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Ministerpräsident Haseloff im MZ-Gespräch Ministerpräsident Haseloff im MZ-Gespräch: "Es läuft alles nach Plan"

16.12.2017, 09:00
Berlin? Magdeburg! Ministerpräsident Reiner Haseloff auf dem Alten Markt der Landeshauptstadt
Berlin? Magdeburg! Ministerpräsident Reiner Haseloff auf dem Alten Markt der Landeshauptstadt Andreas Stedtler

Magdeburg - Es duftet nach gebrannten Mandeln und Glühwein, der Magdeburger Reiter glänzt golden im Hintergrund. In Magdeburg auf dem Alten Markt herrscht heiter-besinnliches Vorweihnachtstreiben. Ein Jahr geht zu Ende, das politisch nicht so besinnlich war - und die Aussichten sind auch nicht heiter. Deutschland hat keine richtige Regierung, Union und SPD ringen um ein Bündnis. Mit dabei und neuerdings die Unionsstimme des Ostens: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Über seine Rolle in Berlin, Gerüchte über einen neuen Posten und die Frage, wie es um seine Nachfolge bestellt ist, sprach der 63-Jährige mit den MZ-Redakteuren Hartmut Augustin und Kai Gauselmann.

Herr Ministerpräsident, was war schöner: Mittagessen mit Viktor Orban oder Koalitionsgespräche mit Christian Lindner?

Reiner Haseloff: Mit Viktor Orban habe ich nicht gegessen. Mit Christian Lindner übrigens auch nicht. Ich habe Orban in Wittenberg begrüßt, wir haben uns später für ein Vieraugengespräch zurückgezogen und ich habe mit ihm einige sehr grundsätzliche Dinge besprochen. Wir haben nicht zusammen gegessen - und entsprechend haben wir als Land auch kein Essen bezahlt. Ich betone das nur, weil diese Frage hier in Magdeburg aufgekommen ist.

Im Luther-Jahr hatten Sie viel mit internationalen Würdenträgern zu tun und die vergangenen Wochen waren Sie gefühlt mehr in Berlin als in Magdeburg. Wird Landespolitik in Sachsen-Anhalt zu klein für Sie?

Nein, im Gegenteil. Das alles sind doch Belege dafür, welche Bedeutung Sachsen-Anhalt mittlerweile auf Bundesebene und international hat.

Es flammen immer wieder Gerüchte auf, Merkel wolle Sie ins Kabinett holen. Gehen Sie, wenn die Kanzlerin ruft?

Nein. Ich glaube auch nicht, dass sie das plant. Sie weiß, dass ich in Sachsen-Anhalt und vor allem für Sachsen-Anhalt arbeiten möchte. Ich darf hier ein einzigartiges Dreierbündnis organisieren, bei dem für alle Beteiligten wichtig ist nachzuweisen, dass so eine Koalition funktionieren kann. Es kann Angela Merkel auch nur nutzen, wenn sie jemanden in den Ländern hat, mit dem sie sich austauschen kann und der ihr klar und ehrlich die Meinung sagt.

Wenn man sich hier umschaut, sieht das besinnlich aus, gar nicht nach einem Staat ohne richtige Regierung. Was wäre so schlimm, wenn die Groko bis zur nächsten Wahl geschäftsführend durchregiert?

Das habe ich mich auch schon gefragt. Wir leben dadurch ruhiger und haben weniger Stress im Bundesrat - es kommen ja keine Gesetze rein. Nein, ganz im Ernst: Uns geht es in Deutschland relativ gut, im Vergleich zu vielen anderen Ländern. Wir leben aber auch nicht auf einer Insel. Zum Beispiel alles, was auf EU-Ebene passiert, muss auch von Deutschland mitgesteuert werden, sonst fallen unsere Interessen hinten runter. Unabhängig, wie ich das in der Sache bewerte: Die Glyphosat-Entscheidung ist ein Beispiel dafür, dass man eine Regierung mit Koalitionsvertrag braucht, in der Positionen verabredet werden. Das ist auch für uns Bundesländer wichtig, das gibt uns Planungssicherheit.

Ihr Freund Horst Seehofer hat jede Menge Druck erlebt, bis er seinen Verzicht auf den Ministerpräsidenten-Posten erklärt hat. Hat Sie das nachdenklich gemacht, bleiben Sie auch solange, bis die Jüngeren hinter Ihnen anfangen zu rüpeln?

Angst habe ich grundsätzlich nicht. Und ich bin fünf Jahre jünger als Horst Seehofer. Die Frage stellt sich für mich derzeit nicht.

Woran erkennt man denn, wann man gehen muss?

Das spürt man. Ich bin seit 2002 in der Landesregierung und ich habe ein sehr gutes Gefühl für solche Dinge und weiß, wann man einen Staffelstab übergeben muss. Aber nochmal: Diese Frage stellt sich derzeit nicht.

Bereiten Sie die Staffelstabübergabe schon vor?

Ich weiß gar nicht, warum Sie mich hier in die Rente reden wollen! Aber ernsthaft: Wir haben gerade einmal ein Drittel der Legislaturperiode absolviert, meine jetzige Amtszeit geht bis 2021. Die Nachfolgefrage stellt sich nicht.

Aber in Ihrer Partei geht der Generationswechsel doch schon los.

Sie müssen da Amt und Partei getrennt betrachten. Was jetzt passiert, betrifft nur die CDU. Thomas Webel hat angekündigt, dass er nach 14 Jahren nicht mehr Landesparteichef sein will. Es ist schön, dass es in meiner Partei im Sinne eines Generationswechsel Leute gibt, die dann bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Sie gelten als ausgleichender und moderierender Typ, der designierte CDU-Landeschef Holger Stahlknecht will hingegen mehr „konfliktgeladene politische Auseinandersetzungen“. Wird das die Arbeit im Landes-Kabinett belasten?

Ich weiß gar nicht, warum Sie auf dieser Frage herumreiten. Machen Sie sich mal keine Sorgen um mich. Ich habe ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zu all meinen Ministerinnen und Ministern und natürlich auch zu Holger Stahlknecht. Wir sind alle Teamspieler und ich führe kooperativ. Das klappt gut und wird es weiter. Es läuft alles nach Plan.

Man kann hier auf dem Weihnachtsmarkt grün und rot lackierte, tonnenschwere Betonblöcke sehen – die sollen Terroristen abhalten. Finden Sie das nicht gruselig?

Ich kann mich jedenfalls nicht daran gewöhnen, dass wir hier Betonblöcke aufstellen müssen, um Terroristen abzuhalten. Weihnachten ist das Fest der Liebe und des Friedens, das wird überschattet. Wir müssen das leider aushalten. Aber deshalb ist die Innere Sicherheit für mich politisch auch ein so wichtiges Thema.

Vor Jahren erhofften Sie sich von Migranten noch Hilfe beim demografischen Wandel - mittlerweile reiten Sie auf einer Obergrenze herum. Warum sind Sie nach rechts gerückt?

Bin ich nicht, ich stehe da, wo ich immer gestanden habe. Ich will nicht, dass wir uns abschotten. Ich will aber, dass wir Migration steuern. Dafür brauchen wir eine Integrationsobergrenze. Wir sind 2015 durch die vielen Flüchtlinge ganz klar überfordert worden als Staat, das darf und wird sich nicht wiederholen.

Sind Sie mit Ihrer Union in der Flüchtlingsfrage mittlerweile nicht näher an der AfD als an Grünen und SPD?

Nein, meine Position wird inzwischen auch in den anderen Parteien geteilt.

Zum Schluss festlich-besinnlich: Was wünschen Sie sich persönlich zu Weihnachten – und was dem Land?

Friedliche Tage und echte Ruhe. Dass nichts passiert, keine Unfälle, keine Anschläge, keine Katastrophen. Persönlich freue ich mich auf die Zeit mit meinen Enkeln. Wir hatten in Sachsen-Anhalt mit dem Lutherjahr ein gutes Jahr mit jeder Menge internationaler Aufmerksamkeit und ich hoffe, dass das Jahr 2017 auch gut zu Ende geht. (mz)