rütteln. Für K. würden lediglich seine bisherige Straffreiheit und das Geständnis, wenngleich ohne Einsicht, sprechen.

Für den Tatbestand der Volksverhetzung fordert sie 100 Tagessätze zu je 15 Euro. Georg K. erklärt mit seinen letzten Worten das ganze Verfahren noch einmal für ungültig und will die Richterin anzeigen.

Die folgt mit ihrem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Auch in der Meinungsfreiheit gebe es Schranken. Den Holocaust zu leugnen, gehöre dazu. Georg K. hat diese Schranke überschritten. (mz)