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Nach 50 Jahren Nach 50 Jahren: Corona bringt Stillstand in den Landgasthof "Zum Kronprinzen"

Von Iris Richter 04.04.2020, 11:00
Irmgard Schröder, hier in ihrem Rittersaal, ist seit fünfzig Jahren Inhaberin des Landgasthofes „Zum Kronprinz“ in Schleinitz.
Irmgard Schröder, hier in ihrem Rittersaal, ist seit fünfzig Jahren Inhaberin des Landgasthofes „Zum Kronprinz“ in Schleinitz. René Weimer

Schleinitz - Im Rittersaal des Landgasthofes „Zum Kronprinzen“ in Schleinitz sieht es aus, als könne man bald an der langen Tafel Platz nehmen. Kerzenleuchter und Unterteller stehen schön eingedeckt auf den Tischen bereit, ganz so, als würde unter den Augen des Ritters, der am Kamin steht, hier bald eine Gesellschaft stattfinden. Doch die Tische werden wohl noch etliche Tage leer bleiben. „Keiner kann ja derzeit sagen, wann wir wieder öffnen dürfen“, sagt Irmgard Schröder. Die 76-Jährige ist Inhaberin des Landgasthofes in dem Meineweher Ortsteil und das bereits seit einem halben Jahrhundert.

Bei Übernahme des Landgasthofs war Nähe für Beruf und Kinder wichtig

Am 16. August 1970 hat die in Polen geborene, deren Familie aus Siebenbürgen stammt und nach 1945 nach Deutschland kam, die Gaststätte übernommen. Vorher hatte das kleine Gasthaus, das gerade einmal über vier Tische verfügte, schon mehrere Besitzer, unter anderem auch ihre Mutter.

Als sich Irmgard Schröder, die gerne Kellnerin geworden wäre, aber in der Landwirtschaft der Eltern mithelfen musste, für die Übernahme des Gastbetriebes entschied, hatte sie vor allem die Familie im Blick. Da sie in dem Gebäude auch wohnen konnte, hoffte sie durch die Nähe, Beruf und Kinder besser unter einen Hut zu bekommen.

Schließung wegen Corona: „mir ist schon fast zu langweilig"

„Dass es einmal fünfzig Jahre werden, hätte ich gar nicht gedacht. Aber aufhören will ich auch noch nicht. Mir macht es Spaß, und eigentlich ist es mir durch die Gaststättenschließung schon fast zu langweilig“, gibt sie zu. Sich ganz aufs Altenteil zu setzen, sei nichts für sie, sie habe immer gearbeitet und wolle das auch so lange es geht tun. Unterstützung bekommt sie dabei von ihrer Tochter sowie ihrer 77-jährigen Schwester.

In den vergangenen 50 Jahren hat sich am „Kronprinzen“ einiges verändert. Noch in den 1980er Jahren wurde das Nachbargebäude, in dem sich der alte Konsum befand, in die Gaststätte integriert. Und nach der Wende wurde der Gebäudekomplex noch einmal komplett auf den Kopf gestellt.

Ausländische Monteure sichern jetzt in Zeiten der Corona-Krise ein Einkommen

Nicht nur die Fassade erhielt einen frischen Anstrich, an dem Irmgard Schröder sogar selbst mit den Pinsel schwang. Es entstand der Anbau für den Rittersaal. Zudem wurden die ehemaligen Stahl- und Scheunengebäude in ein Hotel umfunktioniert und hier entstanden zwölf gemütliche Gästezimmer.

Vor allem ausländische Mitarbeiter der Betriebe des nahe gelegenen Gewerbegebietes finden hier ein Zuhause. Jene Monteure sichern ihr jetzt in Zeiten der Corona-Krise ein Einkommen. Doch auch Touristen aus Skandinavien auf der Durchreise in den Süden machten gerne bei ihr halt.

Regionale Politikgeschichte wurde im Landgasthof „Zum Kronprinzen“ geschrieben

Den Namen Kronprinz hat der Gasthof übrigens nach der Wende auf Irmgard Schröders Initiative hin wieder bekommen. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts hieß das Objekt so, wie alte Karten beweisen.

Sogar regionale Politikgeschichte wurde einst hier geschrieben. Am 6. September 1903, führte die SPD des damaligen Kreises Weißenfels, zu dem einst Osterfeld und Umgebung gehörte, ihren Parteitag hier durch. (mz)