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Gefälschte Ausweise von Ausländern Manipulierte Ausweise: Experten der Bundespolizei aus Halle sind den Fälschern auf der Spur

Von Dirk Skrzypczak 10.01.2018, 10:56
In diesem Puppenbett wurden über 100 holländische IT-Karten von Nigeria nach Deutschland gebracht. Am Flughafen Leipzig/Halle flog der Schwindel auf.
In diesem Puppenbett wurden über 100 holländische IT-Karten von Nigeria nach Deutschland gebracht. Am Flughafen Leipzig/Halle flog der Schwindel auf. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Der in Litauen ausgestellte Personalausweis gehört scheinbar einer Frau, geboren 1962. Torsten Freiberg hebt vorsichtig die oberste Schicht des Dokuments an, darunter ist der Schatten einer männlichen Person zu sehen.

„Der Ausweis wurde aufgespalten und manipuliert“, sagt der Polizeioberkommissar. Freiberg ist Urkundenprüfer und arbeitet in Halle bei der Kripo der Bundespolizei. Mit fünf Kollegen untersucht er von Halle und Dresden aus verdächtige Identitätsnachweise, mit denen Ausländer nach Mitteldeutschland einreisen.

Über 1.600 gefälschte Ausweise in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen

Bis Ende November 2017 wurden in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen 1.600 gefälschte Ausweise oder Plagiate aus dem Verkehr gezogen. „Es werden enorm viele Fälschungen in Umlauf gebracht. Was wir feststellen, ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt er.

Freibergs Labor ähnelt einer Dunkelkammer für analoge Fotografie. „Wir arbeiten mit künstlichem Licht, Farben und Mikroskopen. Tageslicht ist schädlich“, erzählt er.

Die Dokumente, die den Bundespolizisten bei Kontrollen an den Staatsgrenzen, auf den Flughäfen in Leipzig/Halle, Dresden oder Erfurt sowie bei Bahnreisenden verdächtig vorkommen, werden behutsam untersucht.

Ausweise dürfen nicht zerstört werden

„Sie dürfen nicht zerstört werden, damit die Fälschungen später auch gerichtsfest verwertet werden können“, erzählt Freiberg. Deshalb verwende man auch keine Chemikalien. „Die Qualität der manipulierten Dokumente ist unterschiedlich.

Manches erkennt man schon mit dem bloßen Auge. Für andere Ausweise benötige ich mitunter einen Tag, bis ich sicher sein kann, ob es sich um eine Fälschung handelt oder nicht.“ Zwischen 700 und 5.000 Euro kostet eine erschlichene Identität.

Illegale Migration nach Deutschland

Bei der illegalen Migration nach Deutschland spielen die Dokumenten-Fakes eine immer entscheidendere Rolle. „Bis vor sieben Jahren wurden die Fälschungen noch auf klassischen Vertriebswegen verkauft. Heute findet der Handel zumeist online statt mit regelrechten Live-Streams in sozialen Netzwerken“, sagt Markus Pfau, Kripo-Chef der Bundespolizei in Mitteldeutschland.

2.900 illegal eingereiste oder eingeschleuste Migranten haben Beamte der Bundespolizei bis Ende November 2017 in den drei Bundesländern aufgegriffen.

Auch die Kriminellen haben moderne Technik

„Wir profitieren bei unseren Analysen zwar von der fortschreitenden Technik. Die kriminellen Netzwerke aber auch“, meint Torsten Römer, Leiter des Kriminaltechnischen Dienstes.

Die Werkstätten der Fälscher befinden sich den Ermittlern zufolge zumeist in den Balkanstaaten bis nach Griechenland. Zudem werden falsche Ausweise aus Asien nach Europa geschickt.

Kuriose Verstecke für gefälschte Ausweise

Oder aus Afrika. Ein besonders spektakulärer Fall wurde am Flughafen Leipzig/Halle aufgedeckt. Von einem Absender aus Nigeria war mit der DHL-Luftfracht ein Puppenbett nach Deutschland versandt worden, Ziel war Berlin.

Dem Zoll war das Paket bei einer Stichprobe aufgefallen. Im magentafarbenen Plüsch fanden die Ermittler schließlich 110 holländische IT-Karten, alle hatten das gleiche Lichtbild.

„Dieses Beispiel zeigt, wie einfallsreich die Fälscher arbeiten“, sagt Urkundenprüfer Torsten Freiberg. Es ist ein Katz- und Maus-Spiel mit den Behörden. „Die schiere Masse bringt uns zwar an unsere Grenzen. Aber wir haben auch Erfolge“, sagt Pfau.

Fälscherwerkstatt in Griechenland

So wurde durch einen Tipp aus Halle eine Fälscherwerkstatt in Athen ausgehoben. Dort fanden Polizisten mehrere tausend Ausweise, die zuvor europaweit gestohlen worden waren.

Zumeist tauschen die Fälscher die Lichtbilder aus. Für einen Laien ist es unmöglich, ein echtes Dokument von einem Plagiat zu unterscheiden.

„Deshalb werden unsere Beamten auch regelmäßig geschult, damit sie eine Grundkompetenz entwickeln“, sagt Römer. Oft sei es aber auch nur das Bauchgefühl, das die Polizisten auf die richtige Spur bringe. (mz)

Seit 2004 befasst sich Polizeioberkommissar Torsten Freiberg mit gefälschten Ausweisen.
Seit 2004 befasst sich Polizeioberkommissar Torsten Freiberg mit gefälschten Ausweisen.
Lutz Winkler