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Der geheime Krieg der DDR Der geheime Krieg der DDR: Waffen im Millionenwert für die Feinde Israels

Von Steffen Könau 21.07.2017, 10:00
Auch als Erich Honecker an die Spitze aufstieg, änderte sich nichts an der Doktrin der DDR-Führung, insgeheim Waffen an die Feinde Israels zu liefern und Solidarität mit arabischen Führern wie Yassir Arafat zu pflegen.
Auch als Erich Honecker an die Spitze aufstieg, änderte sich nichts an der Doktrin der DDR-Führung, insgeheim Waffen an die Feinde Israels zu liefern und Solidarität mit arabischen Führern wie Yassir Arafat zu pflegen. dpa

Halle (Saale) - Wichtiger als die Namen, die am 9. Juni vor 50 Jahren als Unterzeichner einer „Erklärung jüdischer Bürger der DDR“ auftauchten, sind die Namen, die fehlten. Politbüromitglied Albert Norden, der das Papier auf Wunsch der Spitze der SED entworfen hatte, klagte in einem Brief an Staats- und Parteichef Walter Ulbricht: „Bei einer Reihe von Personen zeigten sich ernste Schwankungen.“

So habe sich die Sängerin Lin Jaldati bei ihrer Ablehnung darauf berufen, dass die Palästinensische Befreiungsbewegung die „Vernichtung der Juden“ predige. Auch der Schriftsteller Arnold Zweig habe sich rundheraus geweigert, „feierlich die Aggression zu verurteilen, der sich die herrschenden Kreise Israels gegen die arabischen Staaten schuldig gemacht haben“, wie es in Nordens Text hieß.

Eine Position, die nach der Sachlage naheliegend war. Über Monate hatten arabische Länder an den Grenzen Israels mobil gemacht. Gamal Abdel Nasser, der Präsident Ägyptens, verkündete Ende Mai: „Das Ziel ist die Vernichtung Israels.“ Doch dann kam Israel der Übermacht der rundum aufmarschierten Armeen zuvor. Ein Überraschungsangriff zerstörte weite Teile der ägyptischen Luftwaffe. Bis zum 9. Juni waren die Armeen Ägyptens, Jordaniens und Syriens geschlagen. Israel hatte Gaza, die Sinai-Halbinsel, das Westjordanland und die Golan-Höhen erobert.

DDR half arabischen Staaten offiziell nur mit guten Wünschen und medizinischer Hilfe

Eine Niederlage nicht nur für die Sowjetunion, die ihre schützende Hand über den arabischen Sozialisten Nassers gehalten hatte. Sondern auch für die DDR, in der die Unterstützung der sogenannten nationalen Befreiungsbewegungen Staatspolitik war. 1965 hatte Walter Ulbricht Ägypten besucht und seinem Gastgeber Nasser versichert, man kämpfe „gegen gemeinsame Feinde“.

Absolut friedlich, was die DDR anbetraf: Offiziell half die DDR den arabischen Staaten mit guten Wünschen und medizinischer Hilfe. Solidarität gegen den Imperialismus zeigte das Land öffentlich durch Handelsabkommen mit arabischen Staaten, auf deren völkerrechtliche Anerkennung und Hilfe bei den Bemühungen um Aufnahme in die Uno die SED hoffte.

Hinter den Kulissen und gut getarnt ist da aber viel mehr. Gerhard Weiss, ehemaliger Wehrmachtsunteroffizier und nach Eintritt in die SED und Studium zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates aufgestiegen, zieht im Hintergrund ganz andere Fäden. Wie der amerikanische Historiker Jeffrey Herf in seinem neuen Buch „Unde-clared Wars with Israel“ (Cambridge University Press, 26,42 Euro) beschreibt, ist schon die junge Republik überaus spendabel, wenn es darum ging, Waffen an die zu liefern, die den Judenstaat ausradieren wollten.

DDR verspricht Waffenhilfe im Millionenwert und trägt Transportkosten

So verspricht die wirtschaftlich auch sechs Jahre nach dem Mauerbau weiter kriselnde DDR den Feinden Israels, das als Verbündeter der Bundesrepublik gleichsam ein natürlicher Feind der DDR ist, Waffenhilfe im Millionenwert. Allein am 8. Juni 1967, im Nahen Osten sprechen noch die Waffen, ordnet Gerhard Weiss die kostenlose Lieferung von zehn Mig-17-Jägern, 80 gepanzerten Fahrzeugen, 240 Maschinengewehren, sechs Panzern und Millionen Schuss Munition an Syrien und Ägypten an.

Sein Chef Willi Stoph verfügt zudem, dass auch die Transportkosten von der DDR getragen werden. „Aktion Freundschaft“ heißt der Plan. Piloten der NVA fliegen die Mig 17 nach Jugoslawien, dort werden sie verladen und unter strenger Geheimhaltung über das Mittelmeer verschifft. In einer „Verfügung zu Maßnahmen im Zusammenhang mit der Situation im Nahen Osten“ weist Stoph außerdem an, dass die DDR auch die Kosten für die Experten übernimmt, die vor Ort zur Einweisung eingesetzt werden müssen.

DDR sieht sich auf der richtigen Seite: Bevölkerung zahlt hohen Preis

Alles wird geheim behandelt, auch, nachdem Erich Honecker Ulbricht abgelöst hat. 1973 fahren die beiden Frachtschiffe „Freyburg“ und „Klosterfelde“ von Rostock aus ins syrische Tartus, geführt aus dem Lagezentrum der NVA. Dort löschen sie neben hunderten Tonnen Munition und Kleinwaffen auch 62 T-54-Panzer. Verteidigungsminister Heinz Hoffmann hat zuvor befohlen, dass alle deutschsprachigen Aufschriften von den Tanks zu entfernen sind. Stattdessen müssen vor Abfahrt russische Schriftzeichen aufgebracht werden.

Die DDR sieht sich auf der richtigen Seite. Ihre Führung möchte aber offenbar nicht erklären müssen, warum sie trotz der deutschen Vergangenheit denen hilft, die wieder ausziehen, um Juden zu töten. Und dabei nicht nur befreundete Staaten bedenkt, sondern auch Terrororganisationen wie die Al Fatah oder die PLFP. „Für die Araber wurden die Ostdeutschen so zu den guten Deutschen“, resümiert Jeffrey Herf. Von dieser Strategie lässt die SED-Führung auch nicht ab, als palästinensische Terroristen bei Olympia 1972 elf jüdische Sportler ermorden.

Der Preis, den die DDR-Bevölkerung zahlt, ist nicht nur moralisch, sondern auch materiell hoch: Von 1967 bis 1989 liefert die DDR 750.000 Kalaschnikow-MPi in das Krisengebiet, 120 Mig-Jäger, 180.000 Anti-Personen-Minen, 250.000 Granaten und 25 Millionen Schuss Munition. 350 Jäger aus dem Irak und Syrien werden in der DDR repariert und 3.000 Offiziere aus Syrien, dem Irak, Libyen und den Palästinensergebieten geschult.  (mz)