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Zahlt Halle zu hohe Gehälter? Zahlt Halle zu hohe Gehälter?: Landesrechnungshof beanstandet 89 Prozent der Verträge

Von Dirk Skrzypczak 02.11.2017, 09:30
Der hallesche Ratshof am Markt
Der hallesche Ratshof am Markt Thomas Meinicke/Archiv

Halle (Saale) - Auf diesen Bericht sind die Stadträte schon seit geraumer Zeit scharf. 2015 hatte sich der Landesrechnungshof mehrere Monate mit dem Personal der Stadtverwaltung beschäftigt. Am Mittwoch stellte Bürgermeister Egbert Geier Eckpunkte des Papiers vor. Und das Ergebnis hat es in sich.

Die Prüfer hatten sich stichpunktartig die Personalakten von 268 Tarifbeschäftigen und zwölf Beamten vorgeknöpft. Bei 239 Unterlagen der Beschäftigten gab es Beanstandungen oder Feststellungen, weil in den Papieren wichtige Informationen fehlten, also bei 89 Prozent der geprüften Akten.

Landesrechnungshof: halle hat Personalausgaben in Höhe von 6,1 Millionen Euro zu viel veranlasst

Laut Stadt war in 130 Fällen eine Prüfung der tarifgerechten Eingruppierung der Angestellten nicht möglich, weil die dazu erforderlichen Unterlagen ganz fehlten oder unvollständig waren. "Daraus zieht der Landesrechnungshof den Schluss, dass die Stadt Personalausgaben in Höhe von 6,1 Millionen Euro veranlasst hat, ohne über die dafür erforderlichen Unterlagen zu verfügen", sagte Geier im Rechnungsprüfungsausschuss.

Zuvor hatten Stadträte die Möglichkeit, selbst Akteneinsicht in den Bericht zu nehmen. Zahlt Halle seit Jahren seinen Mitarbeitern zu viel Gehalt? Arbeitet das Personalmanagement schlampig? Stadträte sehen in der Aufarbeitung des Landesrechnungshofs nur die Spitze des Eisbergs. 2.661 Beschäftigte stehen in Lohn und Brot der Stadt, 1.629 von ihnen in der Kernverwaltung. Geier betonte, dass Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) die Tiefenprüfung des Landesrechnungshofs selbst veranlasst hatte.

Stichprobe der Prüfer soll Einstellungszeitraum von insgesamt 45 Jahren umfasst haben

Die Stichprobe der Prüfer soll einen Einstellungszeitraum von insgesamt 45 Jahren umfasst haben, reicht also weit in die DDR hinein. Stadträte, die sich am Mittwoch mit der Expertise befassen konnten, zweifeln das an. Ihnen zufolge soll sich der Bericht vor allem auf den Zeitraum von 2010 bis 2015 konzentrieren. "Für uns bleiben noch Fragen offen", sagte Bodo Meerheim (Linke) der MZ.

Der Landesrechnungshof hatte sich auch mit der Eingruppierung von Büroleiterin Sabine Ernst, Grundsatzreferent Oliver Paulsen und Sicherheitsreferentin Martina Wildgrube beschäftigt. Der Bericht war Gegenstand des Strafverfahrens gegen Wiegand vor dem Landgericht Magdeburg. "Der Hauptverwaltungsbeamte wurde von den Vorwürfen freigesprochen", betonte Geier. Wie die Landesrechnungsprüfer den Fall bewerteten, sagte er aber nicht.

Stadt Halle will die Personal-Verwaltung auf Grundlage der Hinweise und Kritiken weiter optimieren

Die Stadt danke dem Landesrechnungshof und wolle die Personal-Verwaltung auf Grundlage der Hinweise und Kritiken weiter optimieren. So habe man im April 2017 im Fachbereich Personal eine Projektgruppe gegründet, die alle geprüften Personalakten vollständig aufarbeiten soll. "Fehlende Dokumente wurden ergänzt sowie Tätigkeitsbeschreibungen überarbeitet", so Geier. Alle anderen knapp 2.700 Stellen sollen schrittweise überprüft werden, etwa bei Neueinstellungen. Außerdem will die Verwaltung eine Vielzahl von Prüfbemerkungen selbst rechtlich bewerten lassen. "Nach unserer Ansicht kann man die Fälle nicht pauschal vergleichen, es kommt immer auf den Einzelfall an", erklärte Geier.

Das letzte Wort ist noch längst nicht gesprochen. Bis Februar 2018 will sich die Stadt abschließend zum Prüfbericht positionieren. Zuvor soll der Stadtrat die Stellungnahme beschließen. (mz)