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Mangelnde Perspektiven Flüchtlinge bieten sich als Prostituierte an: Vielen jungen Männern aus Afghanistan, Pakistan und dem Iran fehlt die Perspektive

Von Markus Decker 10.04.2017, 14:17

Berlin - Immer mehr junge Flüchtlinge in Deutschland prostituieren sich. Das berichtet das Radio Berlin-Brandenburg (RBB) unter Berufung auf Hilfsorganisationen. Dabei handele es sich überwiegend um junge Männer aus Afghanistan, Pakistan und dem Iran. Die Prostitution werde meist über Internetforen organisiert. Aber auch im Berliner Tiergarten habe sich eine regelrechte Szene entwickelt. Als Hauptursache sehen die Hilfsorganisationen mangelnde Unterstützungsangebote. Sobald die Flüchtlinge 18 Jahre alt seien, würden viele aus dem Hilfesystem für Jugendliche herausfallen.

Problem schon länger bekannt

Diana Henniges vom Verein „Moabit hilft“ sagte dieser Zeitung, von einer Zunahme könne man zwar nicht sprechen. Das Problem existiere allerdings seit Jahren. Betroffen seien in erster Linie Flüchtlinge, die aufgrund ihrer Herkunft eine schlechte Bleibeperspektive hätten; das seien eben Afghanen, Pakistani oder Iraner. Oft hätten die Betroffenen auch keine Kenntnis des deutschen Asylrechts, oder es spielten Drogen eine Rolle. Im Übrigen sei ein 18-Jähriger noch lange nicht erwachsen. Um des Problems besser Herr zu werden, müsse man den Status der Flüchtlinge stärken. Außerdem müsse der Staat die Hilfsorganisationen mehr unterstützen.

Der Verein „Hilfe für Jungs e.V.“ schickt Streetworker in den Tiergarten, um die Flüchtlinge über HIV aufzuklären und ihnen Unterstützung anzubieten. Doch sie aus dem Park herauszuholen, funktioniere meist nicht so einfach, erklärte Vereinschef Ralf Rötten dem RBB. Die Flüchtlinge dürften zum großen Teil keinen Deutschkurs machen, nicht zur Schule gehen und erst recht keiner Arbeit nachgehen. „Was sollen wir einem solchen jungen Mann als Alternative anbieten?“ Die wenigsten Flüchtlinge würden gezwungen, im Tiergarten anschaffen zu gehen, so Rötten. Aber der Park sei eine der wenigen Möglichkeiten, Geld zu verdienen.

„Das ist ein Alarmzeichen“

Karl Kopp von Pro Asyl sagte dieser Zeitung: „In Griechenland und anderen Transitländern gibt es das ganz massiv.“ Gerade junge Menschen und Frauen seien verletzlich. Er mahnte: „Dass sich das in Deutschland fortsetzt, hat mich irritiert. Das ist ein Alarmzeichen.“

Die Linke fordert deshalb, mehr Geld für Integration und Sozialpolitik auszugeben. „Die erschütternden Geschichten von minderjährigen Geflüchteten, die sich in Berlin prostituieren, sind deutschlandweit sicher kein Einzelfall“, sagte die Berliner Landeschefin Katina Schubert der Nachrichtenagentur AFP. „Die Integrationspolitik der Bundesregierung ist gescheitert.“

Sie fügte hinzu: „Ohne jegliche Perspektive geraten Jugendliche - egal ob sie Fluchterfahrungen gemacht haben - in für sie bedrohliche Situationen. Es braucht dringend mehr Streetworker und Unterkünfte für minderjährige Obdachlose sowie Angebote, Deutsch zu erlernen und zur Schule zu gehen.“ Schubert regte an, die Milliardenüberschüsse im Bundeshaushalt für diese Zwecke zu nutzen, „sonst droht tausenden Minderjährigen dasselbe Schicksal wie den jungen Afghanen, Pakistani und Iranern im Berliner Tiergarten“.