1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Rücktritt bei den Linken: Rücktritt bei den Linken in Sachsen-Anhalt: Darum scheiterte Swen Knöchel als Fraktionschef

Rücktritt bei den Linken Rücktritt bei den Linken in Sachsen-Anhalt: Darum scheiterte Swen Knöchel als Fraktionschef

Von Jan Schumann 20.10.2017, 17:01
Swen Knöchel im Februar bei einem Diskussionsforum in Halle
Swen Knöchel im Februar bei einem Diskussionsforum in Halle Holger John

Magdeburg - Noch am Mittwoch hatte Linken-Landeschef Andreas Höppner dem angezählten Parteifreund den Rücken gestärkt. „Meine Hoffnung ist, dass er sein Amt weiter ausübt“, sagte er. „Ohne ihn hätten wir dieses Wahlergebnis nicht erreicht.“ Höppner sprach über Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn. Worüber er schwieg: Über einen anderen Parteifreund hatte er da längst seinen Daumen gesenkt. Swen Knöchel, Fraktionschef im Landtag von Sachsen-Anhalt, besaß nicht mehr das Vertrauen des Parteivorsitzenden. Am Freitag warf Knöchel hin.

Abgang von Swen Knöchel als Fraktionmschef der Linken überraschte viele Abgeordnete

Obwohl der schwierige Führungsstil Knöchels schon länger Thema auf den Landtagsfluren war: Seine WhatsApp-Nachricht überraschte die Abgeordneten dann doch. Knöchel erklärte in einem langen Text seinen Abgang, begründet mit massiver Kritik an seiner Amtsführung. Auch von Höppner. „Ich habe versucht, mein Bestes zu geben, das schien aber für dieses Amt nicht genug zu sein“, schrieb Knöchel. „Vieles ist gelungen, manches ist auf der Strecke geblieben. Meinungsverschiedenheiten bestanden selten über die politische Ausrichtung der Fraktion, sehr oft aber in Fragen der Organisation oder der Kommunikation.“

2016, als Knöchel die Fraktionsführung von Wulf Gallert übernommen hatte, galt er noch als sachlich-nüchterne Alternative zum Vorgänger. Doch in anderthalb Jahren wuchs der Widerstand gegen den 43-Jährigen. Manche bemängelten einen fehlenden roten Faden in der politischen Arbeit, viele sprechen von zwischenmenschlichen Problemen. Knöchel sei ein „Kontroletti“, habe Mitarbeitern und Abgeordneten teils das Gefühl vermittelt, ihnen nicht zu trauen. Mehrfach soll er Mitstreiter cholerisch zusammengefaltet haben, sie als „illoyal“ bezeichnet haben. Es entstanden Wunden, die langfristig nicht heilten.

Swen Knöchel soll es an Entscheidungsfreude und Klarheit in den Anweisungen gefehlt haben

So soll er Abgeordneten vorgeworfen haben, mediengeil zu sein und sich in die Berichterstattung zu drängeln. Indes habe es ihm bisweilen selbst an Entscheidungsfreude und Klarheit in den Anweisungen gefehlt: Als ganz Sachsen-Anhalt aufgebracht über eine neue Enquete-Kommission gegen Linksextremismus diskutierte (Teile der CDU hatten für den AfD-Antrag gestimmt), schwieg ausgerechnet die Presseabteilung der Linken. Und zwar tagelang - um dann doch noch vorzupreschen. Nur ein Exempel phasenweiser Kopflosigkeit unter Knöchels Führung.

Der Hallenser, der sich vor dem Karrieresprung 2016 einen Namen als akribischer Finanzexperte gemacht hatte, bat am Freitag in seinem öffentlichen Statement um Verzeihung. „Mir ist bewusst, dass ich persönlichen Befindlichkeiten zu wenig Respekt gezollt, manchen verletzt und einigen Fragen zu wenig Beachtung geschenkt habe. Dafür möchte ich Euch herzlichst um Entschuldigung bitten.“ Mit dem Rücktritt wolle er der Linken eine „zermürbende Debatten ersparen und den Weg für meine Nachfolge frei machen“. Er wolle eine kurze Auszeit nehmen, aber in der Fraktion bleiben.

Thomas Lippmann als Nachfolger von Swen Knöchel vorgeschlagen

Gefragt nach den Gründen für Knöchels Scheitern sprach Parteichef Höppner von einer „Verkettung vieler Dinge“, vor allem im Zwischenmenschlichen. Und stellte klar: Er stehe für die Trennung von Partei und Fraktion und damit nicht für Knöchels Nachfolge zur Verfügung. Zu später Stunde kam am Freitag der Fraktionsvorstand zum Krisentreffen zusammen. Einstimmig hat dieser dann Thomas Lippmann als Nachfolger Knöchels vorgeschlagen. Der ehemalige Schulleiter sitzt seit 2016 im Landtag.

"Wir brauchen schnell eine Lösung“, hatte am Freitag ein Abgeordneter gemahnt. „Bestimmte Rechte stehen ja nur dem Fraktionschef zu“, etwa das erweiterte Rederecht im Landtag, der bereits kommende Woche wieder tagt. Ein anderer bremste, die Fraktion müsse sich mit zwei nachgerutschten Neu-Mitgliedern nach der Bundestagswahl erst sortieren. Die Wahl des neuen Fraktionsvorstands ist für den 14. November anberaumt.  (mz)