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Hamburger Einzelhandel in Not: Insolvenzen drohen

17.03.2020, 12:56

Hamburg - Nach der Schließung der meisten Geschäfte ist der Hamburger Einzelhandel komplett verunsichert und es drohen Insolvenzen. „Die Liquidität ist nicht da”, sagte Brigitte Nolte, Hamburger Geschäftsführerin des Handelsverbandes Nord, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Einzelhändler müssten Mieten und Gehälter zahlen, ohne das Einnahmen vorhanden seien. „Jetzt geht es erst einmal um schnelle Maßnahmen.”

Nach Meinung der Einzelhändler reicht es nicht aus, dass fällige Steuerzahlungen gestundet und staatliche Liquiditätshilfen in Aussicht gestellt werden. Auch die Vermieter der Einzelhandelshandelsimmobilien müssten einen Beitrag leisten. „Es kann nicht sein, dass die Mieten so weiterlaufen und die Immobilienwirtschaft in einer solchen Situation unbeschadet davonkommt”, sagte Nolte. Zudem sei vielen Betrieben mit Krediten zur Überbrückung der Einnahmeausfälle nicht geholfen, da sie ohnehin schon Kredite laufen hätten. Helfen könnten dann nur Zuschüsse.

Der Senat hatte am Vorabend beschlossen, dass die meisten Einzelhändler in Hamburg wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus schließen müssen, mit einigen Ausnahmen wie zum Beispiel Lebensmittel- und Getränkehändler, Apotheken und Drogerien. „Viele unsere Mitglieder wussten gar nichts von der Anordnung und sind nun hochgradig verunsichert”, sagte Nolte. Es gebe eine Reihe offener Fragen. So sei die Abgrenzung von Handel, Handwerk und Dienstleistung nicht klar. Zum Beispiel sei eine Fahrradwerkstatt ein Handwerksbetrieb und dürfe deshalb öffnen. Doch ob jemand, der sein Fahrrad reparieren ließ, anschließend noch ein Schloss kaufen darf, sei ungeklärt.

Bundesweit sind nach Einschätzung des Kreditversicherers Euler Hermes allein im Handel mit Kleidung jede Woche Umsätze in Höhe von 890 Millionen Euro in Gefahr. „Ein voller Monat Zwangsschließung könnte so bis zu 3,5 Milliarden Euro an Umsatzverlusten bedeuten oder bis zu 7,7 Prozent des Jahresumsatzes”, sagte Aurélien Duthoit, Branchenexperte Einzelhandel bei der Euler Hermes Gruppe. Es sei nicht zu erwarten, dass die Einkäufe später nachgeholt würden. „Verbraucher dürften im Juli größtenteils nicht die Kleidung kaufen, die sie im März oder April gekauft hätten”, sagte Duthoit. Da der Textil-Einzelhandel ohnehin seit Jahren am seidenen Faden hänge, erwarte Euler Hermes vermehrte Insolvenzen. (dpa/lno)