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Blog von Sven Liebich Martin Schulz und Renate Künast wehren sich gegen Fake-News von Rechtem Sven Liebich aus Halle (Saale)

Von Christian Parth 28.11.2017, 15:20
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach im Interview über den bevorstehenden Wahlkampf, den bevorstehenden Zweikampf mit Angela Merkel und seine Ziele als Bundeskanzler.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach im Interview über den bevorstehenden Wahlkampf, den bevorstehenden Zweikampf mit Angela Merkel und seine Ziele als Bundeskanzler. dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - SPD-Chef Martin Schulz und die Grünen-Abgeordnete Renate Künast wehren sich gegen Fake News, die ein Blogger aus Halle im Internet verbreitet haben soll. In so genannten Share-Pics - mit prägnanten Zitaten versehene Bilder von prominenten Personen - werden der ehemalige Kanzlerkandidat und die Ex-Verbraucherministerin mit Aussagen in Verbindung gebracht, die sie so nicht getätigt haben.

Den Posts zufolge fordert Schulz wörtlich die Umerziehung von AfD-Politikern in Lagern, Künast wiederum verharmlose Pädophilie. Die Einträge wurden tausendfach geteilt. Beide Politiker haben Strafanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung erstattet. Der Fall liegt derzeit beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten.

„Dieser Blog verbreitet gefährlichen Müll, üble Nachreden und Verleumdungen gegen mich, aber auch gegen Parteifreunde und andere Politiker“, sagte Renate Künast auf Nachfrage. Weil die Bilder noch immer auf der Seite stehen, hat sie am Wochenende zusätzlich Unterlassungsklage eingereicht. Martin Schulz will sich im Hinblick auf das laufende Verfahren nicht äußern.

Sven Liebich aus Halle (Saale) für rechtsextremes Netzwerk bekannt

Der Verantwortliche für die Internetseite ist einschlägig bekannt. Sven Liebich, einst für das rechtsextreme Netzwerk „Blood and Honour“ tätig, hat seinen Blog in Anlehnung an die Enthüllungsplattform Wikileaks „Halle-Leaks“ genannt. Mit investigativer Recherche hat der Auftritt allerdings wenig zu tun.

Eine unangenehme Begegnung zwischen Schulz und dem halleschen Rechten gab es bereits Anfang dieses Jahres. Bei einem Wahlkampfbesuch des SPD-Spitzenkandidaten in der Uniklinik Halle stieß Liebich lautstark Schmährufe und wurde von zwei Polizisten überwältigt.

Die Seite ist voll von angeblichen Nachrichten über Flüchtlinge, die arglose Deutsche verprügeln oder mindestens den Sozialstaat betrügen. Auch gegen Politiker hetzt Liebich regelmäßig. Den CDU-Bürgermeister von Altena im Sauerland, der am Montagabend vermutlich wegen seiner liberalen Flüchtlingspolitik in einem Dönerladen niedergestochen und verletzt worden ist, bezeichnet Liebich wenige Stunden nach dem Attentat als „Politmade“.

Künast fordert von der Justiz konsequentes Vorgehen gegen die Verbreitung von Falschnachrichten. „Wichtig wäre eine richterliche Entscheidung in dem Fall, da es in Deutschland kaum Urteile zu Fake News gibt. Gerichte müssen hier Licht ins Dunkel des Strafrechts und seinen Grenzen bringen.“

Der Blog von Liebich sei ein Beispiel dafür, wie sich parallel zu den etablierten Social-Media-Anbietern wie Facebook „rechte Infrastrukturen im Netz“ entwickelt hätten. „Von Facebook weg verlagern sich viele illegale Aktivitäten auf komplett unmoderierte Plattformen. Hier ist die Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten beinahe unmöglich.“

Hetze nach Selfie mit Merkel

Der bislang einzige nennenswerte Prozess in Deutschland wegen Fake News und Internethetze fand im März in Würzburg statt und endete für den Betroffenen mit einer Niederlage. Das Verfahren gegen Facebook angestrengt hatte ein junger Syrer, der sich 2015 für ein Selfie zusammen mit Merkel fotografierte und das Bild ins Internet stellte. Die Folgen waren verheerend. Rechtsextreme Aktivisten kaperten das Motiv und nutzten es, um den Flüchtling mit diversen Fotomontagen gezielt zu verunglimpfen. Demnach hat er einen Obdachlosen in Berlin angezündet und war am Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz ebenso beteiligt wie an den Attentaten in Brüssel.

Der Syrer wollte Facebook per einstweiliger Verfügung dazu verpflichten, aktiv nach den Falschmeldungen zu suchen und diese zu löschen. Das lehnte das Landgericht Würzburg ab. Facebook habe sich die Verleumdungen von Dritten nicht zu Eigen gemacht und könne deshalb nicht zu einer Unterlassung gezwungen werden, begründete der Richter.

Sven Liebich sammelt Geld für Verfahren

Wann es im Fall Schulz und Künast gegen Sven Liebich zu einem Prozess kommt, ist noch unklar. „In diesem Jahr wird es keinen Termin mehr geben“, sagte eine Gerichtssprecherin. Die Frist für die Terminierung laufe noch bis 24. Mai 2018. Sven Liebich jedenfalls sammelt schon mal Geld für das anstehende Verfahren. Auf seiner Internetseite wirbt er mit einem Banner um Spenden. Darauf zu sehen sind noch immer auch die beiden besagten Bilder von Schulz und Künast. Für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen war Sven Liebich nicht zu erreichen.

Zuerst hatte Motherboard Deutschland über den Fall berichtet. (red/mz)

Renate Künast
Renate Künast
dpa