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Streit unter Jägern Streit unter Jägern im Harz: Bangen um Leib und Leben?

Von Detlef Horenburg 19.09.2017, 09:55
Die Thalenser Jagdgenossenschaft will künftig ihre Jagdgebiete selbst bejagen und Bestände pflegen.
Die Thalenser Jagdgenossenschaft will künftig ihre Jagdgebiete selbst bejagen und Bestände pflegen. Archiv/DPA

Warnstedt/Timmenrode - Der Chef der Jagdgenossenschaft Timmenrode/Warnstedt, Albrecht Kloß, sieht Ungemach aufziehen: Bisher bestand keine Gefahr, dass sich Timmenröder und Thalenser Jäger bei der Jagd ins Gehege kommen. Jetzt fürchtet er um die Jagdsicherheit seiner Jäger.

Hintergrund ist, dass die Jagdgenossenschaft Thale mit Billigung der Unteren Jagdbehörde des Landkreises Harz alte Jagdgrenzen verschieben will, um ihr Jagdgebiet um ganze 71 Hektar zu erweitern, für deren Hege bislang die Timmenröder zuständig waren.

Streit unter Jägern im Harz: Jagdgebiet existiert seit 80 Jahren

„Ich sehe dafür keine Not und keinen vernünftigen Grund. Die Altvorderen haben sicher gewusst, was sie taten“, betont Kloß.

Das bisher abgesteckte Jagdgebiet existiere schon seit über 80 Jahren. Warum könne das denn nicht so bleiben, möchte er gerne wissen. Alle Flächen waren bejagt. Und da sei es egal von wem.

Die Jagd diene der Regulierung der Wildbestände und der Verhinderung von Schaden. Wegen ein paar Hektar Leib und Leben der Jäger zu gefährden, „ist doch Wahnsinn“. Eine Kugel fliege über 2.000 Meter weit und sei dann noch tödlich.

Streit unter Jägern im Harz: Wurden Unterschriften erschlichen?

Und um die Änderung in der Jagdversammlung von Thale noch beschließen zu können, wurden laut Kloß „in Bauernfängerart Unterschriften von den Bodeneigentümern unter einer Vollmacht zugunsten der Thalenser Jagdgenossen erschlichen“.

Zumeist bei älteren Eigentümern sei deren Gutgläubigkeit ausgenutzt worden, ist sich der Warnstedter sicher. Die Zahl von Grundstücken bilde nämlich ein Jagdgebiet.

Auch dass dieser Vorgang mit „Unterstützung aus dem Rathaus erfolgte“, glaubt Kloß. Wer kenne sonst die exakten Angaben zum Grundbesitz der Bürger, fragt er.

Diese hätten nämlich auf dem vorgefertigten Formular für die Vollmacht gestanden.

Streit unter Jägern im Harz: Angaben stammen aus dem Jagdkataster

Ingrid Michalk vom Rechtsbüro der Stadt Thale verwahrt sich gegen diesen Vorwurf: Die Angaben zu den Bodeneigentümern, also den Mitgliedern der Jagdgenossenschaft, seien in einem Jagdkataster erfasst und somit zugänglich, erklärt sie.

Jagdvorsitzender Albrecht Kloß sorgt sich aber nicht nur „um Leib und Leben“ seiner Jagdpächter.

Nach Auffassung des Landkreises sei die Jagd auch auf Straßen und Wegen erlaubt. Auch im Bodetal unter der Kabinenbahn und Sessellift könne somit gejagt werden.

Von der Unteren Jagdbehörde wird dies nicht in Abrede gestellt. „Im Bodetal darf grundsätzlich gejagt werden“, bestätigt Torsten Sinnecker, der Chef des Kreisumweltamtes.

Es gehörten beispielsweise Wege und Plätze wie auch die Flächen unter der Seilbahn zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk und seien - mit Ausnahme von Straßen und Bahnstrecken - bejagbar.

Streit unter Jägern im Harz: Änderung der Jagdgrenzen fristgerecht angekündigt

Was die Änderung der Jagdgrenzen betreffe, habe der Vorstand der Jagdgenossenschaft Thale eine alte Vereinbarung zur Angliederung der 71 Hektar umfassenden Fläche der Gemarkung Thale an den gemeinschaftlichen Jagdbezirk Timmenrode fristgerecht zum Ende März 2018 gekündigt.

Dies erfolgte auf Beschluss der Mitgliederversammlung.

Die Vereinbarung - auch als sogenannte Abrundungsvereinbarung bezeichnet - sei 1994 zwischen beiden Jagdgenossenschaften geschlossen worden. Nach Auffassung der Jagdbehörde sei dies alles korrekt abgelaufen.

Streit unter Jägern im Harz: Alles genau geprüft

„So genau haben wir selten geprüft“, bestätigt der Amtsleiter. Die Abrundung eines Jagdbezirkes ergebe sich aus Gründen der Jagdpflege - der Hege des Wildes - und der Jagdausübung - der Sicherheit -, beispielsweise wenn die Grundstücke unter 200 Meter in eine andere Gemarkung hineinreichen.

Diese Voraussetzungen waren laut Behörde bei der alten Vereinbarung zu keinem Zeitpunkt gegeben; diese hätte schon damals beanstandet werden müssen, sagt Sinnecker.

Streit unter Jägern im Harz: Verständnis für die Aufregung

Dass die Jagdgenossen aus Thale nun ihre Gebiete selbst bejagen und Bestände pflegen, sei aus seiner Sicht völlig legitim.

Dennoch zeigt er auch für die Aufregung der Timmenröder Jäger Verständnis: „Es ist immer ärgerlich, wenn viel Engagement in die Hege einer Flur gesteckt wird. Aber irgendwann endet auch einmal ein Pachtvertrag oder solche Vereinbarung.“

Die Hege des Wildes und die Gewährleistung der Sicherheit für die Jäger sind auch ohne diese Vereinbarung gegeben, ist sich auch Ingrid Michalk sicher.

Von einer Gefährdung der Jäger könne deshalb keine Rede sein, zumal in der Praxis auch Jagdgebiete nahtlos aneinandergrenzen, wie Sinnecker weiß. „Da gibt es auch Zickzackgrenzen.“ Hier müsse ein verantwortungsvolles Miteinander Vorrang haben. (mz)