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"Bin nicht mit OB befreundet" Halle: Jens Rauschenbach äußert sich zu den Vorwürfen des Stadtrats

Von Dirk Skrzypczak 01.02.2018, 21:00
Jens Rauschenbach zählt zu den mächtigsten Männern in Halle.
Jens Rauschenbach zählt zu den mächtigsten Männern in Halle. Meinicke

Halle (Saale) - Jens Rauschenbach ist mächtig. Zu mächtig? 2013 und 2014 hatte er als Sparberater den Haushalt der Stadt auf die doppelte Buchführung umgestellt. Seitdem ist der heute 48-Jährige als Projektsteuerer in Halle omnipräsent, bei öffentlichen Vergaben im Hochbau bekommt er oft den Zuschlag.

Die Stadtratsfraktionen sehen Rauschenbachs Rolle und seinen Einfluss auf die Stadtverwaltung und auf Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) kritisch.

Deshalb läuft eine vom Stadtrat beauftragte Prüfung, die alle Vertragsbeziehungen Rauschenbachs mit der Stadt und ihren Gesellschaften offenlegen soll.

In einem MDR-Bericht werden nun erneut Vorwürfe erhoben. Rauschenbach würde Projekte erst vorbereiten und sich dann selbst darauf bewerben. Wertgrenzen würden umgangen, um öffentliche Ausschreibungen zu verhindern und den Stadtrat zu umgehen.

Wie die Staatsanwaltschaft der MZ bestätigte, ging zudem im August 2016 deshalb auch eine anonyme Anzeige gegen den OB ein. Bislang ohne Ergebnis. „Wir führen derzeit kein Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen Herrn Wiegand oder Herrn Rauschenbach“, sagte Oberstaatsanwältin Heike Geyer der MZ. Aber was sagt Rauschenbach selbst? Für die MZ hat Dirk Skrzypczak mit dem Berater gesprochen.

Interview mit Jens Rauschenbach

Gegen Sie und den OB werden Vorwürfe der Mauschelei erhoben. Sie schachern sich die Aufträge zu und andere gucken in die Röhre. Was läuft da zwischen Ihnen und dem Ratshof?
Jens Rauschenbach:
Das sind absolut haltlose Unterstellungen, die ich klar zurückweise. Wenn wir aufgefordert werden, ein Angebot für die Steuerung eines Projektes abzugeben, dann machen wir das.

Oder wir beteiligen uns an europaweiten Ausschreibungen wie beispielsweise beim Mitteldeutschen Multimediazentrum und beim Zoo. So wie andere Firmen auch, mit denen wir im Wettbewerb stehen. Und zur Stadt mit dem OB haben wir ein professionelles, projektbezogenes Verhältnis.

Vorwürfe gegen den Projektsteuerer

Na gut, es heißt, Sie bereiten Ausschreibungen vor, kennen die Details und bewerben sich dann für den Auftrag. Ist das kein Interessenkonflikt?
Jens Rauschenbach: Das stimmt nicht, wir bereiten keine Ausschreibungen für Projektsteuerungsleistungen vor. Das ist einzig und allein Aufgabe des Auftraggebers. Jede Stadt hat eine Vergabeordnung.

Darin ist ein klares Verfahren festgelegt, an dem die zentrale Vergabestelle, die Fachbereiche, das Rechnungsprüfungsamt und die Beigeordneten alle beteiligt sind. Da reden wir bei Vergaben mindestens von einem Sechs-Augen-Prinzip.

Als beauftragte Projektsteuerer unterstützen wir dann natürlich die Ausschreibungen der Planungs- und Bauleistungen für das konkrete Projekt. Auf diese Ausschreibungen können wir uns gar nicht bewerben, weil wir nicht selber bauen oder planen.

Stadtrat sieht Einfluss auf den OB Bernd Wiegand kritisch

Aber ist es nicht merkwürdig, wie viele Aufträge Sie abschöpfen? Dass da kritische Fragen auftauchen, ist doch klar.
Jens Rauschenbach: Wir schöpfen keine Aufträge ab, sondern wir beteiligen uns am Wettbewerb. Als Unternehmen aus Halle haben wir natürlich ein besonderes Interesse, hier zu arbeiten.

Und vielleicht kennen wir dadurch die Gegebenheiten vor Ort besser als andere. Aber das finde ich ganz normal, das sind alles öffentlich zugängliche Themen. Aber ich kann mir denken, worauf die Frage abzielt. Ich habe zum OB ein professionelles Arbeitsverhältnis bei den Themen, mit denen wir beauftragt sind.

Wir sind weder befreundet noch fahren wir gemeinsam in den Urlaub. Übrigens klingt es ja so, als seien wir die einzige Firma, die als Projektsteuerer in Halle tätig ist. Das ist völlig falsch. Tatsächlich sind sehr viele Unternehmen aktiv. Und da reden wir über große Aufträge im Straßenbau.

Geht bei den Auftragsvergaben an alles mit rechten Dingen zu?

Wird bei der Auftragsvergabe getrickst? Werden Projekte aufgesplittet, um Wertgrenzen zu unterschreiten, weil dann Ausschreibungen umgangen werden? Oder der Stadtrat als Kontrollgremium?
Jens Rauschenbach: Das ist Unsinn. Zunächst sind wir als Auftragnehmer nicht an der Gestaltung der Aufträge beteiligt. Und wenn wir schon über Zahlen sprechen, dann muss man eines wissen: Im Vergaberecht gilt der Nettobetrag für die Bemessung der Wertgrenzen, nicht der Bruttobetrag.

Die Unterlagen, die öffentlich lanciert worden sind, weisen aber die Bruttosummen aus. Man muss also die Mehrwertsteuer von 19 Prozent abziehen. Und dann liegen die Aufträge auch in der Gesamtsumme unterhalb der Wertgrenzen. Außerdem ist es auch in anderen Städten üblich, Aufträge aufzuteilen, gerade wenn Fördermittel im Spiel sind.

Im ersten Schritt reicht der Auftrag bis zum Fördermittelantrag. Wird der bewilligt und das Geld für das Projekt kommt, dann geht es weiter. Hier wird nichts von der Stadt oder gar von uns am Vergabeausschuss des Stadtrats vorbeigetrickst.

Das sagt Jens Rauschennbach zu den Vorwürfen

Bei uns haben sich Mitarbeiter der Stadtverwaltung gemeldet, die sagen, dass Sie direkte Anweisungen im Ratshof verteilen würden. Woher nehmen Sie diese Legitimation?
Jens Rauschenbach: Wir verteilen keine Anweisung, wir sind Dienstleister. Aber wenn wir beauftragt sind, dann müssen wir uns um das ganze Projekt kümmern.

Wir organisieren Besprechungen, kontrollieren die Kosten und die Einhaltung des Zeitplanes. Da gehört es zu unserem Auftrag, dass wir auch darauf hinweisen, wenn es hakt. Das gefällt natürlich nicht immer jedem. Gerade Bauprojekte sind durch den straffen Zeitplan und die klare Kostenvorgabe mit Stress verbunden.

Aber wenn alles so einfach und so klar zu sein scheint, wo kommt dann aus Ihrer Sicht das Misstrauen aus fast dem kompletten Stadtrat her?
Jens Rauschenbach: Ich kann die Motivation der einzelnen Beteiligten nicht nachvollziehen. Alle unsere Projekte haben funktioniert. Und ich entschuldige mich nicht, dass wir die günstigsten Angebote abgeben. Tatsächlich ist es doch häufig so, dass wir gerufen werden, wenn es brennt.

Stadt will dem Halleschen FC helfen

So wie beim HFC?
Jens Rauschenbach: Ja, auch dort. Auf Bitten der Stadtpolitik, da gehört auch der Rat dazu, und der kommunalen Gesellschaften sind wir bereit, an der Rettung mitzuarbeiten. Und wir haben klar gesagt, dass wir dafür kein Geld wollen. Stattdessen spenden wir 50.000 Euro.

Wie geht es jetzt weiter?
Jens Rauschenbach: Ich bleibe gelassen. Ende Februar liegt alles auf dem Tisch. Dann kann sich jeder ein eigenes, vollständiges Bild machen. (mz)