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Zweimal Startelf, zwei Siege Zweimal Startelf, zwei Bundesliga-Siege: So wurde Benno Schmitz zum Talisman von RB Leipzig

Von Martin Henkel 28.02.2017, 16:48

Leipzig - Ralph Hasenhüttl ist ein abergläubiger Mensch. Bis vor zwei Wochen trug der Trainer von RB Leipzig Jogginganzüge zu den Spielen seiner Mannschaft. Dann setzte es mit dem 0:1 in Dortmund und dem 0:3 gegen den HSV zwei Niederlagen in Serie. Hasenhüttl sah sich gezwungen, etwas zu ändern. Und stieg aus dem Elasthan hinein in eine Jeans. Prompt gewann RB zwei Partien en suite, die in Mönchengladbach (2:1) und die vergangenen Sonnabend daheim gegen Köln (3:1). Dem Beinkleid sei Dank.

Oder doch nicht? Es könnte auch an Benno Schmitz gelegen haben, dass die Aufsteiger so schnell einen Ausweg aus ihrer Miniatur-Krise gefunden haben. Hasenhüttl hatte nach der etwas derangierten Partie gegen Hamburg nämlich nicht nur den eigenen Anzug gewechselt, sondern auch den seiner Startelf.

Benno Schmitz: Plötzlich im RBL-Kader gegen Borussia Mönchengladbach

Schmitz stand gegen Gladbach plötzlich im Kader, der Anblick des Rechtsverteidigers beim Einlaufen war so ungewohnt wie Hasenhüttls Spieltagsbeine in der Jeans. Der 22-Jährige hatte zuvor sechs Spiele lang auf der Bank gesessen, in vier dieser Partien durfte er seine Reservespielerkleidung anbehalten.

Und dann das: 90 Minuten durchgespielt und seinen Auftrag exzellent ausgeführt, wie sein Trainer explizit befand, der Schmitz daraufhin gegen Köln gleich noch mal aus den Katakomben weg aufs Feld schickte. Wieder über die volle Länge. Wieder fehlerfrei. Wieder ein Sieg. Da sage noch einer, es gebe da keinen Zusammenhang.

Ist RB Leipzigs Rechtsverteidiger Benno Schmitz ein Kandidat für die Nationalmannschaft

Besser aber vielleicht, man behält’s für sich. Die Wahrheit über die Wirkung eines Talismans gehört dem Gläubigen allein. Also Hasenhüttl. Und Benno Schmitz darauf anzusprechen, würde sich für den wahrscheinlich so irritierend ausnehmen wie eine Frage nach seinen Nationalmannschaftsambitionen.

Nicht, dass er im Stillen nicht vielleicht doch hin und wieder einen Gedanken zulässt, wie das wohl wäre, wenn Bundestrainer Joachim Löw bei ihm anriefe. Gut möglich, dass der ihn ja schon mal inspiziert hat, Schmitz hat sieben Mal für die deutsche U-20 gespielt. Zudem ist der Posten rechts hinten noch immer nicht adäquat besetzt, seit Philipp Lahm nach der WM 2014 aufgehört hat. Aber laut darüber nachdenken – nie im Leben! Nicht nach dieser Hinrunde.

Ausgbildet beim FC Bayern, Training unter Pep Guardiola

Benno Schmitz kam im Sommer von Red Bull Salzburg auf dem Filialweg nach Leipzig. Schon gut beleumundet: Ausbildung beim FC Bayern, Training hin und wieder bei den Großen unter Pep Guardiola, ein Spiel saß er auf der Bank. Danach Wechsel hinüber ins nahe Salzburg, zwei Lehrjahre in Gegenpressen und Umschalten, 60 Partien für Red Bull sind vermerkt. Es gibt in seinem Alter nicht viele Spieler mit einer vergleichbaren Vita.

Aber es hat nicht richtig hingehauen mit Schmitz und RB Leipzig. Er spielte das erste Spiel und saß dann drei Partien auf der Bank. Er spielte ein zweites Spiel gegen Köln und musste nach 45 Minuten vom Rasen. Danach folgten fünf weitere Spiele ohne Einsatz, ehe er zu einer Art Last-Minute-Akteur in Hasenhüttls Händen wurde. Ins Spiel gestellt immer dann, wenn es müde Beine zu ersetzen galt, gern auch in der 90. Minute.

War das Niveau der Bundesliga zu schnell zu hoch für Benno Schmitz?

Vielleicht war das Niveau zu schnell zu hoch? So etwas kann man Benno Schmitz fragen. Er sagt, dass er womöglich noch nicht reif genug gewesen sei für all das: den Niveausprung vom österreichischen in den deutschen Profifußball, die Stadien, das Umfeld, die größere Brennweite des öffentlichen Interesses. Und das Hinspiel in Köln? Schmitz musste schon in der Pause unter die Dusche. „Es ist nie leicht, wenn man zur Halbzeit ausgewechselt wird“, sagt Schmitz. „Ich bin nicht unbedingt mit dem Maximum an Selbstvertrauen da raus gegangen, aber das ist auch ein Stück weit normal, denke ich.“

Es kann einem schon das Gemüt eindellen. Aber das ist vielleicht das Erstaunliche an der Geschichte von Benno Schmitz in Leipzig: Dass Hasenhüttl trotzdem viele Stücke auf seinen jungen Rechtsfuß hält. Die überschaubaren Einsatzzeiten sind nämlich nicht der Ausdruck von fehlendem Vertrauen, sondern dem Gegenteil.

In Benno Schmitz schlummern Talente, die Ralph Hasenhüttl gefallen

Es geht um Spielpraxis. Ohne die schrumpfen die Trainingsinhalte alle zu Lehrbuchwissen. Deshalb stellt Hasenhüttl Schmitz immer wieder auf. Mal, weil er keinen anderen hat auf der Position. Das schon. Mal aber auch, weil er was sehen will von Schmitz. Eine Entwicklung. Ganz offensichtlich schlummern in dem Bayer Talente, die Hasenhüttl gut gefallen.

Schmitz sagt, der Trainer habe viel mit ihm gesprochen. Er gehe davon aus, „dass der Trainer viel auf mich hält“. Seine Qualitäten zählt er selber auf: eine gute Spieleröffnung, eine feine Technik, und Ruhe am Ball. Vor allem das geht Schmitz’ Konkurrenten auf der Position, Bernardo, ein wenig ab. Zusätzlich zum Fuß: Bernardo spielt lieber mit dem linken, Schmitz mit dem rechten.

Benno Schmitz und Naby Keita harmonieren dank ihrer Zeit bei Red Bull Salzburg

Für Vorlagen, Pässe, Flanken ist das nicht unerheblich. Seit Hasenhüttl der Allesverwerter in der Offensive, Yussuf Poulsen, wegen eines Muskelbündelrisses fehlt, ist Schmitz’ Fuß auf rechts gefragt.

Hasenhüttl hat den feinfüßigen Naby Keita neben den feinfüßigen Emil Forsberg und schnellen Marcel Sabitzer gezogen, es ist jetzt mehr Raffinesse im Ballbesitz im Leipziger Spiel. Aber das funktioniert nur mit Zuspielen von hinten, die nicht wie Gummibälle über die Grashalme springen. Und: Schmitz und Keita können gut zusammen. Beide haben bei Salzburg auf der Sechs vor der Abwehr gespielt.

Bereit für die Startelf

Jetzt also? Ein Durchbruch auf rechts, Stammelf? Schmitz sagt, was alle in Leipzig auf solche Fragen antworten, es ist ihr Mantra: "Ich schaue von Spiel zu Spiel." Aber es ist offensichtlich, dass der schmalschultrige Neuling an dem Auf und Ab zwischen Bank und Spielfeld nicht kleiner, sondern größer geworden ist.

Er sagt, er sei in der letzten Zeit vor allem anderen mental gereift. „Ich denke schon, dass ich da einen großen Schritt gemacht habe." Wohl wahr. Wie anders käme sonst ein solches Statement zustande, mit dem er sich zum Training verabschiedet. „Ich bin auf jeden Fall bereit für die Startelf.“ (mz)