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Bewaffnete Zivilpolizisten im Fußballstadion Sachsen-Anhalt schickt bewaffnete Zivilbeamte in Fußballstadien

Von Jan Schumann 15.01.2018, 09:00
Bei dieser Zivilpolizistin ist die Waffe eindeutig erkennbar.
Bei dieser Zivilpolizistin ist die Waffe eindeutig erkennbar. Privat

Magdeburg - Im September 2017 wurde das Fußballstadion in Magdeburg zur Hochsicherheitszone, denn das anstehende Ostduell elektrisierte schon im Vorfeld: Der 1. FC Magdeburg empfing den FC Hansa Rostock.

Zum Drittliga-Derby erwartete die Polizei 20.000 Fans - und potenziellen Ärger. Sachsen-Anhalt bekam großflächige Polizei-Unterstützung aus Sachsen, Niedersachsen und Hessen. Im Stadion heizten die Fans ihren Teams ein: Minuten nach Anpfiff hüllte entflammte Pyrotechnik die Ränge in dichten Rauch.

Weitgehend unbekannt ist, wie intensiv die Polizei die sogenannten Risikospiele mit Zivilbeamten sichert. Für das Derby im September lässt sich das nun exemplarisch nachzeichnen - das wirft Sicherheitsfragen auf.

Ausgangspunkt ist das Foto eines Fans: Abgelichtet ist eine mutmaßliche Zivilpolizistin mit Blick aufs Spielfeld - gut erkennbar ist ein Waffenholster am Gürtel, darin eine Pistole, nur spärlich verdeckt von der Lederjacke.

Bewaffnete Zivilpolizisten im Stadion: Droht eine Eskalation?

Eine Sicherheits-Maßnahme mit eingebautem Eskalationspotenzial? Das Innenministerium erklärt, schon lange werden bewaffnete Zivilbeamte bei Risikospielen eingesetzt. Dies habe sich „seit Jahren bewährt“, insbesondere für Aufklärungsmaßnahmen. Allerdings gilt eine Regel, die das Ministerium auf Anfrage selbst formuliert: Zivilbeamte „tragen ihre Schusswaffe in einer verdeckten Trageweise“.

Kritiker protestieren nun heftig und stellen die Praxis bewaffneter Zivilbeamte grundsätzlich in Frage. „Ich halte das überhaupt nicht für deeskalierend, wenn Zivilpolizisten erkennbar mit Waffe in den Block gehen“, sagte die Landtagsabgeordnete Eva von Angern (Die Linke) der MZ.

Die Rechtspolitikerin befragte die Landesregierung detailliert zum Magdeburger Polizeieinsatz. Antwort des Innenministeriums: Damals überwachten 38 Polizisten in Zivil das Ostderby; 15 im Stadion, 23 außerhalb. Insgesamt trugen 31 der Beamten Schusswaffen.

Der MZ teilte das Ministerium zudem mit, der Einsatz nicht-uniformierter Polizisten sei „aus fachlicher Sicht erforderlich, um unterschiedliche, einsatzabhängige Aufgaben im Zusammenhang von Fußballspielen zu erfüllen“.

Zudem bestehe grundsätzlich Pflicht zur Bewaffnung - für den Selbstschutz, aber auch für unvorhergesehene Fälle, etwa Amokläufe oder Terroranschläge. Es wäre „fährlässig“, wenn Beamte „nicht entsprechend handlungsfähig“ seien.

Im Grundsatz stimmen Fanforscher mit der Meinung überein. „Es macht durchaus Sinn, nicht erkennbare Polizisten in die Fanblocks zu schicken“, sagt Gunther Pilz, Professor an der Hochschule Hannover. „Da geht es um Aufklärung, etwa im Bereich Rechtsextremismus.“

Da es oft „ein ausgeprägtes Feindbild Polizei“ in der Fanszene gebe, sei es auch sinnvoll, auf uniformierte Beamte zu verzichten. „Was jedoch peinlichst vermieden werden sollte, ist, dass die Schusswaffe zu sehen ist.“ Denn dies könne sehr wohl zur Eskalation der Lage im Block führen - gerade bei Risikospielen. „Ist die Waffe zu sehen, ist das ein schwerer Fehler der Polizei, der durchaus zu emotionalen Wallungen führen kann.“

Während mehrere Innenpolitiker in Sachsen-Anhalt auf Polizeitaktik verweisen, die behördenintern entschieden werden müsse, sieht Linken-Abgeordnete von Angern den Einsatz bewaffneter Zivilpolizisten durchweg kritisch. „Es wäre sinnvoller, die Menschen würden die Polizisten als solche erkennen - und könnten sich im Ernstfall an sie wenden.“ (mz)