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Trotz des Streits mit Schlossbetreiber Eheschließung Schloss Mansfeld: Schwules Paar will trotz Streit mit Betreiber in Mansfeld heiraten

Von Anja Förtsch 12.04.2017, 11:00
Trotz des Streits mit dem Schlossbetreiber will das schwule Paar in Mansfeld heiraten.
Trotz des Streits mit dem Schlossbetreiber will das schwule Paar in Mansfeld heiraten. Symbolbild/Lukaschek

Mansfeld - „Als wir die Nachricht erhalten haben, dachten wir einfach nur: ,Was ist denn jetzt los?’“. Es hat sich angefühlt, als hätte man uns den Boden unter den Füßen weggezogen.“ Nico Lehmann (Name geändert) erinnert sich noch genau an den Moment, als der Brief von der Stadt Mansfeld kam. Der Brief, der den Traum von der romantischen Hochzeitsfeier auf Schloss Mansfeld, die monatelange Planung und die Vorfreude auf den schönsten Tag im Leben zunichtemachte. Der Brief, in dem Lehmann und seinem Freund mitgeteilt wurde, dass sie ihre Lebenspartnerschaft nicht wie geplant auf dem Schloss schließen können – weil der Förderverein, der die Einrichtung betreibt, den Vertrag mit der Stadt gekündigt hat.

Vereinsvorsitzender Ranneberg: „Eine Familie besteht in unseren Augen aus Vater, Mutter und Kind“

Das war im Februar dieses Jahres, in der vergangenen Woche kam der Fall durch einen Bericht in der MZ ans Licht. Vorsitzender Frank Ranneberg sagte der Zeitung, dass sich der Vereinsvorstand entschieden habe, keine gleichgeschlechtlichen Verpartnerungen auf dem Schloss feiern zu wollen. „Eine Familie besteht in unseren Augen aus Vater, Mutter und Kind“, so Ranneberg.

Die Nachricht schlug hohe Wellen. Viele Leserbriefe gingen ein, der Artikel wurde auf der Facebook-Seite der MZ-Lokalausgabe Eisleben/Hettstedt mehr als 60 mal geteilt und mehr als 70 mal kommentiert.

Der Dachverband Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM) Sachsen-Anhalt, in dem der Förderverein Mitglied ist, beschäftigte sich am Dienstagabend in einer Sondersitzung mit dem Thema.

Von der Aufregung bekommt das Paar, zunächst gar nichts mit. „Ich habe im Fernsehen einen Bericht gesehen, in dem von einem schwulen Paar die Rede war, das nicht auf Schloss Mansfeld heiraten durfte“, erzählt Lehmann. „Ich habe sofort meinen Freund hinzugerufen, uns war gleich klar: Da geht es um uns.“ Er wendet sich umgehend an die MZ, will die Geschichte des Paares erzählen. Im Jahr 2012 lernt Lehmann seinen Partner über das Internet kennen, nach kurzer Zeit zieht das Paar zusammen. „Vor ungefähr drei Jahren haben wir das Schloss Mansfeld besucht“, erzählt Lehmann. Noch auf der Heimfahrt nimmt er Kontakt zum Schloss auf und fragt beim Geschäftsführer Volker Schmidt an, ob er und sein Partner dort ihre Lebenspartnerschaft eintragen lassen können. Die Antwort des Fördervereinsmitglieds: kein Problem.

Schwules Paar plant und bespricht mit Mansfelder Förderverein bevorstehende Trauung und Feierstunde

Im Herbst 2016 wollen Lehmann und sein Partner Nägel mit Köpfen machen. Sie stellen alle notwendigen Unterlagen zusammen und geben sie beim Standesamt ab, das für die Trauungen auf Schloss Mansfeld zuständig ist. Ein halbes Jahr ungefähr müsse das Paar jetzt warten, hieß es. In dieser Zeit fragt Lehmann immer wieder beim Förderverein nach, bespricht sowohl Trauung als auch Feierstunde mit Kaffee und Kuchen. „Etwa drei oder viermal habe ich mit Herrn Schmidt gesprochen. Mit dem Vorsitzenden Herrn Ranneberg allerdings nie.“ Am Telefon hieß es immer, dass es mit der Trauung keine Probleme gebe, sagt Lehmann. „Und dann kam der Brief.“

Beinah mehr noch als über die Absage ist das Paar über zwei Dinge verwundert. Zum einen, dass sich nicht der Schlossbetreiber selbst bei ihnen gemeldet habe, sondern lediglich das Standesamt. Zum anderen, dass ihnen dadurch bis zum MZ-Bericht nicht klar war, warum der Verein die Kooperation mit der Stadt gekündigt hat und ihre Trauung abgesagt wurde.

Dass die Betreiber keine gleichgeschlechtlichen Trauungen auf dem Schloss möchten, las das Paar nämlich erst in der Zeitung. „Das ist doch unfassbar“, sagt Lehmann. „Wir leben doch nicht mehr im 18. Jahrhundert! Wir hatten in Deutschland schon einen schwulen Außenminister, was ist denn noch nötig, damit Homosexuelle vollständig akzeptiert werden?“

Schwules Paar will dennoch in Mansfeld ihre Lebenspartnerschaft schießen

Entmutigen lässt sich das homosexuelle Paar durch den Streit mit dem Schlossbetreiber aber nicht. „Wir haben fünf Jahre Beziehung geschafft, gehen durch dick und dünn und sind immer füreinander da“, erzählt Lehmann. „Auch unsere Familien stehen voll und ganz hinter uns, dafür sind wir sehr dankbar.“

Im August schließen Lehmann und sein Freund trotzdem ihre Lebenspartnerschaft – nicht auf dem Schloss Mansfeld, sondern im Trauzimmer des Standesamtes. Schließlich gehe es nicht um den Ort, sondern um das, wofür eine Partnerschaft steht: „Vertrauen, Liebe und Zusammenhalt“, so Lehmann. Und das gilt überall. Egal, ob zwischen Mann und Frau, Mann und Mann oder Frau und Frau. (mz)

Vereinsvorsitzender Frank Ranneberg (Foto): „Eine Familie besteht in unseren Augen aus Vater, Mutter und Kind.“  Deshalb gibt es auch eine Absage an  gleichgeschlechtliche Paare, die sich trauen lassen möchten.
Vereinsvorsitzender Frank Ranneberg (Foto): „Eine Familie besteht in unseren Augen aus Vater, Mutter und Kind.“  Deshalb gibt es auch eine Absage an  gleichgeschlechtliche Paare, die sich trauen lassen möchten.
Jürgen Lukaschek