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Kinder unter Blaulicht Kinder unter Blaulicht: Mit der Flex und Hunden Verletzte retten

Von Sandra Simonsen 27.10.2017, 09:55
Maximilian Born (16) schweißt sich den Weg in die Kellergänge frei - in dem unterirdischen Labyrinth wird ein Verletzter vermutet.
Maximilian Born (16) schweißt sich den Weg in die Kellergänge frei - in dem unterirdischen Labyrinth wird ein Verletzter vermutet. Chris Wohlfeld

Quedlinburg - Steven Reimann ist ein wenig aufgeregt. Gerade hat sich der 16-Jährige die schwere Schutzkleidung angelegt: Bleischürze, Handschuhe, großer Helm. Denn aus einem kleinen Loch in den Gesteinsformationen neben ihm hat er schon Hilfeschreie gehört.

Das Problem: Eine schwere Eisenstange versperrt dem jugendlichen Feuerwehrmann den Weg - so kann er der vermissten Person im Tunnel nicht helfen, er muss den Weg als erstes freiflexen.

Kinder unter Blaulicht: Von technischen Übungen begeistert

Dabei steht ihm Kumpel Maximilian Born zur Seite. Der 16-Jährige ist seit drei Jahren beim Technischen Hilfswerk, ihn begeistern vor allem technische Übungen wie diese hier in Quedlinburg.

Denn am Donnerstag fand das zehnte „Kinder unter Blaulicht“ beim THW Quedlinburg statt - 65 Kinder und Jugendliche befreundeter Feuerwehren und THW-Gruppen aus der Region um Waren (Müritz) kamen auf das Gelände des Hilfswerks, um gemeinsam zu trainieren.

Die meisten freuten sich wie Maximilian und Steven vor allem auf die engen Kriechgänge im Tunnellabyrinth unter dem Gelände: Ein Verschütteten-Szenario ist hier ein Muss.

Doch die größte Herausforderung erwartet Steven Reimann schließlich am Übungsturm: Im dritten Stock des simulierten Wohnhauses liegt eine verletzte Person, ruft um Hilfe.

Nun müssen sich die Jugendlichen genau überlegen, wie sie den Turm am besten hinaufkommen - und vor allem, wie sie die verletzte Person sicher bergen können.

„Vor dem Abseilen habe ich wirklich Respekt“, meint Steven, aber er liebe die „Adrenalinschübe“, die er immer wieder bei seiner Arbeit bei der Jugendfeuerwehr Malchow erlebe.

Kinder unter Blaulicht: Verletzte werden vorsichtig abgetastet

Ein Stückchen weiter sind schon die ganz Kleinen gefragt: Eine junge Frau liegt wimmernd im Gras, scheint verletzt zu sein. Zwei der jüngsten Teilnehmer - gerade einmal zehn Jahre sind sie alt - eilen zu ihr.

„Haben Sie Schmerzen?“, „Was ist denn passiert?“, versuchen sie herauszufinden. Vorsichtig tasten sie die Verletzte ab und transportieren sie sicher zum Rettungswagen.

Für besondere Begeisterung sorgt schließlich der Besuch der Rettungshundestaffel aus Quedlinburg: Während Hündin Ronja gerade einmal ein Jahr alt ist und noch in der Ausbildung, kann ihre „Kollegin“ Amy schon einiges vorweisen.

Sie hört aufs Wort und schreitet selbstbewusst über die Hindernisse, die vor ihr liegen. Die beiden Hunde helfen den Jugendlichen bei der Suche nach Verschütteten im Tunnelsystem.

Kinder unter Blaulicht: Gemeinschaftsgefühl entwickeln

„Vor zehn Jahren gab es im Müritzkreis einen großen Helferschwund - vor allem bei den Jugendlichen“, erinnert sich Initiator Jens Becker vom THW Waren (Müritz) an die Anfänge von „Kinder unter Blaulicht“.

Deshalb sei bei den drei Hilfsorganisationen die Idee aufgekommen, gemeinsam etwas für die Kinder und Jugendlichen auf die Beine zu stellen, damit sie ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln.

„Und was lag da näher als das, was alle drei auf dem Dach haben: das Blaulicht“, erklärt Becker.

Und so organisierten sie vor zehn Jahren das erste „Kinder unter Blaulicht“ in Quedlinburg. Rund 50 Kinder zelteten damals auf dem Gelände des THW. Mittlerweile sind richtige Bildungsfahrten aus den Aktionen geworden, und für Becker stand fest: Zum zehnten Jubiläum muss es wieder „zurück zu den Wurzeln“ nach Quedlinburg gehen.

Die ganze Woche über sind die Jugendlichen zu Besuch im Harz. Sie besuchten die Freiwillige Feuerwehr Thale, lernten etwas über „Bildung gegen Rechts“ und wurden von „Pullman City Harz“ zu einem Besuch in die Westernstadt eingeladen.

Kinder unter Blaulicht: Wiedersehen in Barcelona

„Wir sehen das Ganze natürlich auch perspektivisch“, erklärt Franziska Kalbitz vom THW Quedlinburg. Bei gemeinsamen Aktionen wie „Kinder unter Blaulicht“ würden sich Freundschaften bilden und festigen. „Irgendwann treffen sich die Jugendlichen als Erwachsene im Einsatz wieder - so finden sie dann schneller zusammen“, glaubt Kalbitz.

Ein gutes Beispiel für solche organisationsübergreifenden Einsätze sei das Hochwasser vor wenigen Monaten gewesen. „Bei ,Kinder unter Blaulicht‘ lernen die Teilnehmer, über den Tellerrand zu schauen“, ist sie sicher. Und so geht es im kommenden Jahr sogar nach Barcelona.

Ein Video zum Thema gibt es auf http://bit.ly/kinder-blaulicht.

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Bereits vor zehn Jahren organisierte Jens Becker vom THW Waren (Müritz) die erste gemeinsame Erlebnisfahrt für Jugendliche von THW, Feuerwehren und DRK. Bei den Aktionen sollen die Kinder und Jugendlichen sich untereinander kennenlernen, aber auch in den verschiedenen Bereichen ihres Hobbys trainiert werden und über den Tellerrand schauen. Das erste „Kinder unter Blaulicht“ fand vor zehn Jahren in Quedlinburg statt.

(mz)