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Jobcenter greift durch Dortmund: Jobcenter kürzt Arbeitslosengeld von Mann, weil der auf Straße bettelt

19.11.2017, 08:54

Dortmund - Eine Geldspende ist eine gute Tat – so die landläufige Meinung. Doch wenn der Bettelnde Hartz IV empfängt, kann ihm das Jobcenter die Bezüge drastisch kürzen. Über den Fall eines 50-Jährigen berichten die „Ruhr Nachrichten“.

Michael Hansen bettelt demnach seit einigen Jahren in der Dortmunder Innenstadt. Der gebürtige Hagener hat keine Ausbildung, er jobbte bislang nur für Zeitarbeitsfirmen. Seit 2005 ist Hansen Hartz-IV-Empfänger.

Zur Monatsmitte werde regelmäßig das Geld knapp. Dann setzt sich der 50-Jährige in der Fußgängerzone vor ein Modehaus und bittet die Passanten um Geld. Im Januar 2017 beobachtete ihn dabei eine Mitarbeiterin des Jobcenters – kurz darauf wurde Hansen vom Amt um eine Stellungnahme gebeten.

Jobcenter entdeckt Hartz-IV-Empfänger beim Betteln: Arbeitslosengeld um 300 Euro gekürzt

Laut „Ruhr Nachrichten“ wollte die Behörde wissen, was Hansen durch die Bettelei einnimmt und ein Einnahmebuch sehen. Denn: Betteln wird vom Jobcenter als Beruf oder Selbstständigkeit betrachtet und so behandelt.

Wenig später griff das Amt durch: Die 760 Euro Hartz IV, die Hansen und seine Frau Christina bekommen, wurden ab 1. August um 300 Euro gekürzt. Das Jobcenter begründete den Schnitt damit, dass das erbettelte Geld ein Einkommen in „einer Größenordnung“ darstellt, „die leistungsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben darf“. Nach Ansicht des Amts ist kein Hartz-IV-Empfänger aufs Betteln angewiesen.

Hartz-IV-Empfänger beim Betteln erwischt: Anwältin legt Widerspruch ein

Juliane Meuter, Hansens Anwältin, findet das Vorgehen unmenschlich: „Muss demnächst bei jeder 10-Cent-Spende eine Quittung ausgestellt werden?“ Sie legte Widerspruch ein – und erzielte einen Teilerfolg. Mittlerweile werden dem Ehepaar „nur“ noch 90 Euro abgezogen.

Das Vorgehen des Jobcenters ist allerdings juristisch korrekt, es hält sich an die Vorgaben des Sozialgesetzbuches II. Die Moral kann durchaus hinterfragt werden.

Armutsforscher Dr. Christoph Butterwegge sagte den „Ruhr Nachrichten“: „Betteln ist die entwürdigendste Tätigkeit, die ein Mensch ausüben kann, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn jemand das tut, sollte ein Jobcenter so generös sein, das nicht hochzurechnen.“ Hansen wird sich Mitte des Monats jedenfalls wieder in die Dortmunder Innenstadt setzen.

(Dieser Artikel erschien zuerst auf express.de.)